Die Steine der Fatima
mit dir zu tun«, versuchte Nuh II. sie zu trösten. »Dich trifft doch keine Schuld.«
Mit zitternder Hand nahm Mirwat den Becher entgegen und trank einen Schluck.
»Aber das Licht der Schande fällt durch diese ruchlose Tat auf jede Einzelne von uns und somit auch auf mich!«, stieß sie heftig hervor. Dann schüttelte sie den Kopf. »Das Verhalten dieses Weibes lässt sich durch nichts entschuldigen.«
»Willst du damit sagen, dass Jambala diesen Streich allein ausgeheckt hat?«, fragte Nuh II.
»Jambala?« Überrascht sah Mirwat ihn an. »O nein, mein Gebieter, Jambala trifft keine Schuld. Sie ist lediglich ein Opfer, ebenso wie die anderen. Sie ist den Einflüsterungen dieser Hexe erlegen, hat ihren Lügen Glauben geschenkt und ihren Hetztiraden ihr Ohr geliehen. Wenn man Jambala etwas zur Last legen kann, dann, dass sie sich verblenden ließ von den Worten eines bösartigen Weibes.«
Nuh II. schüttelte verständnislos den Kopf.
»Ich weiß noch immer nicht, von wem du sprichst.«
»Ich meine Beatrice, diese blonde Hexe aus dem Norden.«
Mirwat sah über ihre Schultern nach hinten und beugte sich dann vor. Sie sprach jetzt schnell, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Es machte den Eindruck, als fürchtete sie, belauscht zu werden. »Dieses böse Weib hat sich in Euren Harem geschlichen, mein Gebieter, um uns alle zu verderben. Es ist schwer, sich ihren Worten zu verschließen und ihr nicht zu glauben. Sie sind verführerisch wie Nymphengesänge, sie hüllen den Verstand ein und lassen jeden Anstand vergessen. Sie hat die Frauen verzaubert, damit sie sich gegen Euch auflehnen. Auch ich wäre beinahe ihrem Zauber erlegen, wenn ich sie nicht rechtzeitig durchschaut hätte. Seither hat sie keine Macht mehr über mich, aber die anderen Frauen hat sie fest in ihren Klauen.« Sie fiel vor Nuh II. auf die Knie und ergriff seine Hände. »Mein Gebieter, ich flehe Euch an, unternehmt etwas gegen dieses bösartige Weib, bevor es zu spät ist.«
Ahmad drehte sich das Herz im Leib herum, als er in Mirwats wunderschönen Augen Tränen schimmern sah.
Mehr denn je war er überzeugt davon, dass die Barbarin für ihr Verhalten bezahlen musste – zur Not mit dem Leben.
Nuh II. warf Ahmad einen langen Blick zu. »Beruhige dich, meine Teure, meine Schöne«, sagte er leise. »Auch Ahmad liegt mir schon lange damit in den Ohren, dass ich die Sklavin aus meinem Harem verbannen soll. Vermutlich hätte ich auf ihn hören sollen.« Er seufzte. »Ich verspreche, nein, ich schwöre dir, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um dem Treiben dieses Weibes ein Ende zu bereiten. Die Frage ist nur, wie? Soll ich sie in die Verbannung schicken?«
Mirwat schüttelte heftig den Kopf. »Das wird nichts nützen, mein Gebieter. Sie verfügt über beträchtliche Zauberkräfte und wird wahrscheinlich wiederkehren, sobald Ihr die Tore der Stadt hinter ihr geschlossen habt und wir uns alle in Sicherheit wähnen.«
Nuh II. runzelte nachdenklich die Stirn. »Was bleibt uns dann noch?«
»Der Tod.« Ahmad und Mirwat antworteten wie aus einem Munde.
Der Emir nickte nachdenklich. Dennoch verzog er das Gesicht, als hätte man soeben von ihm verlangt, sein Lieblingspferd zu töten. »Doch auch hier ist Vorsicht geboten«, gab Mirwat zu bedenken. »Diese Hexe besitzt einen Stein, der ihr große Macht verleiht. Er sieht aus wie ein Saphir, und sie trägt ihn immer bei sich, sowohl bei Tag als auch bei Nacht. Durch Zufall habe ich einmal einen kurzen Blick auf ihn werfen können, als er ihr beim Entkleiden im Bade aus einer verborgenen Tasche gerutscht ist. Vermutlich hatte auch deshalb ihr Zauber keine Macht über mich. Dieser Stein hat die Größe einer Walnuss und sieht aus wie ein ungewöhnlich schöner Saphir. Er verstärkt ihre Zauberkraft, und ich fürchte, dass er sie auch vor Angriffen schützt.«
»Aber was können wir tun?«, fragte Nuh II. und warf Ahmad einen hilflosen Blick zu.
»Zuerst müssen wir dieser Hexe den Stein entwenden«, sagte Ahmad und hätte am liebsten gejubelt. Er konnte sein Glück kaum fassen. Gepriesen sei Allah für seine Größe und Barmherzigkeit! Endlich, nach all den Tagen der Qual und der Unsicherheit wusste er, wo der Stein der Fatima zu finden war.
»Wenn diese Hexe durch den Verlust des Steins geschwächt ist, können wir sie töten. Und dann ist endlich der Friede im Palast wiederhergestellt.« Ahmad dachte einen Augenblick nach. »Aber das darf nicht hier geschehen, nicht unter
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