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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prevost Andre
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spielten auf Instrumenten. Auf einem kleinen Brett lagen sauber aufgereiht verschiedene Werkzeuge, darunter eine Bürste aus Holz und mit Farbpigmenten gefüllte Tontöpfe. Dazu ein Stoß Papyrusblätter, die anscheinend als Vorlagen dienten, jedenfalls war auf jedem Blatt die gleiche Abfolge von Bildern zu sehen. Er war in Ägypten! Vielleicht in einer Pyramide!
    Er hielt die Lampe in die Höhe . . . die Wände waren bis zur Decke mit menschlichen Figuren oder Tierköpfen bemalt, umrahmt von unzähligen Schriftzeichen. Fantastisch!
    Plötzlich vernahm er aus dem Gang Geräusche: Schritte und gedämpfte Stimmen: »... und du hast ihn bis zum Hof zurückbegleitet?«
    Wer konnte es sein? Der Maler? Sam hatte gerade noch Zeit, den Docht der Öllampe auszupusten.
    »Bis zum Hof, wie du es befohlen hast, Meister. Er muss zum Tempel aufgebrochen sein, bevor die Arbeiter zurückkamen.«
    Zwei Personen. Eine singende, angenehm klingende Sprache.
    »Bist du sicher, dass er nichts ahnt?«
    »Ganz sicher. Er hat die Grabkammern besichtigt wie vorgesehen.«
    »Er hat nichts von irgendwelchen Dingen gesprochen, die zu dem Sarkophag gestellt werden sollten?« »Kein Wort.«
    Sam erkannte zwei Schatten, die im tanzenden Schein einer Fackel näher kamen.
    »Egal, wir müssen jedenfalls handeln, bevor die Kammer versiegelt wird.«
    »Die Totenfeier wird nicht vor der nächsten Dekade beginnen, Meister . . .«
    »Meinst du, das weiß ich nicht!«, erwiderte die andere Stimme scharf. »Deshalb habe ich doch dieses Datum festgelegt. In fünf Tagen haben wir Vollmond. Dann muss er im Tempel des Ramses das rituelle Bad nehmen. Zur sechsten Stunde der Nacht wirst du einen deiner Männer auf der Festungsmauer postieren. Ein Pfeil sollte genügen.«
    Das schlurfende Geräusch ihrer Schritte verstummte kurz vor dem Eingang zu dem Raum, in dem Sam sich versteckte. Der Lichtschein ihrer Fackeln erhellte die rückwärtige Wand. Ein riesiger Gott mit dem Kopf eines Falken starrte ihn mit seinem einäugigen Blick an. Würde er die beiden Verschwörer davon abbringen, den Raum zu betreten . . .
    »Und dann, Meister?«
    »Dann muss dein Komplize verschwinden – um den Rest kümmere ich mich selbst.«
    »Und . . . was ist mit dem Lohn?«
    »Ihr bekommt jeder sechs Säcke Weizen und sechs Säcke Gerste, wie vereinbart.«
    Sie machten kehrt, und ihre Stimmen verloren sich in der entgegengesetzten Richtung. »Du garantierst mir die Verschwiegenheit deiner Männer?«
    »Ja, Meister. Sie wissen, was für sie auf dem Spiel steht, wenn sie mich hintergehen.«
    »Der Aufruhr unter den Arbeitern wird uns nützlich sein, der Wesir wird seine Augen woanders haben. Meinst du, es könnte eine Revolte geben?«
    »Ich weiß es nicht, Meister. Die Gemüter erhitzen sich mit jedem Tag mehr und . . .«
    Den Rest des Gesprächs konnte Sam nicht mehr verstehen: Sein Herzklopfen übertönte ihr Geflüster. Wie gelähmt blieb er in seiner Ecke an die Mauer gepresst stehen, bis er spürte, dass sein Puls sich wieder beruhigte. Ein Sarkophag . . . der Tempel des Ramses ... Es stimmte, er befand sich im Zeitalter der Pyramiden!
    Erst als er kein einziges Geräusch mehr hörte, wagte er sich aus seinem Versteck. Zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren, wäre sinnlos, er musste weiter dem Gang folgen, in der Hoffnung, irgendwann auf einen Ausgang zu stoßen. Und das möglichst, bevor die Handwerker ihre Arbeit wieder aufnahmen!
    Wieder tastete er sich auf allen vieren vorwärts und erreichte schließlich einen Treppenaufgang. Etwas mehr als fünfzehn Stufen führten in ein weiteres, ebenfalls von Öllampen erleuchtetes Stockwerk. Staunend sah Sam sich um: Über ihm wölbte sich ein atemberaubender Sternenhimmel, und an den Seiten zogen ganze Heerscharen von Dienern eine riesige von oben bis unten vergoldete Barke. Darauf stand in der Mitte ein Mann mit aufwendigem Haarschmuck – der Pharao? Eine Hand reichte er einem Gott mit Hundekopf, die andere einem mit dem Kopf eines Widders. Samuel ärgerte sich, dass er in der Schule nicht besser aufgepasst hatte: Anubis, Thot, Horus, ein ganzer Schwall von Namen kreiste plötzlich in seinem Kopf, ohne dass er sie hätte zuordnen können. Im Vorbeigehen bemerkte er, dass er die Hieroglyphen nicht lesen konnte. Sein eingebautes Übersetzungsprogramm hatte seine Grenzen . . .
    Der Gang endete in einer Gabelung, und Sam entschied sich, nach links zu gehen. Wieder stieg er eine Treppe hinauf und spürte plötzlich drückende Hitze. Ein

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