Die Steine der Fatima
Eurem Dach, Herr.«
Nuh II. runzelte erneut die Stirn. »Und warum nicht?«
»Bedenkt, dass diese Hexe große Macht besitzt. Sobald sie merkt, dass Ihr hinter dem Anschlag steckt, wird sie Euch verfluchen und Euch vielleicht eine Schar Dämonen auf den Hals hetzen.«
»Beim Barte des Propheten!«, rief Nuh II. entsetzt aus.
»Zuerst müssen wir diese Hexe unauffällig aus dem Palast schaffen. Wie könnte uns das gelingen, ohne dass sie Verdacht schöpft?« Ahmad strich sich durch den Bart. Er hatte noch keinen genialen Einfall, aber er vertraute darauf, dass Allah schon alles lenken würde. »Vielleicht, indem Ihr sie einem Eurer Untertanen zum Geschenk macht? Es müsste allerdings jemand sein, der nicht täglich im Palast ein und aus geht. Und gleichzeitig darf dieser Mann dem Zauber dieses Weibes natürlich nicht hilflos ausgeliefert sein. Jemand mit einem hohen Verstand und weitreichender Bildung…«
»Wie Ali al-Hussein, mein Arzt?«
Allah sei gepriesen! Heute war wirklich sein Glückstag. »Das ist ein guter Gedanke, Herr«, antwortete Ahmad und versuchte, seine überschäumende Freude zu verbergen. Dieser Einfall hätte auch von ihm selbst stammen können.
»Der Arzt ist klug, gebildet und soviel ich weiß auch nicht abergläubisch. Er wird sich schon vor dieser Hexe zu schützen wissen. Außerdem wird er sie nicht lange unter seinem Dach beherbergen müssen. Sobald sie nämlich in seinem Haus wohnt, werden wir ihr den Stein entwenden, sie anschließend töten lassen und ihren Kadaver in der Wüste verscharren. Sie soll niemals wieder die Gelegenheit haben, Buchara mit ihren Hexenkünsten heimzusuchen. Natürlich kann keiner Eurer Soldaten diese Aufgabe übernehmen, Herr. Es muss jemand von außerhalb des Palastes sein. Eure Hände dürfen auf keinen Fall mit dem Blut dieses Weibes beschmutzt werden.«
»Allah segne Euch für Eure Klugheit und Eure weisen Worte, Ahmad al-Yahrkun!«, rief Mirwat aus. »Ich wusste, das Euer Rat Gold wert ist, verehrter Freund meines Gebieters. So und nur so kann es gelingen, dieser Hexe ein für alle Mal das Handwerk zu legen.«
Ahmad stutzte. Für einen kurzen Moment gewann er den Eindruck, dass er genau das tat, was Mirwat schon von Anfang an im Sinn gehabt hatte. Sollte sie ihn nur benutzt haben, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen? Doch ihre Augen strahlten so voller ehrlicher, tief empfundener Freude, dass sich seine Zweifel sofort wieder in Luft auflösten. Wie konnte er diesem vollkommenen Geschöpf, dieser reinen Tugend, diesem Geschenk Allahs eine solche Hinterlist zutrauen?
Nuh II. nickte eifrig. »Dies ist auch meine Meinung, Ahmad. Du sprichst mir aus der Seele, Mirwat. Ich beauftrage dich, Ahmad, geschätzter Freund, jemanden ausfindig zu machen, der diese heikle Aufgabe für uns übernimmt. Ich bin bereit, jede Summe zu zahlen, wenn nur diese Angelegenheit schnell und ohne viel Aufhebens aus der Welt geschafft wird. Und halte meinen Namen da heraus.« Dann runzelte er wieder die Stirn. »Was ist jedoch mit Ali al-Hussein? Sollen wir ihn einweihen oder…«
»Nein!«, riefen Ahmad und Mirwat erneut wie aus einem Munde. Sie sahen sich an, und Ahmad ergriff das Wort.
»Herr, wir wissen nicht, ob dieses Weib nicht in der Lage ist, in die Gedanken eines Menschen einzudringen. Wenn Ali al-Hussein von unseren Absichten weiß, so gefährdet das unter Umständen nicht nur ihn selbst, sondern auch unseren Plan. Und welche Konsequenzen wir dann zu befürchten haben, das wage ich mir gar nicht auszumalen.«
»Schon gut, schon gut!«, wehrte Nuh II. ab. »Ihr habt mich überzeugt. Dann sollten wir jedoch auch so schnell wie möglich handeln, damit dieses hinterlistige Weib erst gar nicht die Gelegenheit bekommt, unseren Plan zu entdecken.«
Ahmad nickte. »Wenn Ihr erlaubt, würde ich mich jetzt gern entfernen, Herr«, sagte er und erhob sich. »Ich möchte auf der Stelle alles Nötige in die Wege leiten.«
»Natürlich, Ahmad, geh nur«, erwiderte Nuh II. gnädig. »Aber vergiss nicht, zu keinem Menschen ein Wort! Diese Angelegenheit muss unbedingt unter uns bleiben.«
Ahmad verneigte sich und ließ Nuh II. mit seiner Gemahlin allein. Er war so guter Stimmung, dass er fast glaubte zu schweben. Welch ein Geschenk hatte Allah ihm heute bereitet. Er wusste, wo der Stein war. Sie würden endlich diese unselige Sklavin, der er vom ersten Tag an nicht getraut hatte, loswerden. Und gleichzeitig würde dem arroganten Ali al-Hussein eine Lektion erteilt werden, die er
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