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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Kriegsunternehmungen wie die Italienzüge, rang um ihre Zustimmung und um ihre Teilnahme; dort belehnte er seine Vasallen und nahm ihren Treueid entgegen. So gab etwa Barbarossa, nachdem ihm die
Schlichtung des schweren Konflikts zwischen Welfen und Babenbergern um das Herzogtum Bayern endlich gelungen war, 1156 zu Regensburg in einer feierlichen Zeremonie Bayern erneut Heinrich dem Löwen zu Lehen. Anschließend erhielt der Babenberger Heinrich die nun davon abgetrennte und zum Herzogtum erhobene frühere Mark Österreich.
    Eine ähnlich sorgfältig abgestimmte Zeremonie demonstrierte 1235 in Mainz das damals zwischen Friedrich II. und Otto, dem Enkel Heinrichs des Löwen und letzten Repräsentanten der Welfen, erzielte Einvernehmen: Otto bezeugte, vor dem Kaiser kniend, seine Unterordnung und Dienstbereitschaft und erhielt von ihm daraufhin das neugeschaffene Herzogtum Braunschweig zu Lehen.
    Mit solchen Auftritten, Gesten und Handlungen prägte sich der Herrscher dem öffentlichen Bewusstsein – trotz der selbstverständlichen und gewichtigen fürstlichen Partizipation am Reichsregiment – doch wirkungsvoll ein als der über die Fürsten gesetzte, ihren Stand und ihr Tun legitimierende Lehnsherr, als der oberste Hüter des Rechts und des inneren wie äußeren Friedens. Dieses Bild vertiefte sich noch bei besonders aufwendig und prachtvoll ausgestalteten, von besonders vielen hochrangigen Gästen besuchten Hoffesten wie dem Mainzer Pfingstfest von 1184 unter Barbarossa, das bereits Zeitgenossen als unvergleichliches Ereignis rühmten.
    Die Gesetzgebung, die durch Jahrhunderte hindurch praktisch keine Rolle gespielt hatte, war nun im 12. Jahrhundert noch ein recht neuartiges, selten genutztes Herrschaftsinstrument. Barbarossa bediente sich ihrer als einer der ersten Monarchen Europas. Bereits wenige Monate nach seiner Königswahl erließ er einen Landfrieden, der unter anderem die Fehde, also jede eigenmächtige Durchsetzung des Rechts, verbot.

    Weitere Landfriedensgesetze folgten später und bereits 1158 auch ein Lehensgesetz. Der Staufer kam damit auf neue Weise seiner Pflicht als Schützer von Recht und Frieden nach – zugleich unterstrich er seinen Rang als Nachfolger römischer Kaiser wie des Gesetzgebers Justinian. Friedrich II., Barbarossas Enkel, schuf mit den Konstitutionen von Melfi für sein sizilisches Königreich im Jahr 1231 dann, sehr deutlich an Justinian anknüpfend, die erste große Rechtskodifikation des Mittelalters überhaupt. Sein erklärtes Ziel dabei war es, jedem Bewohner des Regnums im Streitfall zu einem an feste Gesetzesnormen gebundenen Gerichtsverfahren zu verhelfen.
    Seinen zweiten Deutschland-Aufenthalt aber krönte Friedrich 1235 mit der Verkündung des Mainzer Reichsfriedens, ebenfalls einer Art kleinem Gesetzbuch, in dem er zum Beispiel die Fehde erneut streng untersagte und einen ständig amtierenden Hofrichter einsetzte. Er akzeptierte darin die strukturellen Grundgegebenheiten in Deutschland, vor allem die zentrale Rolle der Reichsfürsten, suchte zugleich jedoch das Gewicht und die verbleibenden Vorrechte der kaiserlichen Obergewalt zu sichern. Zunächst eher ein programmatischer Entwurf, wurde das Dokument doch zum Leitbild späterer Herrscher und schuf den Rahmen der künftigen deutschen Entwicklung.
    Bedeutende Folgen für die europäische Gesellschaft des 12. und 13. Jahrhunderts hatte die starke Bevölkerungszunahme; um mehr als das Dreifache auf etwa zwölf Millionen stieg damals wohl die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen. Die derart rasch wachsende Bevölkerung ließ sich nur ernähren, wenn es gelang, die landwirtschaftlich genutzte Fläche erheblich auszudehnen.
    Überall ging man denn auch energisch an die Entwässerung großer Sumpfgebiete, rodete Wälder zur Gründung neuer
Dörfer auf dem so für die agrarische Produktion gewonnenen Grund. In der Regel veranlassten die staufischen Herrscher und die Fürsten solche Erschließungsmaßnahmen. Sie besaßen das geeignete Land und die als Vorleistung nötigen Finanzmittel. Zudem verfügten sie unter ihren Ministerialen, dem aus der Masse ihrer Hörigen aufgestiegenen Führungspersonal, über die für derartige Projekte unentbehrlichen Fachleute. Gleichzeitig förderten sie, den Drang vieler Landbewohner in die Stadt nutzend, das Wachstum der Städte, sowohl der schon bestehenden als auch der zahlreichen Neugründungen. So schufen sie rege Zentren der handwerklichen Produktion, des Handels und der sich lebhaft

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