Die Steinernen Drachen (German Edition)
hörte er Ilka fragen. Seine Bemühungen, sich auf dieses entscheidende Detail zu konzentrieren, waren dahin. Er merkte Ilka an, dass sein Verhalten ihr Interesse geweckt hatte.
„Erzähl bitte weiter!“ Frank hoffte, dass sie nicht weiter nachhaken würde, was ihn kurzweilig so aufgewühlt hatte.
Ihr Blick haftete konzentriert auf ihm. „Was sagen dir die
Drachenberge?“, hakte sie nach.
„Nichts! Oder ... ich weiß es noch nicht. Wahrscheinlich
irre ich mich.“
Ilka glaubte ihm nicht. Sie war nicht gewöhnt ein Verhör aus der Hand zu geben und war kurz davor ihr Konzept zu verlieren. Er fragte sich, welche Privilegien er sich noch herausnehmen durfte. Nicht nur Lea schien für die CIA eine besondere Bedeutung zu haben. Ihm wurde klar, dass man seiner Person ähnliche Prioritäten beimaß. Was um alles in der Welt konnte an ihm so wichtig sein, dass die weltweit größte Geheimdienstorganisation intensives Interesse an ihm bekundete?
Wie um seine Gedanken zu zerstreuen, fuhr Ilka fort: „Die Meldungen über die Nukleartests hatten sich zu diesem Zeitpunkt bestätigt. Ehe wir in Richtung der Chinesen reagieren konnten, überschlugen sich die Ereignisse und brachten die Telefondrähte zwischen Langley und Washington zum Glühen. Plötzlich hieß es, die Chinesen machen mobil! Sie intervenieren ihrerseits auf die Tests und ziehen Truppen um das Bergmassiv zusammen. Unsere Leute in Peking gaben an, dass China ebenso überrascht über die Nukleartests in ihrer südwestlichen Provinz Yunnan war. Das konnte aus Sicht unserer Analytiker nur eins bedeuten: Die Atomwaffenversuche wurden von Laos durchgeführt.“
Er schnappte nach Luft. Das passte nicht zu dem, was er über das Land recherchiert hatte. „Woher hat eines der ärmsten Länder der Welt das Potenzial, beziehungsweise Kapital, um Atomwaffen zu produzieren?“
„Diese Frage bereitet uns seitdem Kopfschmerzen. Du kannst dir vorstellen, dass das Weiße Haus nahezu panisch auf diese Nachricht reagiert hatte. Die Nukleardiplomatie war und ist erschüttert. Bis heute konnten in unbestimmtem, aber sich steigerndem Rhythmus Erschütterungen gemessen werden.“
„Und Erdbeben sind ausgeschlossen?“
Sie schüttelte energisch ihre Lockenpracht. „Erdbebengebiete, sowie Störungszonen in der Erdkruste, werden von Satelliten im so genannten Radar-Interferometrie-Verfahren überwacht. Das erlaubt das Aufspüren ungewöhnlicher Verformungen der Erdkruste durch Beben. Zudem können damit Aussagen getroffen werden, wann und ob eine Störungszone zuletzt von Erdstößen heimgesucht wurde. Nichts von alldem trifft auf die Region in den Drachenbergen zu.“
„Keine Erdbeben?“
„Keine Erdbeben“, bekräftigte Ilka. „Der Öffentlichkeit gegenüber hat Laos die Erschütterungen als Erdbeben verkauft, was aber bewiesenermaßen eine Verschleierung falscher Tatsachen ist. Eine Untersuchung der Vorfälle durch die Atombehörde lehnt die laotische Regierung obligatorisch ab. Das Problem ist, dass bis zum heutigen Tag in dem unzugänglichen Gebiet keine nennenswerte radioaktive Strahlung gemessen werden konnte, die ein offizielles Eingreifen rechtfertigen würde. Und ein Alleingang der USA in Indochina ... na ja, ein gebranntes Kind scheut das Feuer und mein Land hat Vietnam noch lange nicht überwunden. Zum anderen konnten wir bis zum heutigen Tag nicht nachweisen, ob Laos auf den Schwarzmärkten der Welt waffenfähiges Plutonium erworben hat. Es fehlt uns bisher jeglicher Hinweis auf den Kauf von Atomwaffentechnik. Aber der illegale Handel von nuklearen Waffen und radioaktiven Komponenten läuft über unzählige Kanäle. Nichts ist so undurchschaubar und vielschichtig wie dieses Geschäft. Es dauert oft Monate, sogar Jahre, bis beispielsweise verschwundene
Atomsprengköpfe aus ehemals russischen Armeebeständen in einem lybischen Ausbildungslager für Terroristen auftauchen. Wie auch immer! Diejenigen mit genug Einfluss, Macht und Vertrauen innerhalb der laotischen Regierung, um spaltbares Material zu erwerben, sind nicht allzu breit gestreut. Und es gibt einen Namen, der ganz oben auf dieser Liste steht.“
„Lass mich raten. Kwan Kham!“
Sie spülte die Geschichte mit dem Rest ihres Kaffees hinunter, ohne seinen Verdacht zu bestätigen. Ian hatte sich irgendwann links von ihnen am Fenster postiert und starrte in die Nacht.
„Was hat Lea mit alldem zu tun?“, erkundigte sich Frank. Ilka hob die Schultern und die Geste wirkte ehrlich. „Sie ist die
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