Die Staufer und ihre Zeit
missfällt Ottos Aufstieg, weil der Welfe mit England verbandelt und verbündet ist – Frankreichs Kriegsgegner, der damals große Teile Westfrankreichs besetzt hält. Eine böse Niederlage der ottonischen Heerscharen gegen die Franzosen in der Nähe von Lille macht endgültig den Weg Friedrichs frei. 1215 wird er in Aachen zum »König der Römer« gekrönt; die Kaiserkrone setzt ihm der Papst in Rom erst fünf Jahre später auf.
Keine Ehre ohne Mühsal: Mal eben in einigen Monaten von Messina nach Konstanz reisen, auf einer vom Großvater Barbarossa überkommenen Wasserburg im elsässischen Hagenau Hof halten, später dann in Städten wie Frankfurt, Regensburg, Nürnberg, Mainz weltliche und geistliche Unterstützer für sich einnehmen und schließlich in Aachen, im dortigen Karolinger-Dom, die Gebeine Karls des Großen feierlich umbetten, den prachtvollen Sarkophag eigenhändig zunageln, dem Papst einen Kreuzzug versprechen und sich zum König krönen lassen – im frühen 13. Jahrhundert ist so eine Reise selbst für einen hochadeligen Herrn wie Friedrich ein anstrengendes, gefährliches Abenteuer, das viele Monate in Anspruch nimmt.
Fast wäre der prominente Deutschland-Besucher gar nicht ans Ziel gelangt. Die Schiffsreise von Messina nach Rom ist nicht weiter schwierig. Nachdem er dem Papst beeidet
hat, dass er das Königreich Sizilien auch künftig als päpstliches Lehen betrachtet, steckt dieser ihm noch Geld für die Weiterreise nach Genua zu, wofür er ihm auch die Schiffe besorgt, die all die mitreisenden Grafen, Bischöfe, Diener, auch Last- und Reittiere befördern müssen. Auf dem Landweg von Genua nach Cremona gerät der Tross in eine Falle, wie der Geschichtsschreiber Thomas von Pavia notiert:
»Als Friedrich die Nachricht von seiner Wahl erhalten hatte, gelangte er, arm und abgerissen wie ein Bettler, über das Meer nach Rom und wurde von den Römern ehrenvoll empfangen und erhielt vom Papst die Bestätigung seiner Wahl. Als er darauf von den Pavensern geleitet wurde, damit er den Cremonensern, die ihnen entgegenkamen, übergeben werde, die ihn weiterleiten sollten, griffen die Mailänder, die Otto anhingen, zwischen Pavia und Lodi bei dem Fluss namens Lambro die Pavenser an und töteten und fingen in heftigem Kampf viele von ihnen. Friedrich aber entfloh auf einem ungesattelten Pferd, durchquerte den Fluss und wurde von den wartenden Cremonensern in Empfang genommen und nach Cremona gebracht. Hier nahm sein Hass gegen die Mailänder seinen Anfang, weil sie ihn ja fangen wollten.«
Die Fluss-Episode spielt mitten in der Nacht. Sie beschert dem König später den Mailänder Schmäh, Friedrich, der »Zaunkönig«, habe sich im Lambro die Hosen nass gemacht.
Weiter geht es zum Brennerpass. Aber der ist gesperrt, auf Anordnung der Herzöge Ludwig I. von Bayern und Otto I. von Meranien, die noch zum Welfen Otto halten – wovon sie nach dessen Exkommunikation Abstand nehmen. Friedrich weicht nach Westen aus und erreicht durch einsame Gebirgstäler und über den Septimerpass die Stadt Chur. Der Churer Bischof und der Abt von St. Gallen geleiten ihn nach Konstanz.
Dort stellt sich dem Staufer der Rivale Otto in den Weg, der im nahen Überlingen für seine Kämpfer ein bedrohlich
großes Lager eingerichtet hat. Der Bischof von Konstanz lässt dann aber nicht Otto, sondern Friedrich das Stadttor passieren – er hat, für Friedrich gerade noch rechtzeitig, erfahren, dass über Otto der Kirchenbann verhängt wurde, was er dann auch prompt verkündet. Gegenüber einem Geächteten braucht niemand mehr seine Treuepflichten zu erfüllen. Der Geächtete ist tendenziell mittel- und schutzlos. Darin vor allem besteht die Wucht der päpstlichen Drohung mit »Exkommunikation«.
Friedrich ist zwischen 1212 und 1220 damit beschäftigt, in deutschen Landen für Ordnung und Ausgleich zu sorgen und zugleich bei den Provinzfürsten durch großzügige Vergabe von Privilegien beliebt zu werden. Seine nicht nur ihnen gegenüber bewiesene Freigebigkeit (»milte«), die ihn klar vom knauserigen Otto trennt, wird von Dichtern wie Walther von der Vogelweide gewürdigt.
Erst vier Jahre nach seiner Ankunft in Konstanz holt Friedrich seine Frau Konstanze und den gemeinsamen Sohn Heinrich nach Deutschland. Während Konstanze noch in Sizilien ausharrte, hat sich der 18 Jahre alte Friedrich in eine gleichaltrige schwäbische Adlige namens Adelheid verliebt. Mit ihr zeugt er den Sohn Enzio, der 1239 König von Sardinien werden
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