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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Ahmad?«, fragte er und schüttelte resigniert den Kopf. »Ich tue doch alles für diese Frauen. Ich bin gutmütig. Ich bin großzügig. Ich überhäufe sie mit Geschenken – und was ist der Dank dafür? Sie verhöhnen mich, ihren Wohltäter. Sie begehren gegen mich auf und machen sich lustig über mich.«
    »Vor allem verhöhnen sie Allah, Seinen Propheten und Seine heiligen Gebote, Herr«, erwiderte Ahmad düster. Seine Hände zitterten so sehr vor Empörung, dass die Perlen des Rosenkranzes leise aneinander schlugen. »Glaubt mir, mein Gebieter, diese Weiber werden für ihren Frevel noch bestraft werden. Sie werden dafür bezahlen.«
    Nuh II. nickte nachdenklich, doch Ahmad hatte den Eindruck, dass er ihm gar nicht richtig zugehört hatte. Dem Emir schien das ganze Ausmaß dieser Ungeheuerlichkeit immer noch nicht bewusst zu sein. Aber was sollte man auch von Nuh II. erwarten. Er dachte immer nur an sich selbst. Dass sich zu seinen Füßen ein Sündenpfuhl auftat, der in der Lage war, alle Gläubigen Bucharas in seinen Schlund zu reißen, das schien er gar nicht bemerkt zu haben – oder aber es war ihm einfach egal.
    »Glaubst du, dass alle Weiber an dieser Sache beteiligt waren?«, fragte der Emir plötzlich. »Oder hat diese Jambala das ganz allein ausgeheckt?«
    Ahmad seufzte. »Ich weiß nicht, Herr…«
    »Ich habe auch nicht gefragt, ob du es weißt!«, schrie Nuh II. »Beim Barte des Propheten, hört mir hier eigentlich niemand zu, wenn ich etwas sage?«
    Ahmad spürte, wie eine heiße Zorneswelle in ihm emporstieg. Am liebsten hätte er Nuh II. einen Tritt in seinen breiten Hintern gegeben und ihm gesagt, dass alles ganz allein seine Schuld sei. Hätte er nicht in seiner maßlosen Gier und seinem unersättlichen Verlangen diese Sklavin aus dem Norden in seinen Harem geholt, wäre das alles niemals geschehen. Niemand anders als Nuh II. selbst trug die Verantwortung dafür, dass die Sünde in den Palast Einzug gehalten hatte und dass der heilige Name Allahs geschändet worden war. Natürlich stand es Ahmad nicht zu, dem Emir von Buchara all diese Dinge ins Gesicht zu sagen. Er war nur der Berater, verpflichtet, seinem Herrn zu dienen und, sofern möglich, Schaden von ihm und von der Stadt fernzuhalten.
    »Ich glaube nicht, dass es allein Jambalas Idee war«, sagte Ahmad schließlich, als er seine Stimme wieder unter Kontrolle hatte. »Dazu gehört mehr als das Ungestüm einer jungen Sklavin. Es bedarf eines scharfen Verstands und einer boshaften Kraft, um das Gemüt einer jungen Frau so zu verwirren, dass sie nicht mehr in der Lage ist, Recht von Unrecht und Anstand von Unsitte zu unterscheiden.«
    »Du meinst, da steckt jemand dahinter?«, fragte Nuh II. und kniff seine kleinen Augen zusammen. »Vielleicht eine Verschwörung? Wer bei allen Heiligen Allahs könnte das sein?«
    Ahmad tat, als würde er einen Augenblick scharf nachdenken. Dann zuckte er mit den Schultern. »Ich wüsste nicht, wem ein derart boshaftes Vorgehen zulasten gelegt werden könnte, außer…« Er machte eine Pause.
    »Nun sprich endlich!«, rief Nuh II. ungeduldig. »Du hast doch einen Verdacht, oder? Das sehe ich dir doch an deiner Stirn an. Also heraus mit der Sprache!«
    Ahmad holte Luft. »Nun, derjenige muss in ständigem Kontakt zu den Frauen stehen. Er muss…«
    Nuh II. riss die Augen auf. »Du meinst doch nicht etwa Jussuf?«
    Zweifelnd wiegte Ahmad den Kopf hin und her. »Jussuf? Schon möglich. Aber an ihn hatte ich nicht gedacht. Er dient Euch bereits seit vielen Jahren. Weshalb sollte er gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt, eine Verschwörung anzetteln? Außerdem glaube ich nicht, dass einer der Eunuchen genügend Einfluss in Eurem Harem hätte.« Er schüttelte überzeugt den Kopf. »Nein, Jussuf steckt meiner Meinung nach nicht dahinter.«
    Nuh II. rang die Hände. »Dann, bei allen Heiligen, Ahmad, ich flehe dich an, sag es endlich!«
    Doch Ahmad zögerte noch. Er wollte diesen kostbaren Augenblick so lange wie möglich ausdehnen, diesen Moment, der ihm uneingeschränkte Macht über Nuh II. verlieh. Im Stillen bat er Allah um Vergebung für die niederen Motive, die ihn zu seiner Handlungsweise verleiteten, aber die Rache schmeckte süß, und sie wärmte sein Herz. Er beugte sich vor, bis er dem Gesicht des Emirs so nahe war, dass er die winzigen Schweißperlen auf dessen Stirn voneinander unterscheiden konnte.
    »Ich denke an jemanden, der noch nicht so lange in Eurem Harem lebt, an jemanden, der hier fremd ist, von

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