Die standhafte Witwe
würden. Auf dem Baum war ich sicher.«
»Aber besorgt warst du dennoch«, sagte er.
»Natürlich war ich das. Hungrige Wölfe kreisten um den Baum.«
Wieder verspannte sich ihr Körper. Er drückte sie sanft. »Und du warst auch besorgt, weil du Angst hattest, mich enttäuscht zu haben«, bemerkte er.
Sie verdrehte die Augen. Ihr Mann hatte wirklich ein starkes Ego. »Du glaubst, ich habe geglaubt, ich hätte dich enttäuscht?«
Er runzelte die Stirn. Wieso war da das Lachen in ihrer Stimme. »Ja, natürlich«, antwortete er.
»Warum?«
»Warum was?«
»Warum soll ich geglaubt haben, ich hätte dich enttäuscht?«
Er stieß einen langen Seufzer aus. »Du hast begriffen, daß du mir Sorgen gemacht hast«, gab er zurück.
»Also gibst du zu, daß du dir Sorgen um mich gemacht hast?«
»Verdammt noch mal, Frau, das habe ich gerade gesagt!«
Sie lächelte. Ohne sich umzudrehen, wußte sie, daß er wieder seine finstere Miene aufgesetzt hatte. Sie tätschelte seinen Arm, um ihn zu besänftigen.
»Ich bin froh, daß du dir Sorgen gemacht hast, auch wenn du dachtest, es wäre nur eine unnötige Störung.«
»Genau das war es ja wohl.«
Sie ignorierte seine Worte. »Dennoch solltest du mir vertrauen, M’lord. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
»Ich bin nicht in Stimmung für Scherze, Johanna.«
»Ich scherze nicht.«
»Tust du doch.«
Sie gab es auf. Nachdem sie eine Weile darüber nachgedacht hatte, entschied sie, daß sie ihrem Mann kaum verübeln konnte, daß er meinte, sie könne nicht selbst auf sich aufpassen. Seit sie sich zum ersten Mal gesehen hatten, hatte sie sich wie ein Feigling benommen und war stets sehr schüchtern gewesen. Allerdings hoffte sie, daß sie ihn mit der Zeit vom Gegenteil überzeugen konnte. Er sollte nicht glauben, sie wäre ein Schwächling.
»Johanna, ich will nicht, daß du irgend jemanden von den Fässern erzählst.«
»Wie du wünschst. Weißt du schon, was du mit ihnen machen wirst?«
»Darüber reden wir nach dem Mittagessen«, versprach er.
Sie nickte. Dann fiel ihr etwas ein: »Wie hast du mich eigentlich gefunden? Ich dachte, du wolltest auf die Jagd gehen.«
»Wir haben unsere Pläne geändert«, erklärte er. »Der Clansherr der MacInnes und zehn seiner Männer wurden gesehen, wie sie unsere Grenze überschritten haben.«
»Und glaubst du, sie kommen zu uns?«
»Ja.«
»Was wollen sie denn?«
»Das werde ich wissen, wenn sie hier sind«, antwortete er.
»Und wann wird das sein?«
»Am späten Nachmittag.«
»Bleiben sie zum Abendessen?«
»Nein.«
»Es wäre aber unhöflich, sie nicht einzuladen.«
Er zuckte die Schultern. Sie ließ sich durch sein mangelndes Interesse nicht zurückhalten. Als seine Frau fühlte sie sich verpflichtet, ihm wenigstens ein paar Manieren beizubringen.
»Ich werde die Dienerschaft anweisen, Plätze für die Gäste an deinem Tisch herzurichten«, kündigte sie an. Sie wartete auf seinen Widerspruch und war angenehm überrascht, als der ausblieb.
Johanna dachte wieder über das Essen nach. Plötzlich durchschoß sie ein Gedanke. »Guter Gott, Gabriel, du hast die MacInnes doch nicht bestohlen, oder?«
»Nein«, antwortete er und mußte über ihre Empörung grinsen.
Sie entspannte sich wieder. »Dann müssen wir auch nicht befürchten, daß sie kämpfen wollen.«
»Mit zehn Soldaten? Nein, das ist keine Frage«, sagte er.
Ihr Mann machte den Eindruck, als hätte er schon viel bessere Laune. Vielleicht liegt es daran, daß er bald andere Gesellschaft haben wird, dachte sie.
Sie würde sicherstellen, daß der Abend reibungslos verlief. Allerdings würden sie nicht genug Kaninchenragout haben, es sei denn, sie würde noch einmal losziehen. Diese Idee verwarf sie allerdings schnell. Die Kaninchen mußten ohnehin mehrere Stunden schmoren, damit sie zart genug waren, also war dazu gar keine Zeit. Johanna beschloß, sich zu Hause schnell umzuziehen und dann der Köchin das Problem zu schildern. Hilda würde schon wissen, wie man Gerichte streckte, und Johanna würde ihr natürlich anbieten, bei den Vorbereitungen zu helfen.
Sie wünschte, sie könnte die Maclaurin-Soldaten für den Abend loswerden. Sie waren immer so schrecklich barbarisch und laut und störten oft. Ja. die Art, wie sie versuchten, sich mit Rülpsern zu übertreffen, war sogar ausgesprochen ekelerregend. Natürlich wollte sie die Männer nicht beleidigen. Schließlich waren sie ein Teil des Clans und konnten deswegen nicht ausgeschlossen
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