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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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müssen annehmen, daß Ihr ein Dämon seid. Erstens, gibt es keinen unserer Rasse mit nachtschwarzen Haaren und Augen. Zweitens, spricht Pansiu die Existenz aller anderen Rassen ab. Deshalb könnt Ihr kein Mensch sein und seid folgedessen ein Dämon.«
    Der Ältere flüsterte hinter der vorgehaltenen Hand:
    »Schweig, sprich kein Wort. Er wird den Ton deiner Stimme verfluchen…«
    »Ihr irrt Euch, ich versichere es Euch«, erklärte Ulan Dhor absolut höflich. »Hat denn schon einer von euch je einen Dämon gesehen?«
    »Nur Gauns.«
    »Und sehe ich einem Gaun ähnlich?«
    »Ganz und gar nicht«, gab der ältere Mann zu. Sein Begleiter deutete auf Ulan Dhors roten Mantel und die grünen Beinkleider. »Er ist offenbar ein Plünderer. Sieh dir die Farbe seiner Kleidung an.«
    »Nein, ich bin auch kein Plünderer«, wehrte Ulan Dhor ab.
    »Ich bin ein Mann wie andere auch…«
    »Es gibt keine anderen Menschen, nur die Grünen«, sagte Pansiu.
    Ulan Dhor warf den Kopf zurück und lachte. »Die Erde ist nichts als Wildnis und Ruinen, das stimmt wohl, aber es spazieren noch viele Menschen auf ihr herum… Verratet mir, ist die Stadt Ampridatvir auf jener Insel dort vor uns zu finden?«
    Der jüngere Mann nickte.
    »Und Ihr und Euer Freund, lebt Ihr dort?«
    Wieder nickte der Jüngere.
    Ein wenig besorgt meinte Ulan Dhor: »Ich dachte Ampridatvir sei eine uralte, verlassene Ruinenstadt.«
    Mit gewitztem Gesichtsausdruck fragte der Jüngere: »Und was sucht Ihr in Ampridatvir?«
    Ulan Dhor dachte, ich werde die Tafeln erwähnen und sehen, wie sie darauf reagieren. So erfahre ich, ob man noch etwas von ihnen weiß, und wenn ja, wie man hier zu ihnen steht. Laut sagte er: »Drei Wochen bin ich über den Golf von Melantein gesegelt, um Ampridatvir zu finden und mich dort nach bestimmten legendären Tafeln umzusehen.«
    »Ah!« rief der Ältere. »Die Tafeln! Also doch ein Plünderer.
    Es ist mir jetzt ganz klar. Sieh dir nur seine grüne Hose an.
    Ein Plünderer also für die Grünen…«
    Ulan Dhor, der aufgrund dieser merkwürdigen Identifizierung nun mit Feindseligkeiten rechnete, war überrascht über die offensichtliche Erleichterung der beiden Fischer, die aussahen, als hätten sie ein beunruhigendes Paradoxon gelöst. Na gut, dachte er, wenn sie es so sehen, kann es mir auch recht sein.
    Doch der Jüngere wollte absolute Klarheit schaffen. »Ist das so, Dunkelhaariger? Tragt Ihr Rot als Plünderer für die Grünen?«
    Vorsichtig antwortete Ulan Dhor: »Meine Pläne stehen noch nicht fest.«
    »Aber ihr tragt Rot! Das ist die Farbe der Plünderer!«
    Eine recht ungewöhnliche Folgerung, überhaupt eine merkwürdige Denkart, wunderte sich Ulan Dhor. Es ist fast, als wäre ihr Gedankenfluß von einem Felsen blockiert. »Dort, von wo ich komme«, erklärte er, »kann jeder die Farben tragen, die ihm gefallen.«
    Der Ältere sagte eifrig. »Aber Ihr tragt Grün, also habt Ihr Euch offensichtlich entschlossen, für die Grünen zu plündern.«
    Ulan Dhor zuckte hilflos die Achseln. Der Felsen blockierte wahrhaftig das Flußbett der Gedanken. »Wenn Ihr meint…
    Wen gibt es sonst noch?«
    »Niemanden. Niemanden sonst«, erwiderte der Ältere. »Wir sind die Grünen von Ampridatvir.«
    »Ja, aber bei wem plündert ein Plünderer dann?«
    Der Jüngere sah ein wenig unsicher drein und holte die Angelschnur ein. »Er plündert den zerfallenen Tempel des Dämons Cazdal. Er ist auf die verlorene Tafel Rogol Domedonfors scharf.«
    »In diesem Fall«, erklärte Ulan Dhor, »werde ich vielleicht tatsächlich ein Plünderer.«
    »Für die Grünen«, warf der Ältere ein und sah ihn von der Seite an.
    »Genug, genug«, wehrte der andere nun ab. »Die Sonne ist über den Zenit hinaus. Wir machen uns besser auf den Heimweg.«
    »Ja, ja«, pflichtete der Ältere ihm mit plötzlich erwachtem Eifer bei. »Die Sonne sinkt tiefer.«
    Der Jüngere blickte Ulan Dhor an. »Wenn Ihr vorhabt zu plündern, ist es wohl am besten, Ihr kommt mit uns.«
    Ulan Dhor warf ein Tau zum Kahn hinüber, dann setzte er sein Stoffsegel mit dem geflochtenen Binsensegel der anderen, und beide Boote nahmen Kurs auf die Küste.
    Die Nachmittagssonne spiegelte sich auf den sanften Wellen und verzauberte mit ihren Strahlen die bewaldete Insel, auf die sie zusegelten. Als sie das Ostkap umfuhren, kam Ampridatvir in Sicht.
    Niedrige Gebäude erstreckten sich am Hafen, und hinter ihnen erhoben sich Türme, derengleichen Ulan Dhor nie gesehen, ja sich nicht einmal hätte

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