Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
Vom Netzwerk:
dachte an seine verheirateten Freunde, die sich täglich mit Streit, Nörgeleien und Eifersucht abplagen mussten. Ali seufzte. Mit seiner Freiheit würde es ein für alle Mal vorbei sein. Es sei denn, er würde einen Weg finden, sich dieser Frau wieder auf elegante Weise zu entledigen. Aber wie?
    In dem kleinen Fenster neben dem Tor brannte eine einzelne Öllampe, ein sicheres Zeichen, dass sowohl der Torsklave als auch Selim noch auf die Rückkehr ihres Herrn warteten. Und tatsächlich – Ali hatte gerade den Türklopfer in die Hand genommen, als sich das Tor auch schon öffnete.
    »Der Friede Allahs sei mit Euch, Herr!«, sagte der Torsklave und verneigte sich.
    »Ich weiß, wir kommen spät, aber das Festmahl hat länger gedauert als erwartet«, erwiderte Ali und ärgerte sich bereits im nächsten Augenblick. Seit wann fühlte er sich dazu verpflichtet, dem Torsklaven Rechenschaft über sein Kommen und Gehen abzulegen? »Dies ist übrigens…« Ali deutete auf die verschleierte Frau. Ihm fiel plötzlich ein, dass er sich nicht mehr an ihren Namen erinnern konnte. Was sollte er jetzt dem Torsklaven sagen? Beim Barte des Propheten, er konnte sich doch nicht schon wieder zum Narren machen. »Sie wohnt von nun an unter diesem Dach.«
    »Seid willkommen.« Der Torsklave verneigte sich auch vor ihr. Wenn er sich wunderte, so ließ er es sich nicht anmerken.
    Sie traten ein. Kaum hatte der Sklave das Tor hinter ihnen geschlossen, da hörte Ali auch schon Selims schlurfende Schritte, die sich ihnen langsam näherten. Er knirschte mit den Zähnen. Der alte Narr würde mit Sicherheit nicht so taktvoll und verschwiegen sein wie der Torsklave.
    »Herr, Ihr kommt zu später Stunde«, sagte Selim vorwurfsvoll, noch während er näher trat. Er hatte eine Öllampe bei sich. »Ich habe…«
    Überrascht brach der alte Diener ab. Der Schein der Lampe war auf Alis Begleitung gefallen. Und Ali kam plötzlich in den Sinn, dass Selim ihn zwar schon oft in diesem Haus in Begleitung einer Frau angetroffen hatte, doch niemals mit einer Verschleierten, die zudem noch Brautkleidung trug.
    »Herr, ich…« Selim war sichtlich überrascht, seine Mundwinkel zogen sich beleidigt nach unten. »Ihr habt doch nicht etwa in aller Stille und Heimlichkeit geheiratet, Herr?«
    »Nein, Selim«, wehrte Ali rasch ab. »Das ist…« Immer noch fiel ihm der Name nicht ein.
    »Mein Name ist Beatrice«, kam es etwas gedämpft, aber ruhig und bestimmt unter dem Schleier hervor. »Ich bin eine der Frauen aus dem Harem des Emirs. Nuh II. hat mich als Geschenk deinem Herrn übergeben. Und so, wie es aussieht, soll ich wohl hier wohnen.«
    Ali spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Wie konnte dieses Weib es wagen, ihn so vor seinem Diener zu demütigen? Auch Selim wusste nicht so recht, was er sagen sollte.
    »Aber Ihr seid doch…«, stammelte er und leuchtete Beatrice nochmals zweifelnd ins Gesicht. »Ich weiß nicht, wo Ihr schlafen könntet. Wir haben keine Kammer hergerichtet – zumindest nicht so, dass sie einer Dame würdig wäre, und außerdem…«
    »Wir werden schon eine Lösung finden«, unterbrach Ali ihn ärgerlich. Was fiel den beiden ein, so über seinen Kopf hinweg miteinander zu reden und zu entscheiden, als gäbe es ihn gar nicht? War er hier nicht der Herr im Haus?
    »Sie wird die erste Zeit in der Patientenkammer schlafen, die steht gerade leer. Sobald ein Zimmer ihren Bedürfnissen entsprechend hergerichtet ist, kann sie umziehen.«
    »Aber Herr«, widersprach Selim, »die Patientenkammer ist so einfach eingerichtet, das Bett ist schmal und hart. Es dürfte nicht einmal annähernd den Ansprüchen einer Dame genügen. Sie wird sich dort kaum wohlfühlen.«
    »Für die erste Zeit wird ihr wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich damit abzufinden«, entgegnete Ali scharf. »Es ist die einzige Möglichkeit. Außerdem ist es ja nur vorübergehend. Oder erwartest du etwa von mir, dass ich ihr mein Schlafgemach abtrete und mich selbst in die Patientenkammer zurückziehe?«
    »Herr, ich…«
    »Lass gut sein, Selim«, sagte Beatrice und legte dem alten Diener beschwichtigend eine Hand auf den Arm. »Führe mich jetzt lieber in das Zimmer. Es ist schon spät, und ich bin müde.«
    »Sehr wohl, Herrin«, erwiderte Selim und ging gehorsam mit der Lampe vorneweg.
    Ali knirschte vor Wut mit den Zähnen. Dieser alte, senile Trottel! Was fiel Selim ein, von diesem Weib Befehle entgegenzunehmen? Sie war keine Herrin und schon gar nicht in seinem

Weitere Kostenlose Bücher