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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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nachfolgenden Verbände der 6. Armee trieben versprengte Einheiten der sowjetischen 62. Armee vor sich her. Von Südwesten her näherte sich die 4. deutsche Panzerarmee der Stadt. Aus dem sich bildenden Beutel zwischen der 4. Panzerarmee und der 6. Armee strömten Reste der sowjetischen 64. Armee nach Osten. Als die Spitzen der beiden deutschen Armeen sich am 3. September bei Pitomnik, einem westlichen Vorort von Stalingrad, vereinigten, lag die Stadt weitgehend ungeschützt vor ihnen, da die sowjetischen Truppen noch dabei waren, sich neu zu formieren. Die Abwehrschlacht, die nach sowjetischer Sicht vor der befestigten Verteidigungslinie am Don ausgetragen werden sollte, stand nun unter ungleich schlechteren Ausgangsbedingungen an der Wolga bevor.
    Stalin, der die Lage aus Moskau verfolgte, drängte zum unverzüglichen Handeln. Am 26. August entsandte er den soeben erst zum Stellvertretenden Oberbefehlshaber ernannten General Schukow nach Stalingrad. Schukow sollte zum 2. September einen Entlastungsangriff starten. Die 1. Gardearmee, unterstützt von der 24. und der 66. Armee sowie der 4. (sowjetischen) Panzerarmee, sollte von Norden her den »Nordriegel« der Wehrmacht, der vom Don ostwärts bis zur Wolga reichte, eindrücken und die deutschen Kräfte einschnüren. Im gleichen Zug sollte die Verbindung zur bedrängten 62. Armee in Stalingrad wiederhergestellt werden. Schukow bereitete die Operation vor, erhob aber Einspruch gegen den seiner Meinung nach überstürzten Zeitplan. Mehrere der für den Angriff benötigten Divisionen seien noch auf dem Anmarsch; ein koordinierter Angriff aller vorgesehenen Truppen könne frühestens am 6. September erfolgen. Am 3. September berichtete Frontkommandeur Jerjomenko Stalin von neuerlichen heftigen Luftangriffen auf die Stadt. Die Offensive der beiden deutschen Armeen, die sich soeben vereinigt hatten, schien unmittelbar bevorzustehen. In dringlichen Worten telegrafierte Stalin an Schukow: »Stalingrad kann heute oder morgen genommen werden, wenn die nördliche Gruppe nicht sofort Hilfe leistet. […] Jede Verzögerung ist unzulässig und wäre ein Verbrechen.« [366]   Schukow blieb nichts anderes übrig, als den Angriff der 1. Gardearmee für den kommenden Morgen anzusetzen. Die übrigen Verbände sollten tags darauf losschlagen.
    Die sowjetischen Truppen, obwohl zahlenmäßig dem Gegner deutlich überlegen, waren in mehrerer Hinsicht benachteiligt. Die baumlose Steppe war flach und bot den Angreifern keinen Schutz. Ohne ausreichende Panzer- und Luftunterstützung konnten sich die sowjetischen Schützendivisionen des gegnerischen Artilleriefeuers und der Luftangriffe kaum erwehren. Die deutschen Soldaten der 76. und 113. Infanteriedivision hatten sich in Balkas, den in der Region typischen tiefen Schluchten, eingegraben und waren schwer verwundbar. Als fatal erwies sich Jerjomenkos sture Haltung, nur bei Tageslicht kämpfen zu lassen. [367]   Trotzdem drangen die sowjetischen Angriffswellen insgesamt vier Kilometer in die insgesamt acht Kilometer tiefe deutsche Riegelstellung vor. Am 8. September griff auch die 308. Schützendivision in die Kämpfe ein. Sie war aus der Reservestellung zur Ortschaft Kotluban im zentralen Abschnitt der Offensive gebracht worden und erhielt dort den Auftrag, eine strategische Höhe zu erobern.
    Spätestens am 10. September war es Schukow klar, dass der angestrebte Durchbruch nicht gelingen würde. An dem Tag telefonierte er mit Stalin und verlangte zusätzliche Truppen und mehr Zeit, um einen »konzentrierteren Stoß« der Stalingrader Armeen durchzuführen. Stalin berief ihn nach Moskau, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. [368]   Am 12. September berieten Schukow und Stabschef Wassiljewski im Beisein Stalins, wie die Rote Armee der drohenden Katastrophe bei Stalingrad entgehen könne. Schukow verlangte mehr Truppen: mindestens eine zusätzliche Armee, Panzer, eine Luftarmee. Er äußerte auch Überlegungen zu einer großflächigen Gegenoffensive. Bei diesem Treffen reifte der Plan zur Umzingelung der Deutschen. [369]   Die Kotluban-Offensive ging unterdessen in der gewohnten Manier bis zum 15. September weiter. Dabei wurden bis zu einem Drittel der 250000 beteiligten Soldaten verwundet oder getötet. Am 18. September begann eine zweite Offensive mit größerem Truppenaufgebot und einer neuen Aufstellung. Die 308. Schützendivision war nun Teil der 24. Armee, kämpfte aber am gleichen Ort. Allein während der

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