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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Lübeck aber unglaubliche Karrierechancen, die nur in Städten möglich waren. Der Beruf des Kaufmanns wurde professionalisiert; er war immer weniger ein Händler auf Wanderschaft, sondern lenkte seine Geschäfte meist von seiner Niederlassung aus. Fernhändler schlossen sich zu Gemeinschaften zusammen und senkten so das Unternehmensrisiko. Sie erwarben teure Pelze, Wachs und Tücher auf den florierenden Umschlagplätzen in Bergen, Nowgorod und Flandern.
    Unternehmern wie Bertram Morneweg gelang im 13. Jahrhundert ein märchenhafter Aufstieg: Als Morneweg starb, war er vermutlich der reichste Mann in Lübeck. Er besaß das für damalige Verhältnisse unglaubliche Kapital von 13 500 Lübschen Mark. Kein Einzelfall: Bürgersöhne schafften es bis zum Domherrn, zuvor eine Domäne des Adels, und stiegen in den hohen Klerus auf. Zur selben Zeit begannen die Lübecker Bürger zudem, für die Ausbildung ihrer Kinder eigene Schulen einzurichten.
    Dennoch blieb der Stadtalltag einfach und entbehrungsreich. Die meisten Wohnungen waren eng und aus Holz errichtet, nur wenige reiche Familien residierten in Steinbauten, dinierten mit Messer und Gabel und tranken aus Silberbechern.
In der Stadt wurde mit Vieh gehandelt, Schweine und Hühner liefen durch die Gassen und fraßen Abfälle. Die Straßen bestanden aus festgestampftem Lehm und waren mit Tierkot überzogen. Abflüsse und Fäkalien wurden in tiefen, gemauerten Gruben gesammelt – waren diese Aborte nach Jahren voll, mussten sie mühsam geleert werden.
    Während Lübeck wuchs und versuchte, seine Infrastruktur zu verbessern, rutschte die Stadt immer wieder zwischen machtpolitische Fronten. Besonders prekär war das in den Jahrzehnten nach der Gründung: Lübecks Schirmherr Heinrich der Löwe gerierte sich wie ein König, betrieb eine expansive Politik – und zog den Zorn des Kaisers auf sich. Auf dem Höhepunkt eines jahrelangen Konflikts wurde Heinrich 1180 schließlich auf einem Reichstag geächtet. Als ihm auch seine Herzogtümer Sachsen und Bayern aberkannt wurden, brach Krieg aus.
    Viele verbündete Adlige wechselten nun die Seiten, doch die meisten Städte hielten ihrem Förderer die Treue. Lübeck wurde zu einem der wichtigsten Stützpunkte Heinrichs. Im Frühjahr 1181 ließ er die Befestigungsanlagen erheblich verstärken – kurz danach begann Barbarossa, die Stadt zu belagern. Jetzt schlug sich auch Dänemark auf die Seite des Staufer-Kaisers und schnitt der Stadt den Seeweg ab. In dieser aussichtslosen Situation entschlossen sich die Lübecker, ihre Stadt zu übergeben – nicht ohne politisches Kapital aus der Situation zu schlagen.
    Bevor sie die Stadttore öffneten, baten sie Barbarossa, ihnen ihre bisherigen Privilegien und Rechte zu bestätigen. Nachdem der Kaiser zugestimmt hatte, wurde er mit Hymnen und »unter dem Jubel der Geistlichkeit und des ganzen Volkes empfangen«, wie ein Chronist festhielt. Der Einzug Barbarossas bedeutete für Lübeck eine Zäsur: Aus der herzoglichen Stadt war eine königliche geworden, die allein der
Autorität des Herrschers unterstand. Das war erst mal gar nicht nachteilig, denn Freiheit bedeutete im Mittelalter die Unterwerfung unter einen möglichst mächtigen Herrn.
    Tatsächlich aber blieb der Staufer-Kaiser, der sein Machtzentrum weit im Süden hatte, an der fernen Ostsee ohne Einfluss. Seit dem Sturz Heinrichs des Löwen fehlte Lübeck daher die zentrale Schutzmacht, und es begann ein Streit um Zollzahlungen und Nutzungsrechte für Gewässer, Wälder und Weiden. Der Herzog habe stets »die größte Sicherheit hergestellt«, lobte Chronist Arnold von Lübeck, so dass das Land »an allen Gütern Überfluss hatte«. Doch jetzt, klagte der Geschichtsschreiber, »regierte jeder wie ein Tyrann«. In der Not riefen die Bürger nach dem Kaiser – und ließen sich 1188 ihre Vorrechte noch einmal urkundlich bestätigen. Im sogenannten »Barbarossa-Privileg« sicherte er ihnen sogar weitere Ländereien und Nutzungsrechte zu.
    Es half wenig: Gleich drei Parteien rangen in den nächsten Jahrzehnten um Lübeck: der gestürzte Heinrich der Löwe, Graf Adolf III. von Holstein, Sohn des Stadtgründers, und König Knut VI. von Dänemark. Mehrmals wurde die Stadt belagert und sogar einmal eingenommen. Doch Lübeck war keineswegs nur ein hilfloser Spielball dieser Regionalmächte. Die Vertreter der Stadt erkauften sich mit ihrer Finanzkraft Verbündete und betrieben eine strategische Außenpolitik: Geschickt sondierte Lübeck seine

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