Die standhafte Witwe
der Priester. »Für die Highlander sind die Farben heilig, Johanna.«
»O Himmel, dann hätte ich nicht …«
»Natürlich hättet Ihr«, entgegnete der Priester, während er versuchte, ihre Hand vom Geländer zu lösen.
»Vater, seid Ihr für oder gegen die Änderung des Plaids?«
»Ich bin dafür«, antwortete er. Plötzlich brach er in Lachen aus. »Eigentlich wollte ich heute fasten. Wie gut, daß ich es nicht getan habe. Sonst hätte ich glatt verpaßt, was …«
Er sprach den Satz nicht zu Ende. Johanna stöhnte auf. »Ihr macht mich entsetzlich nervös«, gestand sie ein.
»Verzeiht mir, Kindchen. Ich wollte Euch nicht necken. Hört mal, irgendwann müßt Ihr das Geländer loslassen.«
»Ich tue einfach so, als wäre alles wie sonst. Was haltet Ihr von dem Plan?«
»Ziemlich ignorant!«
»Ja, genau das werde ich tun.« Sie ließ das Geländer los und nahm Vater MacKechnies Arm. »Ich gebe Ignoranz vor. Vielen Dank. Das war ein wunderbarer Vorschlag.«
»Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich Wahnsinn vorgeben.«
Vater MacKechnie bereute seine Worte im gleichen Moment, in dem er sie aussprach. Aber er zahlte für seinen Scherz auch sofort, denn er mußte seine Herrin förmlich hinter sich herschleifen.
»Ich bin an Eurer Seite«, versprach er. »Macht Euch keine Sorgen. Das wird schon.«
Die Soldaten standen um ihre Tische herum. Gabriel unterhielt sich mit Calum und Keith etwas abseits und entdeckte sie vor allen anderen.
Er blinzelte, schloß die Augen und sah wieder zu ihr hin. Johanna lächelte, während sie zu ihrem Platz ging.
Keith und Calum drehten sich gleichzeitig zu ihr um.
»Mein Gott, was hat sie mit unserem Plaid angestellt?« bellte Calum.
»Sehe ich, was ich zu sehen glaube?« brüllte Keith im gleichen Augenblick.
Sämtliche Männer wandten sich nun Johanna zu. Ein kollektives Luftholen klang durch die Halle.
Johanna tat so, als würde sie die entsetzten Gesichter der Männer gar nicht bemerken.
»Ich hab’ Euch ja gesagt, es würde alles gutgehen«, flüsterte sie dem Priester zu.
Gabriel lehnte sich an die Wand und starrte seine Frau an. »MacBain, Ihr tut besser irgendwas, bevor hier die Hölle losbricht«, sagte Calum.
Gabriel schüttelte den Kopf. »Dazu ist es zu spät«, bemerkte er. »Und es war ohnehin höchste Zeit, daß einer von uns etwas unternimmt.«
Keiths Gesicht wurde leuchtend rot. »Lady Johanna, was habt Ihr getan?«
»Ich versuche, Euch einen Gefallen zu tun, Keith«, antwortete sie.
Er brauchte einige Zeit, um sich zu fassen. »Ihr glaubt, mir einen Gefallen zu tun, indem Ihr das MacBain-Plaid mit dem meinem zusammentut? Wie könnt Ihr nur denken … wie könnt Ihr ernsthaft meinen, Ihr könntet …«
Er stammelte und stotterte jetzt. Sie hoffte innig, daß es nur an seiner Überraschung, nicht an seiner Entrüstung lag. »Wißt Ihr, ich kann mir einfach die Tage nicht merken. Ist Euch diese Schwäche schon mal aufgefallen?«
»Schwäche?«
»Mein schlechtes Gedächtnis«, erklärte sie. »Kommt und setzt Euch an meine Seite, Keith, dann erkläre ich Euch genau, warum ich das getan habe. Calum, setzt Euch solange auf Keiths Platz am anderen Tisch.«
Immer wieder warf Johanna verstohlene Blicke zu ihrem Mann. Er hatte noch keine Reaktion gezeigt … noch nicht.
»Gabriel, kommst du auch an den Tisch?« rief sie ihm zu. Sie hielt Vater MacKechnies Arm fest umklammert, und er tätschelte ihre Hand, damit sie ein wenig lockerer ließ. »Wo möchtet Ihr, daß ich mich setze, Kindchen?«
»An Gabriels Linke«, sagte sie, »und mir gegenüber. Dann könnt Ihr mir leichter die Letzte Ölung geben, falls es nötig sein sollte«, fügte sie flüsternd hinzu.
»Habt Ihr mal wieder vergessen, welcher Tag heute ist, und deswegen beide Plaids angelegt?« wollte Lindsay wissen.
»Es ist nur ein Plaid«, erklärte Johanna. »Ich habe sie beide in der Mitte durchgeschnitten und jeweils eine Hälfte an die andere genäht. Die Farben passen doch recht nett zusammen.«
Johanna hatte ihren Platz erreicht und drehte sich nach Gabriel um. Er lehnte immer noch an der Wand und starrte sie an. Sein Schweigen machte sie nur noch nervöser. »Gabriel?«
Er antwortete nicht. Sie konnte nicht länger geduldig warten, bis er eine Reaktion auf ihre Dreistigkeit zeigte. »Bitte sag mir, was du davon hältst.«
Er stieß sich plötzlich von der Wand ab. Seine Stimme klang hart und zornig, als er sprach.
»Ich bin ausgesprochen wütend.«
Sie senkte die Augen auf
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