Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)
und runzelte die Stirn. »Erzählungen von Sklaverei verursachen dir körperliche Übelkeit. Aber hasst du sie genug, um mir zu helfen, sie zu bekämpfen?«
Jeans Augenbrauen fuhren in die Höhe. »Du wirst die Sklaverei vielleicht nicht selbst beenden können, doch du hast bewiesen, dass du für einige Menschen eine Veränderung bewirken kannst. Ich kann nicht einmal das tun. Obwohl ich voll und ganz mit deinem Anliegen sympathisiere, könnte ich dir dabei nicht nützlich sein.«
»Dein Unterricht könnte aber einen Unterschied ausmachen. Ich werde einen afrikanischen Magier suchen, aber das könnte Jahre dauern. Alles, was ich jetzt lerne, wird mich erfolgreicher machen, während ich auf das richtige Training warte.«
Er glühte vor Leidenschaft für seine Sache, und darum beneidete Jean ihn. Sie war nie glücklicher gewesen als bei ihrer Beteiligung am Kampf um Schottlands Freiheit. Ein brennendes Bedürfnis nach Freiheit war Teil der Seele eines jeden Schotten, und diese Leidenschaft bewirkte, dass Gregorios Streben ein Echo in ihr auslöste. Aber ihre Möglichkeiten, ihn zu unterstützen, waren wirklich sehr begrenzt. »Ich bin keine Afrikanerin, und ich möchte heimkehren. Solange ich jedoch noch hier bin, werde ich dich lehren, was ich kann.«
Seine Augen glühten förmlich. »Wirst du einen Bluteid schwören, das zu tun?«
»Einen Bluteid? Ist das nötig? Wenn mein Wort nicht genug ist, wird auch Blut nichts daran ändern.« Eine undeutliche Erinnerung kam ihr. »Es sei denn, es läge eine Magie im Blut, derer ich mir nicht bewusst bin ...«
»Es liegt Magie im Ritual, auch wenn ihr Protestanten aus dem Norden das nicht zu erkennen scheint.« Er zückte seinen Dolch und zog ihn über seine rechte Handfläche, dann reichte er Jean die Waffe mit dem Griff zuerst. »Und ja, ich halte das für nötig, obwohl ich dir nicht erklären kann, warum.«
Jean wusste es besser, als der Intuition eines Magiers zu widersprechen, selbst wenn dieser noch nicht völlig ausgebildet war. »Ich sollte meine eigene Klinge dazu benutzen.« Sie wandte sich ab und bückte sich, um ihren Rocksaum anzuheben, dann drehte sie sich mit ihrem Messer wieder um.
Sie zwang sich, nicht zusammenzucken, als sie einen kleinen, sauberen Schnitt an ihrer linken Handfläche anbrachte. Dann streckte sie die Hand aus. Die linke, die dem Herzen näher war. Jean fragte sich, ob Gregorio bewusst war, warum auch er die linke Hand gewählt hatte.
Als sie zu sprechen begann, durchflutete sie pure, transzendente Energie. »Ich schwöre, dass ich mich der Sklaverei immer und in jeder nur möglichen Weise entgegenstellen werde, selbst wenn der Preis dafür mein Leben wäre.« Sie war nicht sicher, woher diese Worte kamen, aber die Quelle war eine höhere als ihr bewusstes Denken. Ruhig erwiderte sie Gregorios Blick. »Und ich verspreche auch, all mein Wissen, das dir bei deinem Kreuzzug helfen kann, mit dir zu teilen.«
Ihre linken Hände umfassten einander, sodass sich Blut und Blut vermischte - und die Welt stand plötzlich kopf. Macht durchfuhr das Zimmer wie ein Gewittersturm und machte ihre Sinne für alles blind außer dem Chaos. Jean fiel auf die Knie. Sie befand sich in einem Strudel von Energie, der aus einer unbekannten Vergangenheit in eine ebenso unkalkulierbare Zukunft raste. Schreie von Seelen und Ereignissen, die über jegliche Vorstellung hinausgingen, hallten in ihr wider und zerrten an Verstand und Körper.
Ein dumpfer Schlag ertönte, und die Energie ließ nach. Als Jeans Sicht sich klärte, fand sie sich auf dem Boden kniend wieder, ihre Finger noch immer fest mit Nikolais verschränkt. Er lag mit angezogenen Knien neben ihr, sein Gesicht ganz hager und verhärmt.
Und neben ihnen, wie aus dem Nichts erschienen, lag eine Afrikanerin. Obwohl sie im europäischen Stil gekleidet war und ein weißes Kopftuch trug, verliehen Perlenspiralen um ihren Hals und ihre Handgelenke ihr eine exotische Erscheinung. Um die vierzig, mit glatter schwarzer Haut und einem kräftigen, wohlgeformten Körper, lag sie reglos wie im Tod auf dem Rücken. Ein Beutel aus besticktem Leder hing über ihrer Schulter.
Während Jean sich fragte, woher die Frau gekommen war, kroch sie zu ihr hinüber und versuchte mit zitternden Händen, einen Puls zu finden.
Die Frau gab einen erstickten Laut von sich, dann holte sie tief Luft und öffnete dunkle Augen. Ihr verwirrter Blick glitt von Jean zu Gregorio und verweilte. Mit einem Ausdruck der Erleichterung fragte
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