Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
geschossen und die Fahrer verwundet. Ihre Hände waren durchschossen. Ich legte ihnen einen Verband an. Wir wollten zu den Bataillonen rennen, aber ein Fahrer klammerte sich an mich und ließ mich nicht weg.
Nicht weit von diesen Fahrzeugen entfernt lag eine Luftlandegruppe, die von einem Bombenangriff versprengt worden war. Sie hatten Verwundete. Ich sammelte sie ein und benannte Unterleutnant Sosnin zum Starschina, befahl ihm, er sei für jeden Mann verantwortlich, und wenn das Bombardement aufgehört habe, solle er zum Gefechtsstand des Regiments gehen und Meldung machen.
Die Zeitungen konnte ich natürlich nicht verteilen. Es entspann sich ein heftiges Gefecht. Ich kehrte zum Gefechtsstand des Regiments zurück. Erhielt den Befehl, vorzurücken, auszuspähen, wo sich Panzer befanden, und sie zu vernichten. Ich rückte mit einer Abteilung von Oberleutnant Aratjunjan vor. Zu diesem Zeitpunkt war ein erbittertes Panzergefecht im Gang, vier Panzer von uns gegen acht deutsche Panzer. Zwei von unseren Panzern brannten, die Besatzung konnte nicht raus. Ich und zwei Kämpfer, Leonow und Matjucha, robbten zu den Panzern und holten einen Unterleutnant und zwei Sergeanten heraus. An das zweite Fahrzeug kamen wir nicht heran, weil es zu nah bei den Deutschen war. Außerdem gelang es uns, noch einen Panzersoldaten mit Verbrennungen zu bergen. Bondar und Karpenko robbten zum nächsten Panzer und holten ihn raus. Er wurde in die Sanitätsabteilung nach Gretschi gebracht, die anderen zum Gefechtsstand des 101. Regiments.
Dann eröffneten wir das Feuer mit Panzerbüchsen, und die Panzer wichen. Danach erhielten wir den Befehl, uns zurückzuziehen, und wir zogen uns zurück. […]
Dann wechselte ich zum Gefechtsstand des Bataillons. Dort war eine sehr schwierige Situation entstanden. Es gab an der vordersten Linie keine vorgeschobenen Beobachter der Artillerie. Da setzte sich die motorisierte Kolonne des Feindes in Bewegung, links, wo die Panzernahbekämpfer waren, begannen uns die Panzer zu umfahren, und rechts war niemand, der sie hätte abwehren können. All das geschah auf der Höhe 137,2. Ich visierte das Ziel an, bereitete die Ausgangsangaben vor, brachte den Richtaufsatz in Position und ging daran, die Kolonne zu zerschlagen.
Ich fühlte mich die ganze Zeit über ruhig, war mit Begeisterung bei der Sache. Die Kolonne wurde vernichtet. Dann lenkte ich das Artilleriefeuer auf die Infanteriekolonne, die dabei war, uns links zu umgehen. Es waren sechs Panzer und bis zu zwei Infanteriezüge. Ihre Attacken wurden abgewehrt, sie wurden dort zerschlagen. Das Wetter war übrigens warm und sonnig. Es war um zwei Uhr nachmittags. Staub- und Rauchwolken, man sah nichts, die Sonne drang kaum durch. Die Fahrzeugkolonne war vollständig zerschlagen, vier Panzer waren von unseren Kämpfern bewegungsunfähig geschossen und die beiden Infanteriezüge waren vernichtet worden.
Uns zu Ehren, die wir die Attacken der Deutschen abgewehrt hatten, organisierte Hauptmann Klaschin ein festliches Abendessen an der vordersten Linie. Es gab saure Sahne, Milch, etwas Wodka und gebratenes Hammelfleisch. Wir tranken auf die Vernichtung dieser Kolonne. Oberpolitruk Kaschin küsste mich noch.
Die größte Freude für mich war, dass ich hier, an der vordersten Linie, am selben Abend nach dem Gefecht als Anwärter auf die Parteimitgliedschaft aufgenommen wurde. Ich kam nachts auf den Gefechtsstand zu Oberstleutnant Gerassimow. [611] Man hatte ihm gemeldet, ich sei gefallen, er schaute mich ganz verwundert an, als ich heil und unversehrt erschien.
Am 8. September wurde mir befohlen, zusammen mit dem Bataillon von Hauptmann Lisunow die Verteidigungsstellung zu beziehen und den betreffenden Abschnitt zu halten. Wir gingen in der Nacht alles ab und schauten uns um. Wir hatten nur sehr wenige Leute. Meine Kompanie zählte 6 Gewehre und 22 Mann. Ich holte mir [Verstärkung] aus der 20. Panzerjägerbrigade.
Wir besichtigten die Feuerstellungen, alles tipptopp. Zur Gefechtssicherung schickten wir Unterleutnant Kaschtanow mit einem Zug. Lisunow blieb an der linken Flanke, ich ging mit einem Zug nach rechts. Wir hatten vereinbart, im Fall eines Überfalls bis zum Letzten zu kämpfen, keinen Schritt ohne den anderen zu machen, entweder unterzugehen oder den Gefechtsauftrag zu erfüllen. Den Kämpfern erklärte ich kurz die Aufgabe, dass wir die Verteidigung trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit des Feindes halten müssten. Nachts verpflegten wir alle
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