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Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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hatten leidenschaftliche Momente und Konflikte miteinander erlebt, aber dies war das erste Mal, dass sie solch reine Freundlichkeit und liebevolle Fürsorge von ihm erfahren hatte. Es war, als hätten sie über körperliches Verlangen hinaus zu dem Vertrauen und der Zuneigung eines langjährigen Ehepaars gefunden.
    Was nicht bedeutete, dass ihre Leidenschaft verflogen war - Jean spürte sie nach wie vor in ihm schlummern und war sich auch nur allzu gut bewusst, wie leicht ihr eigenes Verlangen entfacht werden könnte. Sie brauchte nur das Gesicht zu heben und ihn zu küssen, und all ihre so sorgfältig errichteten Barrieren würden in sich zusammenfallen.
    Aber Magier waren sehr geschickt darin, ihre persönliche Energie zu kontrollieren, und die schloss Leidenschaft mit ein. Solange sie ihr Verlangen eisern unter Kontrolle hielten, blieb es ihnen unbenommen, einander auf unkomplizierte Weise Trost zu spenden.
    Der Duft des Heus erinnerte sie an die Scheunen von Dunrath. Es hatte Nächte gegeben, in denen sie und Robbie in ähnlichen Heuschobern gerastet hatten, als sie dem unseligen Stuartprinzen in den Krieg gefolgt waren. Es war schwer, sich zwei unterschiedlichere Männer als Robbie und Nikolai vorzustellen. Und trotzdem kämpften beide für die Freiheit.
    Und beide gaben ihr ein Gefühl der Sicherheit.

26. Kapitel

 
    W

ährend seiner Jahre auf See hatte Nikolai gelernt, sich bei einem Nickerchen zu entspannen, und so döste er den Rest der Nacht hindurch. Seine gut geschulten Reflexe weckten ihn bei jedem ungewöhnlichen Geräusch, und sowie am frühen Morgen Leben in den Mietstall kam, gab er den Versuch zu schlafen auf. Er war froh zu sehen, dass Jonathan Strong noch immer ruhig atmete. Als sie den Jungen gefunden hatten, war Nikolai nicht sicher gewesen, ob er die Nacht überstehen würde. Und er hätte auch gewiss nicht überlebt, wenn Jean nicht über Heilkünste verfügte.
    Nikolai blickte auf ihr schlafendes Gesicht herab. Vereinzelte Strähnen ihrer roten Locken hatten sich aus ihren Nadeln gelöst und ringelten sich an ihrer makellosen hellen Haut. Sie sah bildhübsch und auch ein bisschen zerbrechlich aus. Sie musste viel von ihrer Energie darauf verwendet haben, Jonathan zu retten. Wie ihr Vater vor langer Zeit gesagt hatte, hatte Magie stets ihren Preis. In erster Linie Erschöpfung.
    Nikolai beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen, zu leicht, um die mühsam unter Kontrolle gehaltene Leidenschaft zwischen ihnen zu wecken. Dann stand er auf, klopfte das Heu von seinen Kleidern und dachte, wie befriedigend es wäre, den vormals in Barbados ansässigen David Lisle zu finden. Nur zu gern würde er den Anwalt die gleiche Brutalität erfahren lassen, die der Mann einem hilflosen Jungen, der sich nicht wehren konnte, hatte angedeihen lassen.
    Ein solcher Racheakt würde allerdings nichts zur Bekämpfung der viel größeren Problematik der Sklaverei beitragen. Meinungen und Gesetze mussten geändert werden, um einen wirklichen Umschwung herbeizuführen. Darum würde er zunächst einmal auf Entdeckungsreise gehen und sehen, ob er die Mincing Lane finden konnte.
    Auf den Straßen, die bei Nacht so leer gewesen waren, wimmelte es jetzt von Menschen, die zu ihrer Arbeit eilten. Nikolais unauffällige Erscheinung erfüllte ihren Zweck - niemand sah ihn zweimal an. Na ja, ein paar Frauen schon, aber nicht, weil sie sich an seiner Kleidung störten. Nicht einmal seine relativ dunkle Haut erregte Aufmerksamkeit - in diesem Teil der Stadt schien eine sehr verschiedenartige Bevölkerung daheim zu sein.
    Nun brauchte er nur noch den guten Doktor Sharp zu finden.

 
    Jean erwachte, als Nikolai in den Heuschober zurückkam. »Ich habe die Mincing Lane und Sharps Praxis gefunden«, verkündete er stolz. »Sie sind ganz in der Nähe. Jeder hier kennt Sharp wegen seiner kostenlosen Behandlungen. Wie geht es Jonathan?«
    Während sie ein Gähnen unterdrückte, beugte Jean sich vor und prüfte den Puls des jungen Manns und seine Atmung. »Er ist ein bisschen kräftiger heute Morgen, obwohl seine Verletzungen noch immer schwerwiegende sind. Er müsste jedoch trotzdem in der Lage sein, den Weg bis zu der Arztpraxis zu überstehen.«
    Als Jean aufstand und sich streckte, kam der Nachtwächter mit einem Tablett herein. »Ich dachte, der Junge könnte etwas Weiches zu essen brauchen, falls er noch am Leben ist«, erklärte er schroff.
    »Ja, er lebt. Das war sehr freundlich von Ihnen. Vielen Dank.« Jean nahm

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