Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)
sein, nach ihrem Gewissen abzustimmen, weil wir ihre Angst verringern, sich gegen die mächtigen westindischen Pflanzer aufzulehnen.«
»Und die Parlamentsmitglieder werden auch eher geneigt sein, ihren Ehefrauen und Müttern zuzuhören«, sagte Mary nachdenklich. »Viele der leidenschaftlichsten Gegner der Sklaverei sind Frauen.«
»Vielleicht, weil Frauen wissen, wie es ist, nicht frei zu sein.« Jean und Mary wechselten einen verständnisinnigen Blick. »Falls der Londoner Schild also seine Wirkung tut«, fuhr Jean fort, »können wir später daran denken, auch andere Städte oder besonders wichtige Mitglieder der Abolitionsbewegung abzuschirmen.« Sie hielt inne, als sie sich an Wilberforce erinnerte. »Das ist sogar eine sehr gute Idee. Aber London kommt zuerst. Was wir versuchen werden, ist noch nie da gewesen. Wir sollten also Schritt für Schritt vorgehen.«
»Wie soll der Schild entwickelt werden?« Die Frage kam von Lady Bethany March, der jung verheirateten Tochter der Falconers. Sie hatte das blonde Haar ihres Vaters und das trügerisch selbstvergessene Aussehen ihrer Mutter.
»Die Energie der Freiheitskämpfer wird gesammelt und gebündelt werden. Dann wird sie mit einem Bindezauber belegt und mit dem Dämon verbunden. Der Schutzschild wird von den Hütern aufrechterhalten, die sich verpflichtet haben, die Energie zu halten. Ich denke, dass es immer mindestens zwei Menschen geben muss, die die Energie nicht abreißen lassen, damit für den Fall, dass einem der Hüter etwas passiert, immer noch der andere den Schild aufrechterhalten kann.«
»Es wäre vielleicht auch ratsam, einen weiteren Ersatzhüter zu haben, dessen Energie aktiviert würde, falls beide Frontlinienhüter versagen.« Falconer runzelte nachdenklich die Stirn. »Es wird einige raffinierte Zauberformeln erfordern, aber ich bin sicher, dass es machbar ist.« Sein Sohn nickte zustimmend zu seinen Worten.
Ein junger afrikanischer Priester fragte: »Und wie halten wir die Energie aufrecht?«
»Das ist eigentlich ganz einfach«, antwortete Jean. »Stellt euch eine Kraftleitung vor, die von euch zu dem Schutzschild führt. Dann lasst ihr etwas von eurer Macht in den Schutzschild fließen. Die meiste Zeit werden wenig Macht und nur etwas Aufmerksamkeit nötig sein. Sowie die Verbindung eingerichtet ist, wird die Energie gewissermaßen automatisch weiterfließen, während der Hüter seiner oder ihrer üblichen Beschäftigung nachgeht. Falls der Hüter während seiner Wache anderweitig mit Magie arbeiten will, wird er weniger Macht zur Verfügung haben, doch im Allgemeinen dürfte es keine zu anstrengende Aufgabe sein. Allerdings ist es eine Verpflichtung, die mit Sicherheit für Jahre eingehalten werden muss. Es ist ungeheuer wichtig, dass ein Zeitplan entwickelt wird, damit der Schild nie unbeaufsichtigt ist.«
»Es wird allerdings Zeiten geben, in denen der Energieaufwand viel größer ist«, warf Nikolai ein. »Wenn die Pro-Sklaverei-Kräfte sich zusammentun, um die Gesetzgebung unter Druck zu setzen beispielsweise.«
»Normalerweise müssten wir gewarnt werden, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu einer unerwarteten Energieentnahme bei allen kommt, die mit dem Schild verbunden sind.« Jean spreizte ihre Hände. »Ich kann nicht voraussagen, was geschehen wird. Wir alle hier sind mächtige Eingeweihte, die an unsere Sache glauben. Sollte jedoch jemand das Gefühl haben, dass diese Aufgabe eine zu große Last ist, steht es ihm selbstverständlich frei zu gehen. Es ist keine Schande, wenn persönliche Umstände eine solche Verpflichtung nicht erlauben.«
Jean machte eine Pause. Die Anwesenden sahen einander an, aber keiner regte sich. Ermutigt fuhr sie fort: »Nun wird es Zeit, den Schild zu bauen.« Sie hatte ihren Bindezauber schon entworfen, um ihn mit wenigen Worten beschwören zu können, sobald sie dazu bereit waren. »Wir müssen einen Kreis bilden und uns an den Händen halten.«
Sie ging um den Tisch herum und streckte Kofi ihre Hand hin. Er starrte sie an, als wäre sie eine Schlange, bevor er sie misstrauisch ergriff. »Stellt euch so hin, dass immer ein Schwarzer neben einem Weißen steht«, fügte sie hinzu. »Unsere Kräfte sind ein bisschen unterschiedlich, deshalb müssen wir sie miteinander verweben.«
»Und was ist mit denjenigen von uns, die beides sind?«, warf Mary Andrews ironisch ein.
»Benutzt eure Intuition, um zu entscheiden, wessen Hand ihr nehmt«, erwiderte Jean prompt. »Unser Ziel ist, ein
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