Die standhafte Witwe
Gesicht ließ ihn entnervt den Kopf schütteln.
Er nahm an, sie hielt es für unausweichlich. Gabriel würde bekommen, was er wollte, und sie war klug genug, um es zu wissen.
Sie war nicht vollkommen in Panik. Sie konnte sich sehr wohl an den Schmerz erinnern, den sie bei so etwas empfinden würde, und obwohl sie sich nicht gerade auf diese Unannehmlichkeit freute, würde es nicht unerträglich werden. Es würde sie nicht umbringen. Sie hatte dies schon vorher durchgestanden, sagte sie sich. Sie würde es auch noch mal schaffen. Sie würde es überleben.
»Also gut, M’lord. Ich bin bereit.«
Himmel, diese Frau war zum Verzweifeln. »Nay, Johanna«, entgegnete er in einem tiefen, rauhen Flüstern.
Er griff nach dem Band, das ihr Nachtkleid zusammenhielt, und löste es. »Du bist noch nicht bereit, aber du wirst es bald sein. Es ist meine Pflicht, dich dazu zu bringen, daß du mich willst, und bis es so ist, werde ich dich nicht nehmen.«
Sie zeigte keinerlei äußerliche Reaktion auf sein Versprechen. Im Gegenteil, sie sah aus, als hätte man sie gerade in einen Sarg gelegt. Das einzige, was das Bild komplettiert hätte, wären die Blumen, die man ihr zwischen die steifen Finger schob. Dann hätte er wenigstens bestätigt, daß sie tot war und in die Erde gehörte.
Er beschloß, daß er es anders angehen mußte. Seine Braut war alarmierend blaß und verspannt. Sie war auf der Hut. Diese Tatsache kümmerte ihn wenig, denn er kannte ihre Gründe dafür, selbst wenn sie sie nicht kannte. Er würde warten, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte, dann erst seinen zärtlichen Angriff starten. Seine Strategie war nicht kompliziert. Er würde sie einfach gefühlsmäßig überwältigen, und wenn er Glück hatte, würde sie nicht merken, was mit ihr geschah, bis es zu spät war. Ihre Schutzmauer wäre eingerissen – und wenn die Leidenschaft erst einmal entfacht war, bliebe in ihrem Kopf nicht mehr viel Raum für Ängste.
Er hatte bereits begriffen, daß seine junge Braut eine sanftmütige Frau war. Ihr Gesichtsausdruck, als sie sich mit Alex unterhielt, hatte ihm gezeigt, daß sie sehr einfühlsam und besorgt um andere war. Er wußte nicht, ob sie Leidenschaft besaß, aber er war verdammt entschlossen, das herauszufinden, bevor einer von beiden aus dem Bett kroch.
MacBain beugte sich über sie, küßte sie nochmals auf die Stirn, rollte sich dann wieder auf den Rücken und schloß die Augen.
Einige Zeit verstrich, bevor sie bemerkte, daß er tatsächlich einfach so einschlafen würde. Sie wandte sich um und starrte ihn an. Warum hatte er ihr diese Gnadenfrist gewährt?
»Habe ich dich schon enttäuscht, M’lord?«
»Nein.«
Sie wandte ihren Blick nicht von ihm, während sie auf eine nähere Erklärung wartete. Doch er dachte nicht daran, ihre Neugier zu befriedigen.
Sie begriff gar nichts, und das verstärkte ihre Sorge. »Was soll ich tun?«
»Zieh dein Hemd aus.«
»Und dann?«
»Leg dich schlafen. Ich werde dich heute nacht nicht anfassen.«
Seine Augen waren geschlossen, und so sah er die Veränderung in ihrer Miene nicht. Er hörte sie seufzen, nahm an, daß es aus Erleichterung geschah, und konnte trotz allem, was er wußte, nicht verhindern, daß er sich über die Frau ärgerte. Hölle, es würde lange dauern, bis er seine Befriedigung bekam.
Sie konnte sich keinen Reim aus seinen Wünschen machen. Wenn er sie in Ruhe lassen wollte, warum kümmerte es ihn dann, ob sie ein Nachtkleid trug oder nicht? Sie überlegte einen Moment, ob sein Befehl nur eine Möglichkeit war, sein Gesicht zu wahren. Aber sie wollte nicht mit ihm darüber streiten, bestimmt nicht jetzt, wo er ihr gerade ein so wunderbares Geschenk gemacht hatte.
Da seine Augen immer noch geschlossen waren, mußte sie sich nicht um ihr Schamgefühl kümmern. Sie stieg aus dem Bett, zog ihr Hemd aus, faltete es säuberlich zusammen und ging dann um das Bett herum, um das Stück auf den Stuhl zu legen, neben dem sein Plaid immer noch auf dem Boden lag. Sie hob es auf. faltete es ebenfalls und legte es auf ihr Nachtkleid.
Die Luft im Schlafzimmer war kühl geworden, und die Bodenbretter ließen ihre Füße eiskalt werden. Schnell huschte sie wieder unter die Decken, bevor ihre Füße erfroren.
Seine Wärme war sehr anziehend, aber sie wollte ihn möglichst nicht berühren. Sie wandte ihm also den Rücken zu und schob sich langsam, ganz langsam immer näher an ihn heran.
Sie brauchte lange, bis sie sich etwas entspannen konnte. Sie hatte
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