Die Steinernen Drachen (German Edition)
jetzt dunkelrot und seine Augen traten weit aus den Höhlen.
Frank behielt seine verteidigende Haltung bei. „Wissen Sie, wo Lea ist?“
„Ist das Ihr Ernst? Sie fragen mich, wo sie sich verkrochen hat? Sie waren doch mit ihr zusammen. Sie haben sie doch vertrieben.“
Er war verblüfft. „Ist es das, was Sie glauben? Dass Lea wegen mir verschwunden ist?“
„Welchen Grund sollte sie sonst gehabt haben? Was auch immer Sie ihr angetan haben!“
„Ich habe ihr nichts angetan. Wie kommen Sie auf diesen Schwachsinn? Lea ist sicherlich nicht wegen mir abgehauen! Sie waren es doch, der sie nicht in Ruhe ließ“, warf er Kreutzmann an den Kopf. „Sie sind ihr weiterhin nachgestiegen und haben sie bedrängt, zu Ihnen zurückzukommen. Grund genug, die Flucht zu ergreifen.“
Kreutzmann stieß sich von der Tür ab und stürmte mit gesenktem Kopf auf ihn zu. Er machte eine fließende Bewegung wie er es im Aikido gelernt hatte und schickte den Angreifer damit auf den harten Betonboden. Der Aufprall presste dem Drucker die Luft aus der Lunge. Er war erstaunt über den Reflex und wie gut die Irimi-Nage-Technik in der Praxis funktionierte, die noch in seinem Gedächtnis hängengeblieben war. Bisher hatte er diese Form Selbstverteidigung nie außerhalb eines Dojos angewandt, nicht einmal mehr daran geglaubt, dass er es noch beherrschte.
Kreutzmann lag wie eine Flunder auf dem Steinboden und stöhnte. Er hatte sich beide Ellbogen aufgeschlagen und die Handflächen blutig geschürft. „Verdammtes Arschloch!“, stieß er hervor.
„Ich muss Lea finden. Kannst du mir irgendwas sagen, was mir weiterhilft? Einen Anhaltspunkt? Eine Äußerung von ihr? Hat sie mal Bekannte oder Freunde erwähnt, zu denen sie hätte gehen können?“
„Ich weiß nichts, verdammt! Lass mich mit dieser Scheiße in Ruhe! Lange Zeit hatte ich das Gefühl, dass ein Leben ohne Lea keinen Sinn macht. Ich bin froh, dass ich mich einigermaßen gefangen habe und mein Leben langsam wieder in Griff bekomme. Da tauchst du auf und stellst Fragen, die ich nicht hören will und die alles wieder aufkochen lassen. Was erwartest du?“
Er sah ein, dass Kreutzmann ihm nicht helfen konnte. „Wenn dir noch was einfällt - deine Schwestern wissen, wo du mich findest. Alles könnte wichtig sein. Bitte denk nach, Lea zuliebe!“ Mit diesen Worten verließ er die Tiefgarage. Auf der Rampe drehte er sich noch einmal um. Stefan Kreutzmann war gerade im Begriff aufzustehen. Frank fühlte sich an einen geprügelten Hund erinnert.
Pünktlich stand er hinterm Tresen. Zu seinem Bedauern war Olaf da – Olaf Lockmann, sein Chef und Besitzer von drei Szenenkneipen in der Stadt. In der Regel überließ er das Ten Forward völlig Sylvia und ihm, aber manchmal führte er Inspektionen durch, wie er es nannte.
Der Gastronom war einen halben Kopf kleiner als Frank und zwanzig Kilo schwerer. Er trug gerne bunt gemusterte Hemden, die lässig über seinen Bierbauch hingen. Im Laufe der drei Jahre, die er Olaf kannte, waren ihm die letzten, spärlich gesäten Haare ausgefallen. Doch dies schien seinem Ego keinen Abbruch zu tun. Lockmann war so von sich überzeugt, dass er nie im Traum darauf gekommen wäre, dass sein Erscheinungsbild nicht dem eines Frauenschwarms entsprach. Daher gab es auch nie Probleme zwischen ihnen. Sein Chef war stets der Ansicht, dass begehrenswerte Männer wie sie beide sich blendend verstanden.
In Olafs blank polierter Glatze spiegelten sich die bunten Neonröhren der Bierreklame hinter der Bar. Frank band seine w eiße Schürze um und wartete auf geschäftliche Anweisungen, aber Lockmann starrte ihn nur an. Für einen kleinen Moment glaubte er, dass Kham auch mit seinem Chef gesprochen hatte. Im selben Augenblick erschien ihm der Gedanke absurd. „Ist was?“
„Du hast zugenommen, häh“, sagte Olaf und lachte schallend.
„Hab’ ich nicht“, verteidigte sich er, aber der Barbesitzer winkte ab. „Wie läuft der Laden?“
„Was fragst du so blöd, du erhältst täglich die Abrechnung“, maulte Sylvia dazwischen, die gerade hereingekommen war.
„Charmant wie immer“, kommentierte Lockmann. „Hör mal: Ich überlege, eine Tabledance-Bar zu eröffnen und suche noch nach Mädels, die an der Stange tanzen. Wie wär’s?“
Sylvia sah ihn bitterböse an und Olaf grölte wie ein brunftiger Seeelefant. „War nur Spaß“, gackerte er.
„Was willst du hier?“, fauchte Sylvia.
„Euch auf die Finger schauen. Ist mein gutes Recht,
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