Die Steinernen Drachen (German Edition)
dass sich bei diesem Gedanken auftat. Durch Zufall hatte er zwei neue Verbündete gefunden, Polizeibeamte, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. War das nicht ein Lichtblick? Meinhans glaubte er zu kennen, aber inwieweit konnte er Xieng vertrauen? Sicher, der Laote hatte ihn aus Khams tödlicher Umklammerung befreit. Aber man hatte ihn in den letzten Wochen nicht nur einmal getäuscht. Kurz flammte Chins anmutiges Lächeln vor seinen Augen auf. Auch ihr hatte er vertraut. Und Ilka. Von Anfang an hatten sie ihn nur hintergangen und benutzt. Er nahm sich vor, jetzt mehr auf der Hut zu sein.
Die Fahrt dauerte bereits an die sechs Stunden. Noch in Vientiane hatten sie das Auto gewechselt. Soweit er verstanden hatte, saßen sie nun im Wagen von Xiengs Schwager, der eine kleine Baufirma unterhielt. Dort hatten sie den Geländewagen mit den verbeulten Kotflügeln und der verdreckten Pritsche ausgeliehen oder das Polizeiauto im Tausch zurückgelassen. Was genau Xieng ausgehandelt hatte, war ihm verborgen geblieben. Zu seinem Bedauern gab es wieder keine Klimaanlage. Die Hitze wurde von Kilometer zu Kilometer unerträglicher. Ein kurzer, heftiger Tropenschauer hatte die Luft nur unmerklich abgekühlt, dafür aber die Luftfeuchtigkeit über 90 Prozent getrieben. Ihr Proviant bestand lediglich aus drei Flaschen Wasser, die langsam zur Neige gingen.
Schon seit Stunden knurrte sein der Magen. Im letzten Sonnenlicht des Tages passierten sie Luang Prabang, die heimliche Hauptstadt und alte Königsresidenz Laos’. Über der Stadt sank die Sonne glutrot hinter die nahen Berge im Westen. Dann legte sich die Dunkelheit gewohnt schnell über die Ansiedlung und ließ den Goldglanz der Pagoden verglimmen. Bis dahin waren die Straßen noch einigermaßen befahrbar gewesen. Doch je weiter nördlich sie kamen, desto dürftiger wurde das Asphaltband, das sich durch eine lichterlose Welt wand.
Schließlich zwang sie die Schwärze der Nacht zum Anhalten. Müdigkeit und Erschöpfung stand den drei Männern ins Gesicht geschrieben. Xieng lenkte den Wagen in einen abschüssigen Waldweg. Etwa dreißig Meter von der Straße entfernt, stellte er den Motor ab und beugte sich über das Lenkrad. Nur wenige Minuten später hörte man sein leises Schnarchen. Frank drehte sich um und versuchte Meinhans in der Dunkelheit auf der Rückbank auszumachen. Der Kommissar schien ebenfalls schon zu schlafen. Er stieg aus und pinkelte in den Wald. Der Gesang von Millionen Insekten begleitete ihn. Durch den unbeschreiblichen Lärm der Kerbtiere befürchtete er nicht einschlafen zu können. Die Luft war heiß und feucht, viel mehr, als noch in Bangkok oder Vientiane. Sein T-Shirt hing wie ein nasser Lappen um seinen Körper. Der Schweiß brannte in den Abschürfungen seines Gesichtes. Die Schmerzen im Brustkorb waren wieder deutlicher zu spüren. Nein, er würde keinen Schlaf finden. Mit dieser Sorge setzte er sich zurück in den Wagen. Keine drei Minuten später fiel er in das Schnarchkonzert seiner Begleiter ein.
Die Nacht war kurz. Noch vor Sonnenaufgang orgelte Xieng mit dem Anlasser. Die hohe Luftfeuchtigkeit mitten im Regenwald, hatte dem Verteiler zugesetzt. Frank sah sich schon zu Fuß durch die tropische Fauna irren. Schließlich hatte der Wagen ein Einsehen und sprang an. Rückwärts manövrierte Xieng den Toyota wieder auf die Straße und sie setzten ihren Weg fort. Sie fuhren an unzähligen Reisfeldern und milchigen Tümpeln vorbei, in denen wiederkäuende Wasserbüffel standen. Gelegentlich hielten sie an, stiegen aus und streckten ihre Glieder. Meinhans jammerte unentwegt über seine Bandscheiben. In einem Dorf erwarben sie Melonen und Papayas von Frauen, die sich unter großen Strohhüten versteckten. Ferkel, Hühner und neugierige Kinder versperrten ihnen den Weg, bis Xieng die Dorfbevölkerung gegen Abgabe eines Bündels laotischer Kip zum Räumen der Straße bewegen konnte.
Dann kam der Regen, wie immer als Guss. In Sekunden war die Straße überflutet und ein Weiterfahren unmöglich. Sie warteten am Straßenrand und aßen ihre Früchte. Trotz der langen Fahrt hatten sie bis jetzt kaum miteinander gesprochen. Jeder hing seinen Gedanken nach. Das Schicksal hatte sie zusammengeschweißt. Sie waren auf der Flucht und es war die Zeit gekommen, um Pläne zu schmieden. Vor allem Meinhans sah man an, dass er nicht länger in diesem Wagen sitzen und die Hitze und Tortouren der Fahrt ertragen konnte. Der Kommissar forderte eine
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