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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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schloss erleichtert die Tür. Mit einem Seufzer ließ er sich auf ein weiches Polster fallen und trank einen großen Schluck Rosenwasser. Seit sich die wundersame Heilung der Lieblingsfrau des Emirs in Buchara und Umgebung herumgesprochen hatte, kamen die Menschen von überall her, um ihre Leiden von ihm, dem berühmten Arzt, kurieren zu lassen. Viele kamen einfach nur zu ihm, um ihren Verwandten erzählen zu können, dass sie von Ali al-Hussein ibn Abdallah ibn Sina, dem wundertätigen Arzt aus Buchara, behandelt worden waren. Andere jedoch wie dieser einfache, arme Ziegenhirte kamen aus schierer Verzweiflung. In ihren Augen las er die Hoffnung, dass er ihnen vielleicht helfen könne. Und während die anderen mit Ali um die Preise feilschten, als wäre er ein Teppichhändler auf dem Bazar, waren diese armen Menschen bereit, ihr ganzes Vermögen für die Behandlung zu geben. Sie legten ihr Leben in Alis Hände. Und wenn er einmal nicht in der Lage war, sie von ihrem Leiden zu heilen, so war es nicht seine Schuld. Nicht Ali al-Hussein war unfähig, sondern dann war es eben Allahs Wille. Diese Menschen beschämten Ali zutiefst.
    »Verzeiht, Herr, darf ich jetzt…«
    Ali sah auf. »Ach Selim, dich hätte ich beinahe vergessen.« Er fuhr sich über das Gesicht und durch das Haar. Plötzlich fühlte er sich müde und erschöpft. »Warten noch viele Patienten?«
    »Herr, vor der Tür stehen nur noch drei, eine alte, fast blinde Frau mit ihrem Sohn, ein Mann auf Krücken und ein Mann mit seiner Frau. Aber unten in der Halle warten noch mehr. Soll ich sie fortschicken und ihnen sagen, dass sie morgen wiederkommen sollen? Die Sonne geht bald unter. Ihr habt nun schon den ganzen Tag Kranke behandelt. Ihr seht müde aus, Herr, Ihr solltet Euch ausruhen.«
    Ali schloss einen Moment die Augen. Ausruhen. Ja, das war es, was er jetzt brauchte – ein heißes Bad, eine Massage mit warmem Öl und anschließend schlafen. Aber dann sah er den Ziegenhirten und seinen kleinen Jungen vor sich. Die Kranken, die unten auf ihn warteten, hatten womöglich noch längere Wege hinter sich.
    »Nein, lass gut sein, Selim. Ich werde diese Patienten noch behandeln. Sie warten schließlich bereits den ganzen Tag.« Er seufzte. »Du wolltest mir vorhin etwas sagen?«
    »Ja, Herr. Der Emir hat einen Boten geschickt. Er lässt Euch mitteilen, dass er Euch morgen gleich nach dem Morgengebet zu sprechen wünscht. Er wird Euch eine Sänfte schicken.«
    Ali runzelte die Stirn. Was konnte der Emir von ihm wollen? Er hatte ihn bereits seit längerer Zeit nicht aufgesucht; genauer gesagt war er das letzte Mal im Palast gewesen, als Mirwats Wunde, die der Gänsekiel in ihrem Hals hinterlassen hatte, verheilt war. Ob Nuh II. ibn Mansur der Meinung war, dass er sich zu wenig um ihn kümmerte? Aber es hatte keinen Sinn, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen, morgen würde er es erfahren.
    »Danke, Selim«, sagte er zerstreut. Der alte Diener sah ihn überrascht an. Es kam nicht oft vor, dass sich Ali bei ihm bedankte, noch dazu für einen derart geringen Dienst.
    »Ich diene Euch mit Freuden«, erwiderte er und verbeugte sich ehrfürchtig.
    »Schick mir die alte Frau und ihren Sohn.« Ali erhob sich. »Und das Tor soll geschlossen werden. Abgesehen von denen, die bereits warten, wird heute kein Patient mehr vorgelassen.«
    »Sehr wohl, Herr, ich werde mich sofort darum kümmern.«
    Während Selim hinausschlurfte, seufzte Ali und verwünschte bereits seine Entscheidung, heute noch weitere Patienten zu behandeln. Er war einfach zu gutmütig. Wer schon so lange gewartet hatte, würde auch noch bis morgen warten können.

    Es war wieder die »Stunde der Frauen«. Beatrice und Mirwat schlenderten durch den Garten und kosteten von den frischen Datteln, die eine Dienerin ihnen auf einer Messingschale anbot. Im Winter, hatte Mirwat Beatrice erzählt, wurde es manchmal so kalt, dass Wasser in den Teichen und Brunnen des Gartens zu Eis gefror. Aber zum Glück lag der Winter noch in weiter Ferne. Jetzt streichelte der laue Abendwind ihre Wangen, und das Licht der untergehenden Sonne überzog alles mit einem Goldschimmer. Es war eine Atmosphäre wie aus einem preisgekrönten Hollywoodfilm – so schön, dass man es fast nicht glauben konnte.
    Doch Beatrice vermochte die zauberhafte Stimmung an diesem Abend nicht zu genießen. Bereits seit einigen Tagen plagte sie eine zunehmende Unruhe, die heute ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Dabei hatte es nichts damit

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