Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
Vom Netzwerk:
wahrzunehmen.
    Mrs Fernandes blieb keine andere Wahl, als Eddie zu Hilfe zu kommen. Sie riss an Kishen Sippys Haaren, verpasste ihm einen Handkantenschlag in den Nacken und zerkratzte ihm das Gesicht, ohne damit jedoch viel auszurichten. Deshalb gab sie auf, schenkte Sippy einen Doppelten ein und reichte ihm das Glas. Als er den Drink sah, schaltete Kishen Sippy endlich ein paar Gänge herunter und streckte die Hand aus. Zeit genug für Mrs Fernandes, ihm den Fusel ins Gesicht zu kippen und mit einer linken Geraden nachzusetzen. Nicht so sehr die Wucht des Schlages als vielmehr dessen schiere Kühnheit setzte den älteren Mann vorübergehend außer Gefecht. Eddie war längst unter seinem Peiniger weggeschlüpft und zur Tür hinaus, noch ehe Mrs Fernandes ihn aufhalten konnte.
    â€žKomm zurück, Eddie! Sippy wird dich nicht mehr anrühren.“
    â€žNicht fair, Serena Fernandes, nicht fair!“, schrie Kishen Sippy. „Wie soll ich mich gegen gleich drei Frauen wehren?“
    Eddie steckte den Kopf durch die Tür und schlich betreten wieder hinein.
    â€žSie sind völlig betrunken, Sippy. Hier gibt’s nur eine Frau, nicht drei.“
    â€žZu Haus giftet ständig meine Frau, und wenn ich zu Sheila gehe, muss ich mir deren Genörgel anhören. Mit vereinten Kräften bringen mich meine Frau und meine Freundin um den Verstand. Ich komm hierher, um etwas Ruhe zu finden, und stattdessen muss ich mich mit Ihnen herumstreiten. Nicht fair, Mrs Fernandes, ganz und gar nicht fair.“
    â€žNa gut, noch einen Whisky, und damit hat sich’s für heute.“
    â€žIch trink so viel, wie ich will!“
    â€žTun Sie nicht. Eddie, nimm den Stock.“
    â€žWag es ja nicht, Eddie! Wenn du das tust, brech ich dir das Bein und mach Timur den Lahmen aus dir!“
    Eddie hatte den Stock in der Hand. Er sah Sippy ängstlich an.
    â€žAch, was bist du doch für ein Feigling, Eddie! Wofür bezahle ich dich eigentlich?“
    â€žEine Flasche Peter Scot, Eddie.“
    â€žNein, nicht ein einziges Glas mehr!“
    â€žHeute will ich eine ganze Flasche, Serena.“
    â€žNiemand redet mich beim Vornamen an, Sippy!“
    â€žVerzeihung. Ein Mann könnte sein ganzes Leben mit Ihnen verbringen, Mrs Fernandes, Ihnen all seine Probleme und Geheimnisse anvertrauen und trotzdem nie an Sie herankommen. Genug geredet. Gib mir die Flasche, Eddie.“
    â€žWieso ist heute ein besonderer Tag?“
    â€žSie haben mich all die Jahre nie ernst genommen. Aber ich habe immer Ihre Ratschläge beherzigt.“
    Serena Fernandes lächelte bitter. „Nein, haben Sie nicht, aber ich nehme es Ihnen nicht übel. Es ist leicht für einen Außenstehenden, kluge Ratschläge zu geben, aber ich glaube, ich habe eine gewisse Vorstellung von der Hölle, die Sie durchmachen.“
    â€žDas ist das allerletzte Mal, Mrs Fernandes. Morgen höre ich auf zu trinken.“
    â€žGut. Zum Glück erwarten Sie von mir nicht, dass ich Ihnen das glaube.“
    â€žNein, tu ich nicht.“ Kishen Sippy war nicht beleidigt. „Erinnern Sie sich, was Sie zu mir sagten, als ich Ihnen erklärte, dass ich es nicht fertigbrächte, weder das Herz meiner Frau noch das meiner Freundin zu brechen? ‚Es ist besser, ein Herz zu brechen, Sippy, als drei.‘ Sie haben sich geirrt. Zumindest macht man zwei Menschen kaputt. Und der dritte kann einem nie verzeihen.“
    Mrs Fernandes dachte über Sippys Worte nach. „Vielleicht haben Sie recht. Vielleicht wissen Sie etwas über Beziehungen, das ich nicht weiß.“
    Reden, reden, reden, das war alles, was Aunties Gäste taten, bis Eddie ihnen am liebsten die Zunge herausgerissen hätte. Und sie tranken und tranken und tranken dieses höllische Zeug namens tharra . Man brauchte nur die Flasche zu entkorken, und schon schoss dieser Geruch heraus. Übermächtig und schwindelerregend breitete er sich im Zimmer aus, kroch einem in die Nasenlöcher und schmiegte sich in die Kehle, erfüllte die Atemwege und die Lungen wie das Chloroform, das man bekam, wenn einem die Mandeln herausgenommen wurden. Und langsam, unmerklich, waberte er einem ins Gehirn und machte einen für alles taub außer eben für diesen Geruch. Es spielte keine Rolle, dass Eddie das Zeug nicht trank; wie hätte er auch, nachdem er es einmal gerochen hatte? Den ganzen Tag umgab ihn der Übelkeit erregende Geruch, und er

Weitere Kostenlose Bücher