Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
praktisch funktionsuntüchtig.
Iljin kam, der Sekretär des Gebietskomitees der Partei. Vom Gebietskomitee der Partei wurde dann die endgültige Evakuierung ans linke Wolgaufer beschlossen, um die übrig gebliebene Handvoll Wagemutiger am Leben zu erhalten.
Petruchin (Militärabteilung des Parteikomitees, Gebiet Stalingrad): Über Partisanen. […] Sobald die Deutschen unser Territorium angriffen, wurden bei uns 34 Partisanen-Aufklärungsabteilungen geschaffen, in einer Stärke von 839 Mann. Damals wurden mehr als 60 Lebensmittelbasen für die Versorgung der Partisanentrupps mit Nahrung angelegt. Außerdem wurde Bekleidung und Ausrüstung zugeteilt, in den Basen wurden auch Waffen und Munition hinterlegt. Die meisten Kämpfer der Partisanentrupps wurden in Einheiten der Zerstörungsbataillone vorbereitet sowie in Einheiten, die vom Gebietssowjet der OSOAWIAChIM [343] gegründet worden waren, in sogenannten Schulungsgruppen, einen Teil bildeten wir auch in Spezialschulen aus. […]
Die Partisanentrupps befanden sich ausschließlich in offenem Steppengelände, es gab keine ordentliche Deckung, es gab kein Wasser – deshalb waren unsere Partisanentrupps in der Regel klein, bestanden aus sieben, zehn, höchstens 15 Mann. Die faschistischen Horden führten in unseren besetzten Rajons (im Gebiet waren insgesamt 14 Rajons besetzt) scharfe Kontrollen und brutale Aktionen gegen die Zivilbevölkerung durch, was ebenfalls große Schwierigkeiten für die praktische Tätigkeit der Trupps darstellte. […]
In den ersten Septembertagen 1942 kam eine Gruppe Partisanen zu Uljana Wassiljewna Sotschkowa im Weiler Kamyschi und bat um Wasser. In dem Moment, als Bürgerin Sotschkowa das Wasser holen ging, näherten sich zwei deutsche Patrouillen der Partisanengruppe. Die Partisanen liquidierten sie und flohen. Am nächsten Tag nahmen die Deutschen die 60jährige Sotschkowa und ihre 30jährige Tochter fest und durchkämmten dann das Gelände, das sich an den Weiler Kamyschi anschließt; sie fingen fünf Rotarmisten, die sich zufällig in der Gegend aufhielten, weil sie irgendwo eingekesselt gewesen und ausgebrochen waren. Die Deutschen riefen die männliche Bevölkerung des Dorfes zusammen und zwangen sie, ein Grab zu schaufeln, dann stellten sie die Rotarmisten und die zwei festgenommenen Frauen am Rand des Grabes auf und erschossen sie in Gegenwart der gesamten männlichen Bevölkerung. Danach warnte der deutsche Offizier Männer und Frauen, so würde es allen ergehen, und für jeden getöteten deutschen Soldaten würden 100 Einwohner erschossen werden. […]
Im Weiler Awerino im Rajon Kalatschejew wurden 17 Personen verhaftet, Kinder im Alter von 8 bis 15 Jahren. Die Kinder wurden auf die Straße gebracht und öffentlich ausgepeitscht. Sieben Tage lang gab man ihnen weder Wasser noch irgendeine Nahrung. Am 7. November richteten die Faschisten unter den schutzlosen Kindern ein grässliches Blutbad an: Sie erschossen zehn von ihnen und warfen die Leichen in die Silagegrube der Kolchose. Die Jungen wurden angeblich erschossen, weil einem Offizier eine Schachtel Zigaretten abhandengekommen und der Verdacht auf einen der Jungen gefallen war.
Im Dorf Plodowitoe wurde auf die Denunziation der Frau des ehemaligen Kolchosebrigadiers hin, der aus der Partei ausgeschlossen und 1938 wegen antisowjetischer Propaganda zu fünf Jahren verurteilt worden war, das Mitglied der WKP(b) Natalja Nikolajewna Ignatjewa von den deutschen Okkupanten verhaftet und erschossen. Ihre Leiche wurde eine Woche lang nicht weggebracht.
Joffe (Direktor, Medizinisches Institut): Bereits im Dezember 1942, als Stalingrad noch in der Gewalt der Okkupanten war, wurden Maßnahmen zur Rückkehr der Kerngruppe Stalingrader Professoren ergriffen. Ende Januar begannen die Professoren des Stalingrader Medizinischen Instituts anzureisen, und am 25. Februar waren schon vier Personen eingetroffen.
Generalmajor Gurjew übergibt das von seiner Division befreite Gebiet der Fabrik »Roter Oktober« dem Fabrikdirektor Matewosjan. Januar 1943. Fotograf: G. B. Kapustjanski
Schukow (Werksleiter in der Fabrik »Roter Oktober«): Die Fabrik ist vor meinen Augen gewachsen, und es ist schwer, jetzt diese Zerstörungen zu sehen [das Gespräch fand am 8. 1. 1943 auf dem Fabrikgelände statt]. Das ist genau so, wie wenn man von zu Hause weggeht, Vater und Mutter sind am Leben, und nach einiger Zeit kommt man zurück und findet sie tot vor – so ein Eindruck ist das.
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