Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
rechtzeitig beginnen würde.
Die rote Leuchtkugel stieg in die Luft auf. Die Artillerie lenkte ihr Feuer in die Tiefe. Die Attacke begann. Die Sonderformationen blieben zurück. Sie wurden vorwärtsgestoßen. Die Attacke verlief erfolgreich. Wir hatten uns die Höhen endgültig gesichert.
Am 19. September um 5 Uhr brachte mich meine Tochter Maija als Verwundeten ins Zelt eines Mannes, der bei der Attacke verwundet worden war. Sie teilte freudig mit, dass der Befehl erfüllt worden sei, und flüsterte mir noch zu: »Bald sind wir wieder gesund und wieder hier.«
Ich kam ins Lazarett […]
Obersergeant Kokorina: Am 1… [unleserlich] September bezogen wir die Verteidigungsstellungen. Wir bezogen sie nachts und waren offenbar nahe an die deutschen Stellungen herangekommen. Ich war dabei, Sina Reschetowa, Anja Schuwanowa und noch zwei Mädchen – Roschtschina und Archatowa, wir bewachten unsere Kommandeure. Bei Tagesanbruch hörten wir Schreie von der deutschen Seite: Halt! Es stellte sich heraus, dass wir auf drei Seiten eingeschlossen waren. Es gab nur einen kleinen Durchgang in unsere Senke, der von einem Panzer beschossen wurde und den deutsche MPi-Schützen besetzt hielten. In diesem halben Kessel konnte uns keinerlei Hilfe zugeführt werden. Wir waren noch 16 Mann, nicht mehr. Bis zum 18. September befanden wir uns hier. Zwei Tage erhielten wir weder Essen noch Wasser. Es gab sehr viele Verwundete. Wir konnten sie nicht herausschaffen. Wir verbanden sie. In Feldflaschen hatten wir eine eiserne Ration Wasser. Wir gaben ihnen dieses Wasser zu trinken, pflegten sie, gruben einen kleinen Schützengraben. Der Kreis wurde immer enger. Am 17. September baten wir um Verstärkung, bekamen aber keine. Der Regimentskommandeur befahl dem Bataillon, die Stellung zu halten. Das ganze Bataillon hielt die Stellung und wich nicht.
Wir hatten viel Arbeit mit den Soldaten. Es gab unter ihnen viele, die schwankten und nicht sicher waren, dass wir standhalten würden. Wir sprachen mit ihnen. Man klettert in den Schützengraben und erzählt ihnen von den Heldentaten der Soldaten und Kommandeure. Wir erzählten vom Rotarmisten Kossych, [413] der mit fünf Komsomolzen den Angriff von 60 Deutschen abgeschlagen hatte. Das war bei uns im Bataillon gewesen. Er hatte die Deutschen auf 10 Meter herankommen lassen und sie dann mit Granaten beworfen. Da tackte ein MG an der Flanke. Er nahm sich seinen Soldaten Jefimow und robbte wie ein Kosakenvorposten zu dem Schützengraben, aus dem der Schuss gekommen war. Er robbte hin, warf mehrere Granaten hinein und schrie: »Bataillon, mir nach!« Sechs Mann (das Bataillon) folgten ihm. Er brachte zwei erbeutete MGs mit, einen Haufen Gewehre und 30 Gefangene. Jetzt hat man ihn zu einem Lehrgang für Oberleutnants geschickt. Er wurde mit dem Rotsternorden ausgezeichnet. Solche und ähnliche Beispiele führten wir in den Gesprächen an.
Am 18. September erhielten wir den Befehl, in der Gruppe, die wir waren, zum Angriff vorzugehen und die Höhe 143,8 einzunehmen. Die moralische Verfassung unserer Soldaten war toll. Zwei Tage hatten sie standgehalten und den Ansturm der Deutschen abgewehrt – das hatte ihren Mut sehr gestärkt. Wir hatten keinen einzigen Verwundeten, nur am ersten Tag hatte es Verwundete gegeben. Am 17. September war es uns Mädchen gelungen, in die Senke vorzudringen, die Verwundeten zu bergen und wieder zurückzukehren. Wir arbeiteten die ganze Nacht.
Am 18. September gingen wir zum Angriff über.
Kommissar Petrakow: Der Kulminationspunkt unserer Handlungen bei der Einnahme der Höhen war der 18. September, bis zur Höhe lagen noch 10 km ebenes Gelände vor uns. Mehrmals griff ich mit der Kompanie an, wir hatten große Verluste. Am 18. September kam der Befehl, diese Höhe einzunehmen. […] Wir hatten den Auftrag, um jeden Preis nachts in die Stellung des Bataillons zu gehen und unsere Arbeit im Hinblick darauf durchzuführen, dass um 5 Uhr die Artillerievorbereitung beginnen würde, und noch vor Tagesanbruch würden wir dann angreifen. Wir krochen buchstäblich durch alle Schützengräben. Unsere Leute schossen nur mit Leuchtkugeln. Die Männer erhielten Verpflegung, man erklärte ihnen die Bedeutung dieser Höhen und versprach ihnen eine Auszeichnung: für einen gefangenen deutschen Soldaten den Rotsternorden, für einen Offizier den Rotbannerorden, und wer als Erster die Höhe erklimmen würde, erhielte den Leninorden. Viele Kämpfer sagten, einen
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