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Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4

Titel: Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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den Recycler auf der Rückenplatte befestigen. Ganz einfach.
    Die Atemluft aus Recyclern roch komisch. Unangenehm manchmal. Aber wenn man länger als ein paar Stunden draußen sein wollte, kam man mit den normalen Rückentornistern nicht aus. Und Elinn hatte vor, länger als ein paar Stunden draußen zu sein.
    Wim Van Leer schlief unruhig in dieser Nacht. Immer wieder wachte er auf, griff nach seinem Computer und schaltete ihn ein, um nachzusehen, ob schon eine Bestätigung für seine letzte E-Mail da war. Nichts, so oft er auch schaute.
    Und in den Nachrichten war auch nichts. Nicht das, was er erwartete.
    »Was dauert denn da so lange?«, murmelte er jedes Mal, wenn er den Computer wieder ausschaltete und sich in seinem zerwühlten Bett auf die andere Seite drehte.
    Als er kurz nach drei Uhr Marszeit wieder einmal nachsah, hatte sich im Postfach etwas verändert. Allerdings war es nicht die erhoffte Bestätigung, dass sein alter Freund Jamar Bukharin die Mail erhalten hatte, die er ihm geschickt hatte, sondern ein Bescheid der KI, dass sie sich weigerte, die Nachricht überhaupt abzusenden. »Der Inhalt des Schreibens liest sich so seltsam«, schrieb die Künstliche Intelligenz der Marssiedlung, »dass eine verschlüsselte Botschaft vermutet werden muss.«
    Van Leer starrte den Bildschirm an. Allerhand. Für eine KI der 20er-Serie war das ganz schön clever.
    Der Statthalter hatte angeordnet, die KI mit dem Postcomputer zu koppeln, damit diese alle ausgehenden Mails zur Erde überprüfte, sodass nichts von dem, was geheim gehalten werden sollte, nach draußen drang. Das war natürlich Zensur und nach internationalem Recht verboten – aber wirksam. Man würde Pigrato deswegen eines Tages vor Gericht stellen, doch einstweilen war es unmöglich, jemanden auf der Erde über die aktuellen Ereignisse hier auf dem Mars zu informieren. Die KI las alle Mails und sie war nicht nur unermüdlich, sie war auch klug genug, um sogar Andeutungen und Umschreibungen zu erkennen.
    Und sie hatte recht: Die überaus umfangreiche Mail, die Wim Van Leer nach der erfolglosen Unterredung mit Pigrato an diesem Abend geschrieben hatte, war tatsächlich eine verschlüsselte Botschaft gewesen.
    Jamar und er hatten an der Universität einst spaßeshalber einen Code ausgetüftelt, um versteckt in einem normal und unverfänglich klingenden Schreiben geheime Mitteilungen zu übermitteln. Das Prinzip war schlicht und leicht zu merken: Wann immer eine Bezeichnung wie Onkel , Tante , Bruder oder dergleichen im Text auftauchte, galten die Anfangsbuchstaben der Substantive und Verben bis zum Ende des Satzes als Teil der Geheimnachricht. Tante Hedwig arbeitet in London in der Lohnbuchhaltung eines Obstgeschäfts ließ sich also beispielsweise einfach als Hallo entschlüsseln und ein Wort wie Gefahr konnte zu einem Satz werden wie Onkel Georg erwartet, dass Fachleute zuverlässig arbeiten, auch wenn der Hunger sich regt. Auf diese Weise ließen sich Informationen übermitteln, indem man seitenlang über die Schicksale und Eigenheiten einer imaginären Verwandtschaft schrieb.
    Kein besonders raffinierter Code, zugegeben, aber er hatte ihm schon öfter gute Dienste geleistet. Am Anfang seiner Tätigkeit als Journalist etwa war er in Shanghai gewesen, als die dortigen Verantwortlichen versucht hatten zu verheimlichen, dass in der Stadt die Pest ausgebrochen war. Man hatte ihn verhaftet, ihm jedoch erlaubt, hin und wieder private Mails zu schreiben – sein Stillschweigen, so die Befürchtung, hätte irgendwo Alarm auslösen können. Ein Zensor im Gefängnis hatte alle Mails gelesen, aber nicht bemerkt, dass in Sätzen wie dein Bruder Peter erlernt ja nun in Sizilien das Tanzen die Nachricht versteckt gewesen war, die Jamar Bukharin an Van Leers Redaktion weitergeleitet hatte. Die Verantwortlichen waren daraufhin ihrer Ämter enthoben und die Seuchengefahr gebannt worden, und Wim Van Leer hatte seine erste Ehrenmedaille erhalten.
    Doch die hiesige KI hatte Verdacht geschöpft! Unglaublich. Und das, wo er sich so große Mühe gegeben hatte, einen unverdächtig aussehenden Brief zu verfassen. Zwischen den Sätzen mit den Tanten und Onkeln konnte man ja beliebig viel schreiben, um dem Ganzen ausreichenden Lesefluss und Sinn zu geben.
    Van Leer griff nach dem Kommunikator und tippte die Nummer der KI ein.
    »Ich höre«, meldete sich eine sanfte, geschlechtsneutrale künstliche Stimme, wie sie für Künstliche Intelligenzen üblich war.
    »Wim Van Leer. Du hast

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