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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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rutschte. Nur mühsam hielt er sich oben und beschloß, nicht mehr weiter als bis zur nächsten Biegung zu reiten und dann auszuruhen.
    Der Fels wuchs steil in die Höhe und verbarg den Himmel, wo die Sonne den Zenit bereits überschritten hatte. Der Weg krümmte sich um einen aus der Wand herausragenden Felsblock, dahinter war ein Streifen blauen Himmels zu sehen.
    Noch eine Biegung, nahm Guyal sich vor. Der enge Paß war plötzlich zu Ende, und die Berge lagen hinter ihm. Unter ihm erstreckten sich hundert Meilen Steppe, ein Land mit sanften Farben, zarten Schatten, die mit dem leuchtenden Dunst des Horizonts verschwammen. Er sah eine einsame Anhöhe, von dunklen Bäumen umgürtet, und zu ihren Füßen einen glitzernden See. Auf der anderen Seite, doch entfernt, fiel sein Blick auf etwas Grauweißes – Ruinen vermutlich. Das Museum der Menschheit? Nach kurzem Zögern beschloß Guyal, doch endlich abzusteigen und sich im Dehnbaren Ei den verdienten Schlaf zu gönnen.
    Die Sonne wanderte in melancholischer Majestät hinter die Berge. Düsternis senkte sich über die Tundra. Guyal erwachte und erfrischte sich in einem nahen Bach. Dann gab er seinem Pferd Hafer und stärkte sich selbst mit Trockenfrüchten und Brot, ehe er den schmalen Pfad bergabwärts ritt. Die Steppe zog sich nun weit vor ihm in trostloser Öde dahin, die Berge kauerten schwarz über und hinter ihm, ein kalter Wind pfiff ihm ins Gesicht. Die Dämmerung wurde allmählich zur Nacht, und die Steppe versank vor seinen Augen wie ein untergehender Kontinent. Zögernd zügelte Guyal sein Pferd.
    Wäre es nicht besser, erst am Morgen weiterzureiten? Wenn er des Nachts vom Weg abkam, mochte alles mögliche geschehen.
    Plötzlich vernahm er einen klagenden Laut. Guyal erstarrte, blickte sich um. Ein Seufzen? Ein Ächzen? Ein Schluchzen?
    Noch ein näheres Geräusch, das Rascheln eines losen Gewandes. Guyal duckte sich im Sattel. Durch die Dunkelheit schwebte unsagbar langsam eine Gestalt, ganz in Weiß. Unter der Kapuze glühten wie Irrlichter Augen in einem hageren Gesicht, tief eingesunken wie in die Höhlen eines Totenschädels.
    Sie wimmerte voll unbeschreibbarer Traurigkeit und schwebte über Guyal in die Höhe. Ein Luftzug schlug in sein Gesicht.
    Schaudernd holte er Atem und duckte sich noch tiefer auf den Pferderücken. Er kam sich nackt, hilflos vor. Verängstigt glitt er aus dem Sattel und zog das Dehnbare Ei über sich und sein Roß. Er bereitete sein Lager, dann legte er sich nieder und starrte in den dunklen Himmel, bis ein gnädiger Schlaf die schweren Gedanken von ihm nahm.
    Er erwachte noch vor Morgengrauen und brach sofort auf.
    Der Weg vor ihm war ein Band aus weißem Sand zwischen hohem, grauem Stechginster, das sich meilenweit dahinzog.
    Endlich führte es zu der Anhöhe, die Guyal von außerhalb des Passes gesehen hatte. Nun glaubte er Dächer zwischen dem Laubwerk zu bemerken und aufsteigenden Rauch. Und schließlich kam er zu bestellten Feldern links und rechts vom Weg, wo Narden, Raps und Metäpfel wuchsen. Guyal ritt etwas langsamer und hielt Ausschau nach Menschen.
    Auf einer Seite erstreckte sich nun ein Zaun aus Stein und schwarzem Holz. Der Stein war zu Säulen gehauen, die in vier Kugeln ausliefen. Das schwarze Holz diente als Brüstung und war zu exakten Spiralen geschnitzt. Hinter diesem Zaun lag nackte Erde, aufgewühlt, voll Krater, die obere Schicht verbrannt. Es sah aus, als wäre sie gleichzeitig von Feuer verwüstet und dem Hammer eines Riesen bearbeitet worden.
    Erstaunt betrachtete Guyal sie und bemerkte dabei die drei Männer nicht, die fast lautlos auf ihn zukamen.
    Das Pferd schnaubte. Guyal drehte sich um und sah jetzt erst die drei. Sie blockierten den Weg, und einer hielt den Zügel seines Schimmels.
    Große, gutgewachsene Männer waren es. Sie trugen hautenge dunkle Lederanzüge mit schwarzer Paspelierung. Ihre Kopfbedeckung war aus weinrotem Tuch, das in exakte Falten gelegt war, und lederne Ohrenklappen standen wie Handgriffe waagrecht ab. Ihre Gesichter waren länglich und ernst, mit klarer, leicht golden schimmernder, elfenbeinerner Haut, goldenen Augen und pechschwarzem Haar. Ganz ohne Zweifel waren sie keine Wilden. Ihre Bewegungen wirkten harmonisch.
    Sie musterten Guyal kritisch abschätzend. Ihre Kleidung deutete auf uralte militärische Disziplin hin.
    Der Führer trat näher an Guyal heran. Sein Gesichtsausdruck war weder drohend noch freundlich. »Seid gegrüßt, Fremder.
    Wohin des Wegs?«
    »Seid

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