Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)
unterrichten.«
»Mit einem Mann zu arbeiten, wäre leichter als mit einer Frau«, räumte er ein und blickte stirnrunzelnd zu seinem See herab. »Aber da du schon einmal hier bist ...«
Jean spielte mit ihrem Dolch. Interessanterweise schien sie, obwohl sie etwas von dem Wettertalent der Macraes bewiesen hatte, gegen Eisen nicht empfindlich zu sein, wie es männliche Macrae'sche Wettermagier waren. Magie war etwas so Komplexes, dass niemand sie je wirklich verstehen konnte.
Aber man konnte es immerhin probieren. »Möchtest du, dass ich versuche, deine Fähigkeiten einzuschätzen?«, fragte sie Nikolai. »Ich brauche deine Erlaubnis, um in dein Bewusstsein einzudringen, aber es wird nicht schmerzhaft für dich sein. Nicht so wie in der Nacht des Sturms.«
Nikolais dunkle Brauen zogen sich zusammen, als er nachdachte. »Wirst du meine Gedanken lesen können oder Ereignisse aus meiner Vergangenheit sehen?«
»Gedanken lassen sich nur selten lesen, doch ich werde mir deiner Emotionen bewusst sein.« Sie trank ihren Tee aus. »Einzelheiten vergangener Erlebnisse zu sehen, ist genauso unwahrscheinlich, vor allem, da ich nicht nach ihnen suchen werde. Mein einziges Ziel ist, mir ein Bild von den Dimensionen deiner Macht zu machen. Falls es mir gelingt, hätten wir eine bessere Vorstellung von deinen Möglichkeiten.«
»Ich möchte die Macht benutzen können, die ich so lange unterdrücken musste, um zu überleben.« Sein Gesicht verfinsterte sich, weil er nur ungern zugab, jemanden zu brauchen. »Und das kann ich nicht allein.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich die geeignete Lehrerin für dich bin, doch ich kann zumindest das Potenzial deiner Magie einschätzen.« Sie streckte die Hände nach ihm aus. »Möchtest du, dass ich das tue?«
Er zögerte. »Es ist nicht leicht, dir zu vertrauen.«
Aber er wollte, dass sie alles, was sie wusste, an ihn weitergab. »Glaubst du, für mich ist es leichter, dir zu vertrauen?«, versetzte sie. »Du hast mich verschleppt, mir mit Vergewaltigung und Sklaverei gedroht und das Leben meiner Familie bedroht. Ich bin bereit, dir zu helfen, weil deine Mission eine noble ist, doch wenn du mir nicht vertraust, dann geh jetzt und lass mich in Ruhe.«
»Hexe«, sagte er mit schmalen Lippen, legte aber seine Hände um die ihren.
Wieder erwachte diese elektrisierende Energie zwischen ihnen. Doch anstatt sich dagegen zu wehren, glitt Jean diesmal in diesen Strom von Macht hinein und ließ sich von ihm in das Labyrinth seines Bewusstseins tragen.
Trotz Gregorios Komplexität waren seine glühende Leidenschaft, sein Zorn und Idealismus bis zu einem gewissen Grad hin leicht zu lesen. »Du bist der geborene Finder. Die Fähigkeit, solche Dinge wie ein Korsarenschiff zu lokalisieren, lässt sich noch verstärken. In deiner Natur liegen große Machtreserven, einschließlich deiner Fähigkeit, andere durch pure mentale Energie bewusstlos zu machen, aber viel von diesem Potenzial ist ... von einer Barriere umgeben. Das wäre wohl das beste Wort, es zu beschreiben.«
Sie drang noch tiefer in sein Bewusstsein vor, aber vergeblich. »Diese Barrieren sind mehr als die Unterdrückung deiner Macht, um dich zu schützen, als du aufgewachsen bist. Da ist noch ein anderer Faktor am Werk, den ich nicht kenne. Ich kann Macht auf der anderen Seite der Barriere spüren. Ich habe mich dieser Energie während des Sturmes sogar bedient, als ich nicht mehr weiterwusste. Aber ich vermag sie jetzt nicht einzuschätzen.«
»Und wie reißt man die Barriere ein?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe so etwas noch nie gesehen.« Sie ließ ihren Geist um die mysteriöse Energiequelle kreisen. »Ich glaube, die Barriere hat etwas mit deinem afrikanischen Erbe zu tun. Die afrikanische Magie ist von einer etwas anderen Natur als die Wächtermagie, die ich kenne. Dir wäre am besten damit gedient, einen afrikanischen Magier aufzusuchen.«
»Und wie zum Teufel soll ich einen finden?«, fragte er.
»Einer meiner Freunde in Marseille ist Afrikaner. Seine Familie führt auch ein Schifffahrtsunternehmen, und darum beauftragte er vor Jahren die Kapitäne, einen afrikanischen Priester für ihn ausfindig zu machen. Der Priester kam nach Marseille und blieb lange genug, um Moses beizubringen, was er wissen musste. Vielleicht wäre Sekou bereit, dich hier zu besuchen. Moses weiß bestimmt, wo er zu finden ist.«
»Mal angenommen, dein Freund Moses würde einem Mann helfen, der dich entführt hat.« Nikolai ließ ihre Hände los
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