Die Sternenkrone
richtig schön und gemütlich. Es ist verblüffend, denkt sie, wie hübsch man sich mit Katalogmöbeln einrichten kann.
Im nächsten Moment kommt ihr zu Bewußtsein, daß sie im Begriff steht, sich an dieses Leben zweiter Wahl zu gewöhnen, und ihre gute Laune ist schlagartig dahin. Du liebe Güte, gibt sie sich im Ernst mit so etwas zufrieden? Hat sie jeden Wertmaßstab verloren? Ist sie ein Tier, das keine anderen Bedürfnisse hat als einen vollen Bauch, ein freundliches Tätscheln und ein wenig frische Streu auf seinem Lager?
Ihr Lächeln erstarrt. Nein. Sie darf und will nicht aufgeben und in der Mittelmäßigkeit ersticken. Noch ist sie Diane Fortnum, die hohe Ansprüche ans Leben stellt und sich nicht ohne weiteres ausschließen läßt.
Der Revolver in der Nachttisch-Schublade fällt ihr ein. Damit kann sie die Zukunft steuern. Wenn sich nicht von selbst eine Alternative ergibt, wird sie eben eine erzwingen. Aufgeben ist schlimmer als sterben ... Der Ausschluß ist in Wahrheit der Tod, der Verzicht auf das Ich.
Don ist in die Küche gegangen und kommt jetzt mit zwei Gläsern warmer Milch zurück. Er weiß, daß sie abends gern ein Glas Milch trinkt, weil sie dann besser einschlafen kann.
Sie steht auf und geht ihm unsicher entgegen. Don – das ist ihr zweites Problem. Nun, da seine Akne wie versprochen allmählich nachläßt, erweist er sich als ansehnlicher junger Mann mit kühn geschnittenen Zügen. Und seine Augen sind unbestreitbar schön – klar, warm und mit langen, dichten Wimpern, um die ihn jede Frau beneiden würde. Er hat ein intelligentes Gesicht, und es fällt schwer, ihn nicht zu mögen.
Bisher hat sie Mädchen verachtet, die sich vom Aussehen eines Mannes beeindrucken ließen. Die >sich verknallten<. Wenn sie ganz ehrlich ist, hat die Liebe in ihrem Leben bisher keine große Rolle gespielt – zumindest nicht bei ihrer Suche nach dem richtigen Mann. Liebe war in erster Linie ein Gefühl, das Männer anheizte, das ihr Macht über die Männer gab. Sie ist zutiefst davon überzeugt, daß sie niemals so etwas wie leidenschaftliche Liebe empfinden könnte, und bisher hatte sie keine Mühe, ihre Unberührtheit gegen die plumpen Annäherungsversuche der Jungs zu verteidigen. Auch jetzt steht für sie fest, daß sie Don nichtliebt; aber sie muß zugeben, daß sie seine Nähe als angenehm empfindet. Er ist liebenswert und verträglich, alles Eigenschaften, die bislang kaum zur Geltung kamen, da sie sich hinter seiner schlimmen Akne verbargen.
Während sie das gut kopierte Kleid abstreift, kommt ihr in den Sinn, daß Begriffe wie >angenehmliebenswert< immer häufiger durch ihre Gedanken spuken. Das Haus ist >angenehm<, das Leben ist >angenehm<. Verdammt noch mal, denkt sie wütend, angenehm ist nichts anderes als ein Synonym für >mittelmäßig<, und sie erinnert sich an das alte Sprichwort: Das Gute ist der Feind des Besten.
Etwas in ihrem Tonfall macht Don stutzig, als sie sich höflich für die Milch bedankt, aber er sieht sie nur forschend an und sagt nichts weiter. Sie legen sich schlafen, wie immer darauf bedacht, einen möglichst großen Abstand einzuhalten.
Und als Don im Schlaf nach ihrer Hand tastet, weicht sie noch ein wenig zur Seite.
Aber es läßt sich nicht leugnen, daß das Bett selbst immer schmaler zu werden scheint, zu schmal für zwei Leute, die krampfhaft jede Berührung vermeiden.
Die Tage vergehen, und zu Beginn der dritten Woche begleitet Fred sie auf einem Konvoi, der in regelmäßigen Abständen von Enklave 47 zum Strand fährt. Es ist ein großes Ereignis mit Zusatzangeboten wie Segeln, Wasserskilaufen und Muschelessen am Strand – und es erfordert ein zusätzliches Aufgebot an Soldaten, die von anderen Enklaven abkommandiert werden, um den Schutz der Teilnehmer zu gewährleisten. Das Wetter ist perfekt. Obwohl sie die Sicherheitszone nicht verlassen dürfen, genießen sie das lange vermißte Gefühl der Freiheit und Weite, und alle sind in glänzender Laune – selbst die Truppen, die sich in der Bewachung der Ausflügler abwechseln. Als sie bei Vollmond mit dem sandigen und etwas feuchten Bus heimfahren, ist die Straße völlig frei, sie singen oder dösen, und es gibt weder Bombenangriffe noch sonstige Zwischenfälle, die einen Schatten auf den Tag werfen könnten.
In dieser Nacht fallen sie todmüde ins Bett, und Don schläft ein, ohne auf Abstand oder sonst etwas zu achten. Di mustert seine entspannten Züge und rückt näher an ihn heran, bis sie seinen
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