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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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seltsam vorkommen und ich Probleme habe, mich daran zu gewöhnen.«
    »Ich glaube dir kein Wort!«, rief Mirwat aus und sprang hoch. »Du lügst, sobald du den Mund aufmachst. Wahrscheinlich ist auch das ganze Geschwätz von der Heilkunde gelogen. Du bist in Wirklichkeit gar keine Ärztin, sondern ein Kräuterweib, eine Hexe, die uns alle mit ihrer schwarzen Zauberkunst ins Verderben stürzen will.«
    »Bitte, Mirwat, beruhige dich wieder«, versuchte Beatrice erschrocken die Freundin zu beschwichtigen. Was hatte sie nur gesagt?
    »Nein!«, kreischte Mirwat und wich mit weit aufgerissenen Augen vor ihr zurück. »Rühre mich nicht an, böses Weib!«
    »Mirwat! Sprich leise, es könnte dich jemand hören.«
    »Das würde natürlich deine Pläne vereiteln, nicht wahr? Was hattest du mit uns vor? Wolltest du uns alle verzaubern und in dein Reich hexen? Oder wolltest du uns alle töten, ganz langsam, eine nach der anderen? Vielleicht hast du ja sogar Sekireh auf dem Gewissen. Vielleicht stirbt sie nur, weil du sie mit deinem bösen Blick…«
    Das war zu viel. Beatrice gab Mirwat eine Ohrfeige, die vermutlich im ganzen Garten zu hören war. Die junge Frau starrte sie erschrocken an und hielt sich die Wange. Aber wenigstens war sie von einer Sekunde zur anderen still.
    »Wie kannst du es wagen, solche Dinge zu sagen!« Beatrice zitterte vor Zorn. »Wenn ich euch alle töten wollte, glaubst du, ich hätte dir den Dattelkern aus dem Hals gezogen? Nein, ich hätte die Gelegenheit ergriffen und dich als Erste jämmerlich verenden lassen!« Mirwat begann zu weinen.
    »Beatrice, bitte, ich…« Doch Beatrice war zu wütend, um zuzuhören. »Verschwinde, Mirwat, ich will dich nicht mehr sehen. Wenn du glaubst, dass du wieder normal geworden bist, kannst du zu mir kommen. Du weißt, wo du mich findest!«
    Laut schluchzend rannte Mirwat davon.
    Beatrice ließ sich wieder auf die Bank fallen. Ihre Handfläche brannte und kribbelte von dem Schlag, den sie Mirwat verpasst hatte. Jetzt, da ihr Zorn allmählich verrauchte, tat es ihr fast leid, Mirwat geschlagen zu haben. Aber wie hätte sie die hysterische junge Frau anders wieder zur Vernunft bringen können?
    »Du hast das Richtige getan«, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihr. »Mirwat hätte sonst dem ganzen Palast erzählt, du seist eine Hexe.«
    Überrascht dreht sich Beatrice um und sah Sekireh vor sich stehen.
    »Hast du alles mit angehört?«
    »Nun, nicht alles, aber genug, um zu erfahren, worum es ging. Mirwat war nicht besonders leise.«
    Beatrice seufzte. Vermutlich hatten dann noch andere ihren Streit mitgekriegt, und spätestens morgen früh würde der ganze Palast davon wissen.
    »Doch ich kam nicht, um euch zu belauschen«, fuhr Sekireh fort und ließ sich neben Beatrice auf der Bank nieder. »Das war nur Zufall. Ich habe dich gesucht.«
    »Wie geht es dir? Sind die Schmerzen schlimmer geworden?«
    »Nein«, antwortete Sekireh und stützte die Hände auf ihren Stock. »Es ist seltsam. Seitdem ich weiß, dass ich sterben muss, habe ich weniger Schmerzen. Es ist, als ob die Gewissheit dem Leid seinen Stachel nimmt. Meine Tage sind zwar gezählt, aber ich habe noch genügend Zeit, meine Angelegenheiten zu regeln.« Sie lachte auf. »Mirwat ist entsetzlich dumm. Aber ich kam, um dir etwas zu sagen. Du solltest zu Samira gehen.«
    »Samira?«, fragte Beatrice erstaunt. Im ganzen Palast hatte sie noch niemanden dieses Namens kennen gelernt. »Wer ist Samira?«
    »Oh, Samira ist das, was Mirwat ohne Zweifel als Hexe bezeichnen würde«, antwortete Sekireh lächelnd. »Sie ist eine Heilkundige und Seherin. Samira wohnt in einem entlegenen Viertel in Buchara. Ich suche sie hin und wieder auf, um mir ihren Rat zu holen. Wenn du möchtest, kann Hannah dich zu ihr führen.«
    »Und was soll ich dann dort?«, fragte Beatrice verständnislos. – »Ich weiß so gut wie nichts über dich, Beatrice, und ich will auch gar nichts wissen. Aber eines ist mir von dem Augenblick an klar gewesen, als ich dir zum ersten Mal gegenüberstand. Du gehörst nicht hierher. Du bist eine selbstständige, kluge Frau, die sich nicht dazu erniedrigen sollte, von einem fetten, lüsternen Kerl wie Nuh II. Befehle entgegenzunehmen.« Sekireh seufzte. »Er mag zwar mein Sohn sein, dennoch habe ich nicht den Blick für die Wahrheit verloren.« Sie stieß den Stock auf die Erde. »Samira weiß mehr als jeder andere Mensch in Buchara. Sie kennt und sieht Dinge, die anderen verborgen sind. Vielleicht kann

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