Die steinernen Schatten - Das Marsprojekt ; 4
habe die Raumfahrtbehörde angerufen. Die haben gesagt, sie kümmern sich darum.«
»Und wie soll das gehen?«, versetzte sie heftig. »Die können auch keine Wunder bewirken.« Sie legte die Hand auf Elinns Arm. Elinn wirkte bereits wieder völlig erledigt. »Auf der einen Seite darf sie sich nicht mehr lange auf der Erde aufhalten. Auf der anderen Seite kann sie erst in einem Jahr auf den Mars zurück. Was bleibt denn da noch?«
»Eine der Raumstationen«, sagte Carl. »Die meisten haben Bereiche mit verminderter Schwerkraft. Dort werden wir warten müssen, bis sich eine Passage nach Hause ergibt.«
Mr Nkari lehnte sich zurück und rieb sich unbehaglich den Hals. »Der Mann, mit dem ich gesprochen habe, hat nur etwas davon gesagt, dass …man der Sache nachgehen würde. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, bin ich mir nicht sicher, ob man mir überhaupt geglaubt hat.«
Carl blinzelte zur Sonne empor, als sie aus dem Haus ins Freie traten. Was für eine Kraft sie hatte! Ihre Wärme brannte regelrecht auf der Haut und es war so hell, dass einem die Augen wehtaten.
Die Wolken hatten sich jetzt weitgehend aufgelöst. Nun zeigte der Himmel jenes tiefe Blau, das Carl bis vor Kurzem nur von Bildern gekannt hatte. Sterne waren hier tagsüber wohl nie zu sehen, vermutete er.
Noch immer kostete es ihn Überwindung, ungeschützt ins Freie zu treten. Was er sich vor Amrita natürlich nicht anmerken lassen wollte.
Amrita. Ein schöner Name.
Die Anlage lag still und verlassen da, die Handwerker waren nicht mehr zu sehen. Mittagspause.
»In den ersten Wochen nach unserem Einzug hat gar nichts funktioniert«, erzählte Amrita. »Wir mussten Wasser aus Tanks verwenden, der Strom kam aus einem Generator, der einen Höllenlärm gemacht hat, und wir hatten bloß ein Satellitentelefon. Aber auf das war wenigstens Verlass. Seit das Kabel verlegt ist, kommt der Typ von der Telefongesellschaft jede Woche und es tut trotzdem nicht. Witzig, oder? Dabei hängt unser Terminal an derselben Strippe. Das verstehe, wer will.«
»Aber das Gerät im Büro funktioniert?«, vergewisserte sich Carl.
»Tadellos. Obwohl es ein Bildtelefon ist. Von denen heißt es, sie seien schon kaputt, wenn man sie auspackt.«
»Vielleicht sollte dein Dad sich auch so eins zulegen.«
Amrita lachte auf. Ein helles, perlendes Lachen. »Das habe ich ihm auch gesagt.«
Sie stieß die Glastür des Verwaltungsgebäudes auf. Kühle Luft schlug ihnen entgegen und vor allem war es im Inneren des Gebäudes wieder schattig. »Herrlich«, seufzte er.
Sie musterte ihn aufmerksam. »Du solltest dich eincremen. Sonst kriegst du im Nu Sonnenbrand.«
Carl schüttelte verblüfft den Kopf. »Ich kenne das Wort«, gab er zu, »aber ich hab mir nie was darunter vorstellen können. Bei uns zu Hause ist die Sonne eine kleine blasse Scheibe am Himmel. Dass man sich an ihrem Licht verbrennen könnte, auf die Idee käme man gar nicht.«
»Das ist hier anders.«
Er fuhr sich mit den Fingern über den Arm. Die Haut war empfindlich, tat fast weh. »Wahrscheinlich hast du recht.«
»Probier’s lieber nicht aus. Leute mit zu wenig Hautpigment unterschätzen die Sonne in Afrika gern.«
»Hab ich zu wenig Hautpigment?« Er musterte seinen Arm, der käsebleich war, mit einigen Sommersprossen und leicht gerötet. »Sieht fast so aus.«
Amrita deutete auf die Sommersprossen. »Das da ist ein netter Versuch, aber völlig unzureichend.« Sie drehte sich um. »Komm, du wolltest telefonieren.«
Im Inneren des Gebäudes war praktisch noch nichts fertig. Die Wände waren roher Beton, Rohre liefen kreuz und quer. Holzteile, die einmal eine große Empfangstheke werden sollten, lagen herum. Der Boden war voller Sägespäne, Staub und Mörtel. Hunderte von Kabeln hingen von der Decke und überall standen Leitern herum, wenigstens ein Dutzend.
Trotz alledem schien die Verwaltung ihren Betrieb schon aufgenommen zu haben. In einer halbwegs sauberen Ecke bogen sich drei Schreibtische unter Ordnern, Formularen und Bauplänen. Es sah richtig nach Arbeit aus. Ein Computer surrte emsig vor sich hin. Und da war auch das Bildtelefon.
Carl setzte sich davor und musterte es ratlos. »Ich fürchte, du musst mir zeigen, wie das geht. Und mir helfen, die richtige Nummer herauszufinden.«
»Was für eine Nummer?«
Er sah sie an. »Oder …wie geht das hier? Bei uns zu Hause hat jeder Kommunikator eine Nummer, und wenn man die kennt, kann man ihn anrufen. Wenn nicht, verbindet einen unsere
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