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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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nicht lange zu warten. Aus einem mit einem Vorhang verborgenen schmalen Durchlass erschien ein zarter schlanker Fuß und dann ein wohlgeformter Unterschenkel. Leise klingelten die Glöckchen am Fußgelenk, als sich das Bein im Takt der Flöte auf und ab bewegte wie eine biegsame, geschmeidige Schlange. Als Nächstes kam ein Arm hinter dem Vorhang hervor, der die Bewegungen des Beins nachahmte, und dann endlich, Stück für Stück, wurde die Tänzerin sichtbar. Sie hatte eine dunkle, seidig schimmernde Haut und war so leicht bekleidet, dass sogar Ali im ersten Augenblick die Röte in die Wangen stieg. Verstohlen wandte er sich zu Ahmad um. Der Großwesir saß aufrecht auf seinem Sitzpolster und starrte wie versteinert hinunter zu der Tänzerin. Nur die Farbe seines Gesichts wechselte in erschreckender Geschwindigkeit von dunkelrot zu totenbleich. Sollte den Großwesir ausgerechnet jetzt der Schlag treffen?
    Hoffentlich nicht, dachte Ali. Ich möchte mir nur ungern den Abend verderben lassen.
    Er wandte sich wieder der Tänzerin zu. Die Melodie der Flöte war ein wenig schneller geworden, und leise und unauffällig hatte die Trommel eingesetzt. Die Tänzerin bewegte sich mit unvergleichlicher Anmut, schwebte leicht über den blanken Marmorboden. Langsam, passend zum Takt der Trommel, ließ sie ihre Hüften kreisen, beugte sich nach hinten über, bis ihr Kopf fast den Boden berührte, und richtete sich dann wieder auf. Fasziniert sah Ali zu. Immer schneller schlug die Trommel, immer schneller drehte sich die Tänzerin, ließ ihre Hüften kreisen und sprang wie eine Gazelle über die schmalen Brücken. Ihr langes schwarzes Haar umwehte sie wie ein dunkler Schleier, die eingeflochtenen silbernen Perlen glänzten im Schein der Öllampen. Wie konnte sich ein Mensch, den Allah aus den gleichen Zutaten erschaffen hatte wie jeden anderen auch, so bewegen? Ali vermochte seinen Blick nicht mehr abzuwenden. Wie hypnotisiert verfolgte er den unvergleichlich schönen Tanz. Schließlich warf sie sich vor dem Podest und fast direkt zu Alis Füßen auf die Knie, und im selben Augenblick verstummte die Musik mit einem letzten lauten Trommelschlag. Die Tänzerin blieb noch eine Weile in ihrer Position auf dem Boden liegen. Ihr Haar verdeckte ihr Gesicht und breitete sich auf dem hellen Marmor aus wie ein schwarzer Fächer. Dann erhob sie sich anmutig. Sie verneigte sich mit einem Lächeln, ging mit leichten schnellen Schritten rückwärts und verschwand wieder hinter dem Vorhang. Erst in diesem Moment wich die Erstarrung aus Alis Gliedern, und überrascht merkte er, dass er unwillkürlich den Atem angehalten hatte. Auch den anderen Gästen schien es nicht besser zu ergehen, denn hinter sich hörte er so manchen tiefen Seufzer. Und als er sich verstohlen umdrehte, entdeckte Ali, dass einer der älteren Beamten sich verstohlen den Schweiß von der Stirn wischte.
    »Welch eine exzellente Darbietung«, sagte Ali und erntete begeisterte Zustimmung von den Anwesenden. »Ich danke Euch, verehrter Nuh II. ibn Mansur.«
    Nuh II. lächelte geschmeichelt. »Nun, wie ich schon zu Anfang gesagt habe, Ali al-Hussein, der Dank gebührt nicht mir. Ich bin Euch zu Dank verpflichtet. Ihr seid ein großer Arzt, ein wahrer Meister Eurer Kunst, und ich fühle mich geehrt, Euch als meinen Leibarzt ansehen zu dürfen.«
    Ali spürte, wie er angesichts der Worte des Emirs errötete, und gleichzeitig stellte sich das flaue Gefühl im Magen wieder ein. Hatte der Emir doch etwas Unangenehmes mit ihm vor? Ali wusste, dass er nur selten seine spitze Zunge im Zaume halten konnte. Hatte er Nuh II. etwa unterschätzt, und hatte der Emir doch die eine oder andere seiner sarkastischen Bemerkungen verstanden? Wollte Nuh II. sich jetzt für diesen Spott an ihm rächen?
    »Nun, das ist wirklich zu viel der Ehre«, stammelte Ali. »Ich tue, was ich kann, und…«
    »Hört, hört!«, rief Nuh II. aus und wandte sich lachend an seine anderen Gäste. »Das sind die Worte eines wahrhaft großen Mannes. Eure Bescheidenheit ziert Euch, Ali al-Hussein, aber sie ist unnötig. In diesem Raum befindet sich niemand, der nicht von Eurem großen Können überzeugt ist, sei es, dass er es am eigenen Leib erfahren durfte, sei es durch das, was man sich über Euch in ganz Buchara erzählt. Am meisten habe jedoch ich Eurem Genie zu verdanken. Seht euch nur einmal diese Nase an.« Er wandte sich zu den anderen um und deutete auf seine Nase. »Noch vor kurzer Zeit war sie aufgrund eines

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