Die Steinernen Drachen (German Edition)
sich seltsam schlapp. Mit jedem Kilometer, den der Toyota gefügig in sich hineinfraß, wurde er mürber, als würde er immer mehr von seiner Kraft verlieren, je weiter er nach Norden kam. Er schrieb es der Hitze und der Luftfeuchtigkeit zu. Das Klima war die Hölle und er sehnte sich nach einer kalten Dusche. Sein Mund war trocken, egal wie viel er trank. So weit war er gekommen und jetzt drohte sein Körper, kurz vor dem Ziel, zu versagen. Er war nass geschwitzt, als hätte er in seinen Klamotten gebadet. Nicht einmal Meinhans, der weiterhin seinen Mantel trug, sah ähnlich fertig aus. Und der Capitaine war das Wetter ohnehin gewohnt.
„Woher sprechen Sie eigentlich so gut deutsch?“, fragte Meinhans und unterbrach damit irgendwann das einschläfernde Dröhnen des Geländewagens.
„Ich war einige Monate in der DDR. Ein Privileg, polizeiliche Schulungsmaßnahmen vor etwa zwanzig Jahren. Damals war ich stolz darauf, dass es mich getroffen hat.“
„Ein Kulturaustausch der besonderen Art“, meinte der Kommissar überspitzt.
„Ich dachte, ich hätte längst alles vergessen, doch in letzter Zeit hatten wir ab und an deutsche Touristen und ich konnte ein wenig üben.“
„Wurden die auch so zuvorkommend behandelt wie ich?“, fragte Frank pikiert. Xieng ging nicht auf die Anspielung ein. Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Gegen Mittag erreichten sie ein Dorf. Der Laote bat die beiden Deutschen zu warten, stieg aus dem Geländewagen und blieb über eine Stunde verschwunden.
Der Kommissar und er vertraten sich die Beine und sahen sich um. Das Dorf lag an einem Fluss, auf dessen braunem Wasser ab und an gewaltige Baumstämme vorüber trieben. Kurz war er gewillt in die Fluten zu springen, um die Hitze in seinem Körper loszuwerden, überlegte es sich aber dann anders. Der Gedanke daran, was in dem schmutzigen Wasser alles lauern könnte, hielt ihn zurück. Nach einer Weile setzte er sich wieder in den Wagen. Kurze Zeit später kam Meinhans dazu.
Während der Zeit, in der sie warteten, umringte ein gutes Dutzend Kinder den Toyota. Große, neugierige Augen betrachteten die Insassen. Nach zwanzig Minuten der wachsenden Ungeduld, forderte Meinhans ihn auf, eine Zusammenfassung der Ereignisse zu geben. „Ich habe versucht das Geschehen zu ordnen, aber ich fürchte, ich blicke nicht mehr durch. Helfen Sie mir auf die Sprünge!“
„Wo soll ich anfangen?“
„Lea.“
Frank ließ seinen Blick über die zwei Dutzend Holzhütten mit den geflochtenen Bambuswänden schweifen, die auf knorrigen Stelzen stehend, teilweise ins brackige Wasser ragten. Hier war die Zeit schon vor hundert Jahren stehen geblieben. Es gab weder Stromleitungen noch Satellitenschüsseln. Neugierig musterte er die Kinder, sah unverdorbene Gesichter und ertappte sich bei dem Gedanken, dass er hier gern länger verweilen würde. Dann fiel ihm Meinhans ein, der auf Antworten wartete. Er drehte sich nach dem Polizisten um und blickte in dessen müde Augen.
„Lea?“, wiederholte dieser auffordernd und er nickte.
Kurz berichtete er, wie er sie kennenlernte und dass sie nach drei Wochen plötzlich verschwunden war.
„Was ist passiert?“
„Die CIA hat sie geschnappt.“
Der Kommissar wackelte mit dem Kopf. Einige spärliche Haarsträhnen klebten ihm auf der schweißnassen Stirn und seine Wangen wirkten eingefallen. „Ich glaube Ihnen das, Grabenstein. Nachdem, was gerade hier passiert, glaube ich, was Sie sagen. Aber was für eine Erklärung haben Sie dafür? Die Amis nehmen an, Lea ist eine abtrünnige, laotische Atomwissenschaftlerin. Sie behaupten jetzt, sie ist eine Prinzessin. Ich verstehe die Welt nicht mehr!“
„Ich habe schon überlegt, ob nicht Kham dieses Gerücht von der flüchtigen Wissenschaftlerin in die Welt gesetzt hat, um mit Hilfe der CIA und des chinesischen Geheimdienstes auf Leas Spur zu kommen. Oder was meinen Sie, wovor die Amerikaner am meisten Angst haben.“
„Vor Nuklearwaffen in den falschen Händen“, antwortete der Kommissar. „Aber wie passt zum Beispiel der Tod von Zhong da hinein?“
„Ich denke, er wollte Lea nicht verraten, weil er sie geliebt hat. Das war sein Verhängnis. Ich bezweifle, dass er wusste, worum es tatsächlich ging. Natürlich kann ich mich auch irren.“
„Und Kreutzmann starb, weil man gegen Sie ein Druckmittel in der Hand haben wollte. Dann verstehe ich nicht, warum Kham Ihre Spuren beseitigen ließ?“
„Er konnte nicht riskieren, dass Sie mich zu früh als Täter
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