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Die Steine der Fatima

Die Steine der Fatima

Titel: Die Steine der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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die Lieblingsfrau des Emirs vom Tode gerettet hatte. Fünf Tage waren die beiden unterwegs gewesen, drei weitere Tage hatten sie auf eine Konsultation gewartet. Ihre Verpflegung hatte aus einem Schlauch voll Wasser und einem kleinen Sack gemahlener Hirse und gekochter Linsen bestanden. Jetzt ruhten die verzweifelten Blicke des Mannes auf Ali, als hinge nicht nur das Leben seines Sohnes, sondern auch sein eigenes Seelenheil von dem Arzt ab.
    Während Ali an dem Jungen herumtastete, dachte er angestrengt nach. Irgendetwas musste er doch für das Kind tun können. Sollte er sie anlügen und ihnen eine kostspielige Behandlung anraten? Das würde wahrscheinlich die gesamte Familie in den Hungertod treiben. Andererseits brachte er es auch nicht übers Herz, die beiden einfach so wieder fortzuschicken und ihrem Schicksal zu überlassen. Was also sollte er tun?
    »Was sagt Ihr, Herr?«, fragte der Mann schüchtern und drehte nervös seinen abgetragenen, bereits mehrfach geflickten Fez in den Händen. »Könnt Ihr meinem Sohn helfen?«
    »Es gibt keine Anzeichen für eine körperliche Erkrankung deines Sohnes«, begann Ali zögernd, in der Hoffnung, dass ihm wie so oft beim Sprechen der rettende Gedanke käme. »Er hat offensichtlich keine Verletzungen erlitten, Ohren und Zunge sehen normal aus. Aber…« Ja, natürlich, das war es! »Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit. Manchmal wird eine Stummheit durch ein schreckliches Ereignis ausgelöst. Hat dein Sohn ein solches Erlebnis gehabt?«
    Der Mann legte seine Stirn in Falten und dachte angestrengt nach. »Ich glaube nicht, ich weiß aber nicht genau…«
    »Nun, du musst nicht in seiner Nähe gewesen sein. Aber es gibt andere Anzeichen, ob ein solches Ereignis stattgefunden hat. Fürchtet er sich vor dem Einschlafen? Träumt er schlecht, oder möchte er im Dunkeln nicht allein sein?«
    »Ja, das ist richtig, Herr!«, rief der Mann überrascht aus. »Woher wisst Ihr das?«
    Ali lächelte. Wieder einmal hatte ihm eine spontane Eingebung den richtigen Weg gewiesen. »Deinem Sohn kann geholfen werden.« Er öffnete einen Schrank und nahm eine kleine Phiole aus glasiertem Ton aus einem Kästchen. »Dies ist Orangenblütenöl. Gib jeden Abend einen Tropfen davon in eine Schüssel Wasser und bade deinen Sohn damit. Und wenn er sich zum Schlafen hinlegt, bleibe noch eine Weile an seinem Lager. Er hat offensichtlich einen Schock erlitten. Es wird einige Zeit dauern, und ich kann dir nicht sagen, wie lange, aber ich bin sicher, er wird wieder anfangen zu sprechen.«
    »Gepriesen sei Allah!«, rief der Mann aus und seine dunklen Augen wurden feucht. »Ihr seid wahrlich ein großer Arzt, Herr! Was bin ich Euch schuldig?«
    »Nicht doch…«, winkte Ali ab. Aber er hatte nicht mit dem Eigensinn des Mannes gerechnet – und mit seinem Stolz.
    »Nein, Herr, ich will Euch Euren Dienst bezahlen«, sagte er mit fester Stimme. »Ich habe auf dem Markt eine Ziege verkauft. Ich habe Geld.«
    Der Mann öffnete einen kleinen Beutel aus Ziegenleder und ließ das Geld hinausgleiten – auf seiner schwieligen Hand lagen ein Dinar und fünf Kupfermünzen. Ali schluckte, als er sich vorstellte, dass diese paar Münzen wahrscheinlich das gesamte Vermögen des Mannes darstellten – abgesehen von seinen Ziegen, einer Frau und sieben Kindern.
    »Du hast eine Ziege verkauft?« Ali tat, als wäre er enttäuscht. »Schade. Du musst wissen, ich liebe Ziegenfleisch. Ich wage ja gar nicht zu fragen, aber Zicklein sind in Buchara überaus teuer. Wenn du vielleicht statt des Geldes…«
    Über das magere Gesicht des Mannes glitt ein strahlendes Lächeln. »Soll ich Euch ein Zicklein bringen?«
    »Das würdest du wirklich tun?«
    »Mit Freuden, Herr! Unsere beste Geiß wird in ein paar Tagen Junge bekommen. Ich werde Euch ein schönes, zartes Zicklein bringen.«
    »Ich weiß gar nicht, ob ich das annehmen kann. Das ist viel zu…«
    Doch der Mann ließ ihn nicht ausreden. »Nein, Herr, ich bin Euch zu Dank verpflichtet. Ihr habt meinem Sohn geholfen.«
    »Du musst jetzt gehen«, sagte Ali und versuchte, seine Verlegenheit zu verbergen. »Es warten noch andere Kranke darauf, meinen Rat zu hören.«
    »Entschuldigt, Herr, dass wir Eure Zeit so lange in Anspruch genommen haben.« Der Mann ergriff den Saum von Alis Gewand und küsste ihn ehrfürchtig. »Allah möge Euch segnen. Er schenke Euch ein langes, gesundes Leben, Wohlstand und viele ehrbare Nachkommen.«
    Ali schob den Mann mit seinem Sohn hinaus und

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