Die Steinernen Drachen (German Edition)
überlassen, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Der Köder hatte funktioniert und er war bereit mit ihr nach Laos zu reisen, um ... Ja, um was zu machen? Welche Aufgabe hatte Kham für ihn vorgesehen? Sollte er Lea davon überzeugen ihrem Volk beizustehen, das nach dreißig Jahren Krieg und Kommunismus am Ende war? Er wusste es nicht. Noch nicht!
Es ergab keinen Sinn, wenn man in Betracht zog, dass Kham der Chef des laotischen Geheimdienstes und Chin eine seiner Agentinnen war. Dadurch waren sie mit dem Phatet Lao verbunden. Folglich würden sie Lea, die letzte Tochter des ermordeten Monarchen, eher als Staatsfeindin denn als Retterin Laos’ ansehen. Lea zu finden, konnte nur gleich bedeutend damit sein, sie aus dem Weg zu räumen. Wofür brauchen sie mich? Wie er es drehte und wendete, nichts passte zusammen. Er hatte sich dazu hinreißen lassen, Chin zu begleiten, und war in die Maschinerie der Geheimdienste geraten. Gut, er hätte möglicherweise sein Leben gelassen, wenn nicht Ilka mit ihrer Kavallerie aufgetaucht wäre. Jetzt drängte sich aber das ungetrübte Gefühl auf, dass er dadurch vom Regen in die Traufe gekommen war. Auch die CIA wollte etwas von ihm!
Und zu allem Überfluss schien es noch eine dritte Partei zu geben. In den regennassen Straßen Bangkoks treibt sich jemand herum, der ein Auge auf mich geworfen hat. Jemand, der mir eine Waffe zugesteckt hat! Wer bist du mein Freund? Oder sollte ich besser fragen, was willst du?
Egal, wie viele Spieler auf das Feld geschickt wurden, alle suchten sie nach einer Antwort, ihn eingeschlossen. Nur war die Frage immer die gleiche? Wie groß war die Kluft zwischen Drachen und Atomwaffen? Mythologie und Realität? Lag darin die Antwort? Chin hatte über Zyklen philosophiert. Warum kam ihm das jetzt in den Sinn? Zyklen! Alles wiederholt sich! Sie hatte von den Tierkreiszeichen gesprochen und von der Wiederkehr metaphysischer Ereignisse. Zum damaligen Zeitpunkt passte ihr Gerede darüber in keine Schublade. Doch jetzt und sehr langsam bekam es eine Bedeutung. Frank kam zu dem Schluss, dass dieser Teil des Gesprächs von Chin nicht zufällig angerissen worden war. Damit wollte sie ihn in eine ganz bestimmte Richtung lenken. Drachen und Atomwaffen! Er kam nicht weiter. Es war da, vorhanden in seinem Kopf, aber er konnte es nicht zu Tage fördern. Bereits während seiner Unterhaltung mit Ilka hatte es sich angekündigt und zwar in dem Moment, als sie die Drachenberge erwähnt hatte. Aber auch jetzt löste der Name dieser Gebirgskette nur einen Reiz aus, nichts weiter als ein Kribbeln unter dem Zwerchfell. Drachen, Atomwaffen und Lea oder Le Ah, die Prinzessin!
Es ließ sich nicht zusammenführen. Die Puzzleteile waren vorhanden, ergaben aber keinen Sinn, egal, wie man sie aneinanderlegte. Eine Weile horchte er dem trägen Schnurren der Klimaanlage zu, doch eine einschläfernde Wirkung hatte sie nicht. Statt den Schlaf zu erzwingen, spulte er die Unterredung mit Ilka nochmals ab. Was sie ihm über Lea erzählt hatte, blieb rätselhafter als alles andere. Wenn neben Kham und seinem Geheimdienst auch die Chinesen hinter ihr her waren, warum ging sie dann das Risiko ein und arbeitete in einem Chinarestaurant? Oder war gerade dieser Widerspruch in sich das perfekte Versteck? Sich inmitten der Feinde aufzuhalten, um unentdeckt zu bleiben? War Lea genau dieses Risiko eingegangen? Je länger er darüber nachdachte, desto nachvollziehbarer wurde es für ihn. Lea versteckte sich in Deutschland, weit weg von ihrer Heimat und fand Unterschlupf bei ihren Jägern. Wer hat dein Geheimnis gelüftet und dich verraten?
Er fühlte sich plötzlich schuldig und suchte einen Grund dafür. War sie durch ihn aufgeflogen? Konnte das möglich sein?
Der Anschlag
8. Juli 2003
Später hatte er keine Erinnerung mehr daran, wann ihn der Schlaf übermannte. Er hatte sich unbemerkt angeschlichen und ihn auf leisen Schwingen in die Welt hinter den Spiegel mitgenommen. Die brachiale Feinfühligkeit seines neuen Freundes Ian hingegen, bescherte ihm ein unsanftes Erwachen. Mitten in der erholenden Tiefschlafphase, im Niemandsland zwischen zwei Träumen, rumpelte der blonde Koloss ins Zimmer und brüllte ihn aus den Federn. Laut Ian hatte er eine halbe Stunde Zeit, um sich fertigzumachen. Mehr Information gab es nicht. Die Tür knallte ins Schloss und es war wieder nur das Surren der Klimaanlage zu hören. Frank brauchte zirka drei Minuten, bis er begriff, dass es kein Traum war. Er
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