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Die sterblich Verliebten

Die sterblich Verliebten

Titel: Die sterblich Verliebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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so dass er eintreten konnte oder nicht, sich ergeben oder niemals stattfinden, obwohl es eigentlich gar nicht vorgetäuscht, sondern tatsächlich so war; dass ich einen unvollkommenen Plan entwarf, mit viel Raum für Eventualitäten, damit ich vor mir selbst das Gesicht wahren und mir sagen konnte, dass ich letztlich zahlreiche Hintertürchen und Fluchtwege offengelassen hatte, nicht auf Nummer sicher gegangen bin, keinen Killer geschickt, niemandem befohlen habe: »Bring ihn um«; es kann nicht sein, dass ich zwei Personen dazwischengeschoben habe, drei sogar, Ruibérriz, seinen Handlanger, der die Anrufe übernahm, und den Penner, der sie empfing, damit ich mich fernab von der Vollstreckung wähnen konnte, von den nackten Fakten, wenn sie sich ergaben, im Fall, dass sie sich ergaben, die Reaktion des Parkeinweisers war keineswegs ausgemacht, er hätte alles ignorieren oder Miguel bloß beleidigen können, ihm einen Faustschlag versetzen wie seinem Chauffeur, mit dem er ihn verwechselt hatte, die Hetztiraden hätten auch von Anfang an auf taube Ohren stoßen und nicht die geringste Wirkung zeigen können, haben sie aber, ja und?; nein, es kann nicht sein, dass die Dinge fast entgegen aller Wahrscheinlichkeit nach Wunsch verlaufen sind und dadurch die Möglichkeit eingebüßt haben, bloß Spiel oder Wette zu sein, und zu einer Tragödie wurden, sicher jedoch zu einem angestifteten Mord, der mich wiederum zum indirekten Mörder macht, von mir stammte der Einfall, der Entschluss, den ersten Schritt zu tun, die gezinkten Würfel zu werfen, das präparierte Rad anzudrehen, ich war es, der gesagt hat »beschafft ihm ein Handy, vergiftet ihm sein Ohr, auf dem Weg gelangt man zum Geist, ob er gestört ist oder nicht; kauft ihm ein Messer, führt ihn in Versuchung, er soll es streicheln, öffnen und schließen, nur wer eine Waffe hat, kann sie auch benutzen wollen«; nein, es kann nicht sein, dass ich mich auf all das eingelassen, mir einen nicht zu tilgenden Fleck eingehandelt habe, damit es am Ende nichts bringt und mein Ziel nicht erreicht wird. Was für einen Sinn hätte es, dass ich mich vollgesogen habe mit Verbrechen, Verschwörung, Grauen, dass ich im Herzen auf ewig Betrug und Verrat trage, sie nicht abschütteln, nicht mehr vergessen kann, es sei denn für ein paar Momente der Entrückung oder der seltsamen Erfüllung, die ich nicht kenne, was weiß ich, dass ich Bande geknüpft habe, die bis in meine Träume reichen und die ich niemals werde kappen können, was für einen Sinn hätte es, wenn ich mein einziges Ziel nicht erreiche, wenn dieser Weg am Ende nur Ablehnung, Gleichgültigkeit oder Mitleid für mich bereithält, nichts als die alte Zuneigung, die mich auf meinen bisherigen Platz verbannt, wozu all die Schändlichkeit oder schlimmer noch, die Denunzierung, die Demaskierung, die Verachtung, der mir zugekehrte Rücken und ihre eisige Stimme, die wie aus den Tiefen eines Helms heraus spricht: »Mir aus den Augen, und zeige dich nie mehr vor meinem Blick.« Als wäre sie eine Königin, die auf immer ihren glühendsten Untertan verbannt, ihren größten Verehrer. All das kann jetzt passieren, kann leicht passieren, wenn diese Frau, wenn María gehört hat, was sie nicht sollte, und es ihr erzählt, dann kann ich noch so viel leugnen, der Zweifel wäre genug, um jede Chance zu zerstören, vollends zunichtezumachen. Von Ruibérriz habe ich gewiss nichts zu befürchten, deshalb habe ich gerade ihn mit der Sache betraut, ich kenne ihn seit langem, nie würde er plaudern, nicht einmal, wenn man ihn verhörte oder festnähme, wenn der Bettler ihn identifizierte und man ihn aufspürte, nicht einmal unter größtem Druck, denn es zahlt sich für ihn aus, und außerdem ist er verlässlich. Die anderen, Canella und der Anrufer, der ihm mehrmals am Tag die Töchter auf dem Strich in Erinnerung rief und ihn zwang, sie sich bei ihrer Arbeit vorzustellen, mit quälenden Details, der ihm den Wahn eingepflanzt und Miguel diffamiert hat, die beiden haben mich im Leben nicht gesehen, haben meinen Namen nie gehört, nie meine Stimme, für sie existiere ich nicht, es existiert nur Ruibérriz mit seinen Polohemden, seinen Ledermänteln, seinem lüsternen Lächeln. Aber von María weiß ich im Grunde nichts, ich spüre, sie verliebt sich gerade oder hat sich schon verliebt, zu rasch, als dass es nicht nur eine großzügige Entscheidung von ihr wäre, die sie noch jederzeit zurücknehmen kann, aus Überdruss, Groll, Besonnenheit

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