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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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leer, bis auf die einzelne Seite einer Zeitung, die wie ein Unheil bringender Nachtvogel, vom Wind über den Asphalt getrieben, auf ihn zuschwebte.
    Seine Hände versuchten instinktiv wieder die Gewalt über den Wagen zu bekommen und kurbelten wie verrückt am Lenkrad. Er sagte sich, er müsse die Bremse lösen, um gegenlenken zu können, aber sein Bein stand wie ein Zementblock auf dem Pedal und wollte nicht gehorchen. Das Auto machte unvermindert, was es wollte. Es schrammte lautstark an parkenden Fahrzeugen entlang und raste unaufhaltsam auf die Rems zu. Die Schallwellen transportierten den Lärm von splitterndem Glas und sich verformenden Blechteilen mit kaum wahrnehmbarer Verzögerung an sein Ohr.
    Gleich nach der Brücke, bis kurz vor der Staustufe, war die Uferstraße nur durch einen Gehweg vom Fluss getrennt. Hundert Meter weiter hätte eine dichte Bepflanzung von Sträuchern und Bäumen zwischen Straße und Rems den Wagen abgefangen. Doch die Drift- und Drehbewegung des Fahrzeugs reichte nicht aus, um bis dorthin zu gelangen. Der Volvo schleuderte direkt auf den Fluss zu. Die Bordsteinkante des Fußwegs half der klobigen Front des Autos beim Abheben. Das von Wind und Wetter arg mitgenommene, morsche Geländer an der hochgezogenen Ufermauer vermochte dem zwei Tonnen schweren Wagen nichts entgegenzuhalten und knickte so widerstandslos weg, wie die vorgestanzten Zündhölzer in einem Streichholzbriefchen.
    Seine Augen traten weit aus den Höhlen, als sein Gefährt durch das Gitter über die Mauer hinweg, auf das im Mondlicht wie poliertes Aluminium glänzende Wasser zuflog. Drei Meter freier Fall, dann riss ihn der Aufschlag auf der Wasseroberfläche hart nach vorne, bis der Gurt ihn schmerzhaft stoppte und ihm die Luft aus den Lungen presste. Die Windschutzscheibe sprang und verwandelte sich in ein undurchsichtiges Spinnennetz. Wasser drang ein, umspülte seine Beine und obwohl der Sommer bisher heiß war, kam es ihm eisig kalt vor. Kalt wie der Tod!
    Der Volvo sank schnell. Der Gurt klemmte. Das tat er noch nie! Er spürte, wie die Panik den Schmerz vertrieb und eine klamme Furcht mitbrachte. Das Wasser näherte sich schnell der Türkante. Gleich würde es durch das offene Fenster eindringen. Es dauerte unendlich lange Sekunden, bis er endlich bemerkte, dass er die ganze Zeit am Verschluss des Beifahrers herumdrückte. Mit dieser Erkenntnis spülte sich der Fluss in den Innenraum. Das Auto kippte nach rechts weg und sank spürbar. Als der Gurt sich endlich löste, stand ihm das Wasser schon bis zum Hals.
    Er versuchte, auf der Fahrerseite aus dem offenen Fenster zu klettern. Eine unnachgiebig braune Flut drückte ihn auf den Beifahrersitz. Die trübe Brühe schluckte das spärliche Licht der Straßenlaternen und umhüllte ihn mit Finsternis. Völlig untergetaucht kämpfte er verbissen mit der Orientierung und gegen die wachsende Todesangst. In dieser Lage fühlte er sich aller Sinne beraubt. Selbst das Gurgeln des einströmenden Wassers war verstummt. Seine Lungen schrieen nach Luft. Urplötzlich stellte sich eine unerwartete Leichtigkeit ein und der Drang, sich ihr hinzugeben, wurde immer stärker. Selbst die Kälte war auf einmal nicht mehr unangenehm und erschreckend. Einfach loslassen, allem entfliehen!
    Tastend fanden seine Finger das Lenkrad. Er widerstand dem Reflex einzuatmen, vollführte eine Rolle und zog sich strampelnd daran hoch. Mit dem nächsten Griff war er am Fenster, schob sich durch die Öffnung und durchbrach die Oberfläche. Gierig schnappte er nach Sauerstoff. Die träge Strömung in Richtung der Staustufe reichte aus, um ihn hart gegen den Türrahmen zu drücken. Trotz des Adrenalins schoss ein heftiger Schmerz in seine Rippen. Das brackige Wasser schwappte nochmals über ihm zusammen, dann war er endgültig frei. Mit letzter Kraft zog er seine Beine aus dem Auto.
    Der Fluss zerrte an ihm. Gegen seinen Willen schluckte er Unmengen der stinkenden Brühe, bis er hüfttiefes Wasser erreichte. Der schlammige Grund saugte gierig an seinen Schuhen, aber er schaffte es, bis zur Ufermauer zu waten. Weitere zwanzig Meter flussabwärts, schreckte er zwei dösende Schwäne auf, die ihn wild anfauchten. Die bedrohlich großen Vögel zwangen ihn dazu, wieder ins tiefere Wasser zu springen. In respektvollem Abstand umrundete er die Schwäne.
    Je näher er an die Staustufe kam, desto penetranter wurde der Gestank. Die lang andauernde Hitzeperiode hatte dem Fluss nicht nur Niedrigwasser, sondern auch

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