Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon
Gut in einer südlichen Grafschaft verwaltete. Man fand dies alles äußerst verwirrend. Mary schien für nichts zu leben als für ihren Gewinn, und auf den war sie in einer Weise aus, daß jeder nur noch den Kopf schüttelte. Ein Mann, der nüchtern kalkulierte und jedes gute Geschäft an sich raffte, das war in Ordnung, aber eine Frau? Insgeheim brannte man darauf, sie zu sehen, war aber durch ihr Desinteresse verletzt, und keiner mochte sich in seiner Neugier entlarven und den ersten Schritt tun. Eine Möglichkeit bot sich endlich, als Mary im Winter fortfuhr, Weizen und Futterrüben zu schamlos niedrigen Preisen anzubieten, und damit die anderen um ihren Gewinn brachte. Es wurde Zeit, diese Mrs. de Maurois über ein paar Regeln aufzuklären, nach denen man hier in Essex lebte. Die Männer der umliegenden Güter taten
sich an einem Dezembertag zusammen und ritten mit düster entschlossenen Mienen nach Marmalon hinüber, in den Ohren noch die aufgeregten Mahnungen ihrer Frauen, sich kein Detail der Fremden entgehen zu lassen und nachher genau zu berichten, welches Kleid sie trug, wie sie ihr Haar frisierte und ob sie hübsch war oder nicht.
Mary trat dem Trupp auf den Treppenstufen von Marmalon entgegen. Es war ein sehr kalter Tag, ein scharfer Wind wehte und frühe Dämmerung senkte sich über die Erde. Die Gesichter der Männer hatten sich vor Kälte bläulich verfärbt, ihre Mäntel wehten hinter ihnen her, ihre Pferde trippelten unruhig. Marys Kleid flatterte im Wind, ihre Haare fielen ihr aufgelöst über die Schultern. Obwohl sie blaß und müde aussah, strömte sie eine so deutlich spürbare Kraft aus, daß es die Männer faszinierte. Sie stand dort auf den moosdurchsetzten, zerbröckelten steinernen Stufen ihres alten Hauses, gehüllt in einen Fetzen von einem Kleid, und sie sah ihren Besuchern gelassen und hochmütig entgegen. Sie wirkte wie das leibhaftige Gegenstück zu den Frauen, die die Männer daheim in ihren Schlössern hatten, jene enggeschnürten, etwas schnippischen, kultivierten Damen, die ihre Haare unter bestickten Hauben verbargen und ihre schwammigen Körper unter stoffreichen Roben. Mary löste in den Männern die gleichen Empfindungen aus, wie es die Töchter der Bauern auf den Gütern taten, wenn sie, in grobes Leinen gehüllt, barfuß ihrer Arbeit nachgingen. Die Tatsache, daß Mary im Gegensatz zu den Bauernmädchen nicht verfügbar war, ließ die Männer nur noch gieriger, zugleich angriffslustig werden. Sie verspürten die gleiche Sehnsucht, sie zu verletzten, der auch Edward immer, dumpf und ohne Erkennen, verfallen war. Der schmale Hals reizte dazu, die kleinen Hände und der entschlossene Gesichtsausdruck.
»Mrs. de Maurois?« fragte der Erste, und sie nickte.
»Ja, die bin ich.«
»Wir sind Ihre Nachbarn.« Er wies reihum auf seine Begleiter. »Hadleigh von Sevenseas, Greene von Lillyriver, Fennimere von Broadoak House...« Es folgte eine Aufzählung von Namen, die Mary so rasch gar nicht aufnehmen konnte.
»Ich bin Sir Couday. Mein Besitz liegt westlich von Rosewood... oder Marmalon, wie es jetzt heißt.«
»Was kann ich für Sie tun?«
»Mrs. de Maurois, obwohl Sie sich uns nie vorgestellt haben, haben wir Sie mit einigem Interesse beobachtet. Besonders richten wir unser Augenmerk natürlich auf Ihre Angebote auf dem Markt.«
»Stimmt damit etwas nicht?«
»Das kann man sagen«, warf Greene ein, ein kleiner, vierschrötiger Mann mit stechenden Augen, »Sie unterbieten unsere Preise, Mrs. de Maurois!«
Mary zog ihr wollenes Tuch enger um die Schultern.
»Sind Sie gekommen, mir das zu sagen?« fragte sie kühl.
Die Männer starrten sie feindselig an.
»Diese Sitten sind hier nicht üblich«, sagte Couday betont höflich.
Mary lächelte herablassend und hatte in diesem Moment, ohne es zu wissen, große Ähnlichkeit mit ihrer Mutter.
»Soviel ich weiß, gibt es kein Gesetz gegen das, was ich tue.«
»Nein, aber wir leben hier nach ungeschriebenen Gesetzen.«
»Tut mir leid. Ich habe einen Besitz übernommen, den ich wieder zum Blühen bringen muß. Schnell und mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. Und es wird mir gelingen.«
»Sie machen sich sehr unbeliebt. Man wird Ihnen das nicht vergessen. «
»Ich kann es nicht ändern. Wenn ich Marmalon dorthin bringen will, wo ich es haben möchte, kann ich keine Rücksicht auf Ihre verletzten Gefühle nehmen.« Ihre Stimme klang klar und frostig. Die Dunkelheit verdichtete sich, die Gesichter der Männer waren
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