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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prevost Andre
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wollen. Es war, als ob die Zeit der glücklichen Momente abrupt ein Ende gefunden hätte und jedes neue Glück die Erinnerung an seine Mutter beleidigen würde. Nichts sollte ihn von seinem Schmerz ablenken . . . Keine gemeinsam verbrachten Nachmittage mehr, keine Verschwörungen auf dem Nachhauseweg, keine Kissenschlachten mehr am Samstagabend, keine Ferien am Meer. Nichts mehr. In den darauffolgenden Monaten waren die Faulkners dann umgezogen. Sam hatte die Schule gewechselt, und Alicia war aus seinem Leben verschwunden.
    Aber nicht aus seinem Herzen. Wie oft hatte er sich gewünscht, nach Bel-Air zu fahren, an ihre Tür zu klopfen und ihr alles zu erklären: wie schuldig er sich fühlte, welche Vorwürfe er sich machte, dass er ihr so wehgetan hatte. Doch er hatte nie den Mut dazu aufgebracht. Seitdem waren mehr als drei Jahre vergangen. Ab und zu sah er Alicia in der Stadt. Sie war ein richtiges junges Mädchen geworden: schlank, hoch aufgeschossen. Die blonden Haare umrahmten ihr zartes Gesicht, ihr Gang war katzenhaft, elegant . . . Jedes Mal versetzte es ihm einen Stich. Zwei- oder dreimal hatte er die Nummer der Todds gewählt, dann aber doch wieder aufgelegt. Falls sie noch manchmal an ihn dachte, verfluchte sie ihn sicher. Wie sie sich verändert hatte!
    »Samuel, hörst du mir zu?«
    »Ha?«
    »Ich habe gerade gesagt, dass, wo du nicht da warst, Simon mit Maddy . . .«
    »Ach, ja?«
    Das Ende der Pause bewahrte Sam davor, Harold erklären zu müssen, warum er die ganze Zeit so abwesend war. Mr Maverick, der Naturwissenschaften unterrichtete, brachte ihn wieder auf den Boden der Tatsachen: Er gab ihm die letzte Klassenarbeit für dieses Jahr zurück, in der Sam nur mittelmäßig abgeschnitten hatte. Musste er sich langsam Sorgen um seine Versetzung machen? Das war zu befürchten. Seit sein Vater vor zehn Tagen verschwunden war, hatte er nicht viel für die Schule getan. Und jetzt bekam er die Quittung serviert, eine miese Note nach der anderen. Und offenkundig ohne eine Möglichkeit, es bis zum Ende des Schuljahres noch auszubügeln.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete er Maddy und Simon, die zwei Reihen vor ihm heimlich unter der Bank Händchen hielten. Maddy und Simon . . . die Party am Samstag . . . Sam spürte plötzlich, wie Eifersucht in ihm hochkroch: Warum passierte ihm so etwas nie?
    Ohne zu überlegen, hob er die Hand, nur um Maddys Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    »Entschuldigen Sie, kann ich Ihnen eine Frage stellen? Es hat nicht unbedingt etwas mit dem Unterricht zu tun, aber . . .«
    Maverick warf einen Blick auf seine Uhr, um zu sehen, wie viel Zeit er Sam schenken konnte, ohne seine Stunde zu gefährden.
    »Frag nur, Faulkner.«
    »Ist es möglich, die Zeit zurückzudrehen?«
    Die anderen starrten Sam an. Sicher fragten sie sich, was ihn denn gebissen hatte. Maddy ließ sogar Simons Hand los.
    »Nun, Faulkner, das ist eine interessante Frage . . . Und sie hat tatsächlich überhaupt nichts mit dem Stoff für heute zu tun!«
    Er grinste verschlagen: »Möchten Sie vielleicht gerne die letzte Woche zurückdrehen, damit Sie Ihre Aufgaben noch einmal überarbeiten können? Mir kam es auch so vor, dass Sie sich hätten besser vorbereiten sollen!«
    Es waren einige Lacher zu vernehmen.
    »Um es kurz zu machen: Gehen wir mal davon aus, dass es in der Theorie möglich ist, die Zeit zurückzudrehen. Zumindest für die Teilchen . . . Stellen wir uns vor, du befindest dich auf der Erde und dein Freund Harold auf dem Mars. Wenn du ihm um elf Uhr morgens ein ausreichend starkes Lichtsignal sendest, braucht es ungefähr fünfundzwanzig Minuten, um den Mars zu erreichen. Um elf Uhr fünf kann man demzufolge feststellen, dass dieses Signal seit fünf Minuten deiner Vergangenheit angehört, obwohl es für deinen Nachbarn noch Zukunft ist, da er ja noch zwanzig Minuten warten muss, bis er es bekommt. Das zeigt uns nebenbei, dass Zeit ein relativer Begriff ist: Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft sind für jeden von uns etwas anderes, abhängig davon, was wir sind und an welchem Ort wir uns befinden. Gut. Nehmen wir jetzt einmal an, Faulkner, du hättest eine Rakete, die doppelt so schnell fliegt wie dein Lichtsignal. Wenn du um fünf nach elf auf der Erde startest, wirst du mit größter Wahrscheinlichkeit dein Lichtsignal gegen zehn nach elf eingeholt haben. Anders ausgedrückt: Um zehn nach elf hast du deine Vergangenheit eingeholt! Und hättest in gewisser Weise die Zeit zurückgedreht . . . nach diesem

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