Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon
bist. Sie sagt, du bist krank und...«
»Ach!« Anne funkelte Mary an. »So? Krank meint sie. Wie edel, Mrs. de Maurois! Anne ist nicht böse, nicht verrückt, nicht heimtückisch. Sie ist krank. Arme Anne! Mit Kranken hat man Mitleid, nicht? Macht es Ihnen Spaß, mit mir Mitleid zu haben?«
»Sie täuschen sich«, entgegnete Mary kalt, »ich habe gar kein Mitleid. Aber krank sind Sie trotzdem. Was Sie gestern getan haben, war im höchsten Maße krank. Es ging auch um Ihren Kopf!«
»Der ist mir nichts mehr wert.«
»Anne!«
»Cathleen, ich sehe keinen Sinn mehr in meinem Leben. Wenn sie mich morgen in Tyburn hängten, es wäre mir gleichgültig!«
»Und wenn sie uns alle drei hängten?« fragte Mary scharf.
Anne lachte. »Dich baumeln zu sehen, Mary Askew, wäre das höchste Glück für mich. Wo kommst du schon her? Aus der Gosse, und die schönsten Kleider werden daran nie etwas ändern! Was du dir auch alles erschlichen hast, du bleibst immer Mary Askew aus dem Armenhaus, und zu allen Zeiten ist solches Gesindel früher oder später am Galgen gelandet!«
Mary zeigte keine Regung.
»Wenn Sie mich dorthin bringen, wo Sie mich so gern hätten, dann geht sie mit!« Sie wies auf Cathleen, die entsetzt in Tränen ausbrach.
Annes Lippen zuckten. »Du hast den Teufel auf deiner Seite. Solange Cathleen lebt, bist du sicher. Ich hätte keine Skrupel, mir uns beide auf einem dieser scheußlichen kleinen Karren vorzustellen, wie sie täglich nach Tyburn rollen. Aber Cathleen«, ihre Miene wurde weich, und ihre Züge gewannen etwas von ihrer längst vergangenen Schönheit zurück, »Cathleen, meine schöne, gute Cathleen, muß leben. Für immer. Was mir Spaß macht ist«, jetzt war wieder Hohn in ihren Augen und Grausamkeit auf ihren Lippen, »was mir Spaß macht ist, daß du, Mary Askew, nie ganz sicher sein wirst. Wenn Cathleen nur einen Tag vor dir stirbt... ah, wird dir
Angst? Du solltest sehr gut auf sie achtgeben. Wenn ihr etwas zustößt, sind wir die letzten beiden, die von jener Nacht in London übriggeblieben sind.« Sie warf den Kopf zurück und lachte schrill.
Cathleen weinte fassungslos. Mary bemühte sich, ungerührt zu bleiben.
»Wie dumm das ist, Anne. Ich fürchte mich vor niemandem, auch nicht vor Ihnen. Aber Sie sollten aufhören, Lady Cathleen noch weiter einzuschüchtern!«
Dies brachte Anne zur Besinnung. Ihr Kind, ihre Cathleen, weinte, und sie hatte sie dazu gebracht! Reuevoll wandte sie sich zu ihr um.
»Mary hat recht, ich rede dummes Zeug«, sagte sie, »bitte, Cathleen weine nicht. Es ist doch alles gut. Ich würde nie etwas tun, was dir schaden könnte!«
»Du sollst auch nichts tun, was Mary schaden könnte«, schluchzte Cathleen. Über ihre Schulter hinweg sah Anne Mary an. Die hob anzüglich die Augenbrauen. Mühsam bezwang Anne ihren Zorn.
»Nein, nichts, was Mary schaden könnte...« sagte sie mühsam.
Cathleen hob den Kopf. Sie sah herzzerreißend unglücklich aus.
»Warum hast du gestern Sir Hadleigh diese schreckliche Geschichte erzählt? Wolltest du, daß er mich nicht heiratet?«
»Ich wollte dich vor deinem Unglück bewahren.«
»Aber er ist mein Glück!«
»So wie Cavendor dein Glück war?«
Cathleen, entsetzt über Annes harten, kalten Ton, begann am ganzen Körper zu zittern.
»Das war etwas anderes, das war...«
»Das war das gleiche. Aber gut, du wolltest nicht auf micht hören. Nachdem ich, solange du lebst, für dich gesorgt habe und weiß, was für dich das Beste ist, vertraust du mir nicht genug, um mir zu glauben, wenn ich dich warne.«
»Aber du weißt ja nicht...«
»Was weiß ich nicht?«
»Du weißt nicht, wie es ist... wie es ist...« Cathleen stockte.
»Wie es ist, einen Mann zu lieben«, vollendete sie den Satz mit fester Stimme.
Anne starrte sie an. Dann lachte sie schrill und fiel in einen Sessel.
»Bei Gott, nein, das weiß ich nicht!« rief sie. »Und um nichts in der Welt will ich es wissen! Aber weißt du, was ich weiß?« Sie hörte auf zu lachen. »Ich weiß, wie es ist, ein Kind zu lieben. Eine Frau zu lieben. Wie es ist, dich zu lieben. Ich wollte für dich sorgen, Cathleen, solange ich lebe. Ich wollte alles für dich sein. Ich wäre für dich gestorben, wenn es hätte sein müssen. Ich habe Dinge für dich getan... «
»Was für Dinge?«
»Ich bin eine wohlerzogene, kultivierte Frau und ich bin hingegangen und habe... Oh«, sie lachte wieder, »wenn meine Mutter das wüßte. Oder deine!«
Mary sah sie aufmerksam an.
»Was
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