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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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erreichen. Ende des 13. Jahrhunderts gab es im Reich 3500 Städte, die meisten zählten nur 500 bis 2000 Einwohner.

    Die urbanen Zentren hoben sich nicht nur durch ihre Größe und Stadtmauern vom dörflichen Umland ab, sie verfügten über wirtschaftliche Privilegien wie Marktrechte und ihr eigenes, vom Fürsten verliehenes Stadtrecht. Die Bewohner blieben dadurch von Grundherrschaft und Leibeigenschaft verschont; sie waren freie Bürger.
    Zu Beginn der Stauferzeit brach eine regelrechte Gründungseuphorie aus. Vom alten Kernland im Südwesten und am Rhein ausgehend, entstanden nun auch neue Siedlungen im bisher wenig erschlossenen Norden und Osten. Fürsten, Bischöfe und die deutschen Könige förderten gezielt Neugründungen und Erweiterungen. Für sie bedeuteten blühende Städte nicht nur Mehreinnahmen aus Zöllen und anderen Abgaben. Die Städte mit ihren Prachtbauten mehrten auch das Ansehen ihrer prestigehungrigen Gründer und wurden langfristig wichtige Pfeiler der Territorialherrschaft.
    Auch Graf Adolf II. hatte unmittelbar vor der Gründung Lübecks um die Gunst von Bauern und Kaufleuten geworben und Boten nach Flandern, Westfalen und Friesland geschickt. Dort ließ er mit blumigen Worten verkünden, dass jeder, der zu wenig Land habe, »mit seiner Familie kommen solle, um den schönsten, geräumigsten, fruchtbarsten, an Fisch und Fleisch überreichen Acker nebst günstigen Weidegründen zu erhalten«. Daraufhin, so berichtet Chronist Helmold, »brach eine zahllose Menge aus verschiedenen Stämmen auf, nahm Familie und Habe mit und kam zu Graf Adolf«. Aus ihren Reihen rekrutierten sich die ersten Händler in Lübeck.
    Nach den Verwüstungen durch den slawischen Angriff 1157 und eine im selben Jahr wütende Feuersbrunst begann ein zähes Ringen um den Handelsplatz. Heinrich der Löwe, mächtiger Herzog von Sachsen und Bayern, blieb schließlich Sieger über Graf Adolf. 1159 gründete Heinrich die Stadt neu. Zuvor war er noch mit einer nach ihm benannten »Löwenstadt«
etwas weiter südlich gescheitert. Jetzt hatte der Welfe, Vetter und oft erbitterter Gegenspieler Kaiser Barbarossas, weit mehr Fortune: Lübeck stieg zum bedeutendsten Handelsort im Ostseeraum auf. Das war auch ein Verdienst Heinrichs, der eine aktive Standortpolitik betrieb, Boten in Skandinavien und Russland für Lübeck werben ließ und Kaufleute einlud.
    Die Stadt boomte. Finanzstarke Fernhändler ließen sich nieder. Der Bischof aus Oldenburg zog um und machte die Stadt zu seinem neuen Bischofssitz. Ein erster Dom aus Holz wurde errichtet und 1163 geweiht; es folgten bald darauf der Bau eines Steindoms und eines Klosters. Heinrich der Löwe, eigentlich als wenig spendabel bekannt, förderte den teuren Dombau jährlich mit der stattlichen Summe von 100 Mark Silber. Im Jahr 1300 dürfte Lübeck etwa 15 000 Einwohner gezählt haben – damals eine Großstadt.
    Aber die junge Metropole verdankte ihren Aufschwung nicht nur dem Herzog, sondern auch der selbstbewussten Schicht der Kaufleute. Überall im Reich wurden sie zu den sozialen Aufsteigern der Epoche. Bei der Gründung Lübecks dürften sie sich, wie in anderen Städten auch, mit Einwohnern zu einer Schwurgemeinschaft der Bürger zusammengeschlossen haben. Gemeinsam planten sie mit dem Stadtherrn den Aufbau der Stadt und der Verteidigungsanlagen.
    Gleichzeitig erkämpften sich die Lübecker Kaufleute von ihrem Schutzherrn, der seine Macht durch einen Stadtvogt ausübte, »höchst ehrenvolle Rechte«, wie Chronist Helmold schrieb. Sie wurden fast im gesamten Herzogtum Sachsen vom Zoll und der Abgabe für den Fernhandel befreit, durften freien Geldwechsel betreiben und Wälder und Wiesen in der Umgebung nutzen. Zudem galt auch in Lübeck der Grundsatz: Hörige, die länger als ein Jahr und einen Tag in der Stadt lebten, wurden frei.

    Das bedeutete keinesfalls, dass alle Bewohner gleich gewesen wären. Innerhalb der Bevölkerung gab es eklatante soziale Unterschiede. In Lübeck waren es besonders einige reiche Fernhändler, die sich politische Macht erkämpften und später eine wichtige Rolle im Stadtrat ausübten. Weniger einflussreich waren Handwerker und lokale Händler. Längst nicht jeder Zugezogene erhielt das Bürgerrecht oder hatte die Mittel, das dafür fällige Bürgergeld zu zahlen. Bettler, Tagelöhner und Knechte gehörten zum Stadtbild. Und auch einige einst erfolgreiche Kaufleute verloren ihr gesamtes Vermögen und standen plötzlich mittellos dar.
    Daneben eröffnete

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