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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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übernommen.« Igor Mirochin kontrollierte die Feuerstellungen und eröffnete im Schützengraben neben mir mit der Panzerbüchse selbst das Feuer auf die Panzer.
    Die feindlichen Stukas und im Tiefflug arbeitenden Flugzeuge attackierten die Höhe wie die Raben. Aber das war nicht das Wichtigste. Das Wichtigste war, den ersten Panzer zu stoppen. Alles andere würde seinen Gang gehen. Igor Mirochin war ein vortrefflicher Schütze. Er hatte als Erster in der Division eine Messerschmitt mit der Panzerbüchse abgeschossen. Und hier stoppte er mit dem ersten Schuss den rechts eingesetzten Panzer, und mit dem zweiten steckte er den mittleren in Brand. Schlecht, dass in der Munitionsversorgung die Patronen für die Panzerbüchsen noch nicht geschmiert werden. Man bekommt sie nur schwer aus dem Magazin der Panzerbüchse heraus. »Mit dem Spaten.« Igor Mirochin öffnete den Verschluss mit dem Klappspaten, schoss, und der dritte Panzer des Feindes ging in Flammen auf. 200 Meter. In 150 Metern änderte der Feind seine Gefechtsordnungen. Die Flügelpanzer rollten in die Hauptrichtung, rückten geradewegs von der Frontlinie vor. Igor Mirochin stoppte den vierten Panzer. »Nicht gut, fackle ihn ab!« Er tat es. Beim sechsten Schuss auf den fünften Panzer deckten sich die Schüsse: Der Schuss Mirochins und der aus der feindlichen Panzerkanone. Mirochin war tot. In den Kopf getroffen. Ein wunderbarer Mensch, ein tapferer Krieger, ein Kämpfer mit Nerven aus Stahl war in einem Augenblick geköpft worden. Das ganze Hirn spritzte auf mich.
    Viereinhalb Stunden infernalischer Angriff! Viereinhalb Stunden übermenschliche Anspannung! Ich hatte das Kommando übernommen. Unsere 45-mm-Kanonen und der Panzerbüchsenzug desorganisierten den Feind endgültig. Die Panzeroffensive war abgeschlagen.
    Es wurde dunkel. Ich rief die Kommandeure zusammen. Auf der Höhe war es still. Eine Handvoll MPi-Schützen, 10 Mann, 2 Panzerbüchsen, von 14 Maschinengewehren funktionierte nur noch eins. Ich beschloss, die Lage unverzüglich dem Divisionskommandeur zu melden. Ein Vertreter der 1. Gardearmee, ein Bataillonskommissar, dessen Namen ich nicht mehr weiß, begab sich als Verbindungsmann vom 347. Regiment zum Divisionskommandeur.
    Rundum brennende Panzer, wie große Kerzen. Man musste den Verwundeten unverzüglich helfen. Den Divisionskommandeur unverzüglich um Hilfe bitten.
    Mit der gleichen Anspannung ging das Gefecht auch am 19. weiter. Der Divisionskommandeur führte seine Reserve ins Gefecht. Das Panzerjägerbataillon und das Ausbildungsbataillon bezogen die Gefechtsordnungen. Die Chefs der Dienste, das Chemiewerk, der Pionierzug, die Pferdeführer der Artillerie, alle kämpften an vorderster Linie mit.
    Am 19. kam der Divisionskommandeur, Oberst Gurtjew, in meinen Gefechtsstand. Zusammen mit dem Divisionskommissar, Oberstleutnant Swirin, leitete er unmittelbar das Gefecht. Das Vorsignal zur Attacke. Was war los? Es gab keine Anzeichen, dass der Kommandeur des Ausbildungsbataillons den Befehl verstanden hatte. Hatte er ihn rechtzeitig erhalten? Sofort die Verbindung herstellen! Keine Verbindung. Die Nachrichtenleute arbeiteten bis zur Erschöpfung, sie konnten die Leitung nicht reparieren und die Verbindung nicht wiederherstellen. Wieder und wieder wurde die Fernmeldeleitung vom Feindfeuer durchtrennt.
    »Hast du einen zuverlässigen Mann, Belugin?«, fragte Gurtjew. »In fünf Minuten beginnt die Attacke. In dieser Richtung«, er zeigte nach Nordwesten, dort befanden sich die Gefechtsordnungen des Ausbildungsbataillons. »Einer muss das Ausbildungsbataillon finden und meinen Befehl überbringen.«
    Ich rief Seligejew. Ein unermüdlicher Läufer, Spartak-Mitglied. Er war schon während der Gefechtsausbildung aufgefallen, als er hundert Kilometer in 24 Stunden marschierte, ohne zu ermüden. Er erhielt den Auftrag, um jeden Preis nicht nur den Befehl dem Kommandeur des Ausbildungsbataillons zu überbringen, sondern auch zurückzukommen und zu melden, dass dieser den Befehl ausgeführt habe.
    Und so machte sich Seligejew in der Donsteppe wie ein Kosakenvorposten zu Fuß auf den Weg, um den Befehl des Divisionskommandeurs auszuführen. Bis heute verstehe ich nicht, wie er diese Entfernung von anderthalb Kilometern in so kurzer Zeit zurücklegen konnte, aber er machte dem Kommandeur rechtzeitig Meldung und zeigte ihm die schriftliche Bestätigung des Kommandeurs des Ausbildungsbataillons, dass dieser den Befehl erhalten habe und die Attacke

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