Die Sternenkrone
vor uns! Und heute abend wachen wir gemeinsam in diesem Bett auf. Nur ein wenig älter, das ist alles. Ich verstehe, daß du den Augenblick hinauszögern möchtest. Mir geht es nicht anders. Aber nichts und niemand kann uns das wegnehmen, was wir hier erlebt haben. Die Erinnerung bleibt uns – und wir hatten das große Glück, in einem Zeitabschnitt zu landen, der zu den schönsten in unserem Leben gehört. Kopf hoch, Mädchen!«
»Oh, ich liebe dich so ...«
»Ich dich auch, mehr als alles auf der Welt ... Und heute abend geben wir Henry ein wenig Lebertran, ja? Sein Fell sieht ganz stumpf aus.«
»Du hast recht.« (Was sollte mit Henry geschehen? Dafür hatte sie noch keine Lösung. Aber Katzenwaren bekannt dafür, daß sie immer auf ihren Pfoten landeten. Wenn die Realität sich von selbst wieder einstellte, wie manche Leute behaupteten, dann hatte Henry gute Chancen, daß sich auch in Zukunft jemand um ihn kümmerte.)
Himmel, wie die Zeit rennt! Sie sind noch im Morgenmantel und frühstücken, als es elf Uhr schlägt.
»Laß doch das Kaffeegeschirr, Di! Das können unsere älteren Ichs abspülen.« Don faßt sie um die Hüfte und schiebt sie ins Schlafzimmer.
»Sollen wir eine Notiz hinterlassen?“
»Wozu denn? An diese Zeit werden wir uns erinnern, Mädchen!«
»Natürlich, wie dumm von mir.« Sie wirft sich aufs Bett und öffnet die Nachttisch-Schublade, tut so, als würde sie ein Kleenex herausholen.
»Glaubst du, wir sollen die Bademäntel ausziehen?«
»Allem Anschein nach ist es üblich, den Wechsel nackt zu vollziehen. Vielleicht, damit sich die Atome von Stoff und Haut nicht vermischen – oder so etwas.«
»Also gut, weg damit!«
Sie wirft den Bademantel über das Fußende des Betts. Don zieht sie an sich und nimmt sie ein letztesmal in die Arme. Und die Minuten – die Minuten rasen immer schneller. Sie hält ihn fest, als wollte sie ihn nie mehr loslassen. Dann fällt ihr plötzlich etwas ein.
»Don – lachst du mich aus, wenn ich dich um etwas bitte?«
»Wahrscheinlich ... Was ist es denn?«
»Ich ... ich habe solche Angst davor, mitansehen zu müssen, wie sich deine Züge verändern. Wie du dich veränderst. Könnten wir uns wie neulich Rücken an Rücken hinlegen und einschlafen? Es war so gemütlich. Ich ...«
»Ja.« Er nickt. »Frühgeborene überleben leichter, wenn sie die Haltung von Embryos einnehmen. Das ist eine altbekannte Erfahrung. Also gut, einverstanden. Aber warte ...«Er küßt sie ausdauernd. »So, jetzt darfst du dich umdrehen.«
Sie schmiegen sich Rücken an Rücken und genießen die Behaglichkeit dieser Stellung. Di streckt den Arm aus, holt noch ein Papiertaschentuch aus der Schublade und vergewissert sich, daß sie ohne Probleme an den Revolver herankommt. Ja. Immer sachte ... Mit einem mal rast die Zeit nicht mehr davon, sondern scheint stillzustehen.
»Ich möchte wissen, wo Henry ist.«
»Du liebe Güte, laß ihn ja nicht aufs Bett springen! Und steh auf keinen Fall auf, um ihn zu suchen – dazu reicht die Zeit nicht mehr.«
»Sekunde!« Don stützt sich auf einen Ellbogen und reckt den Hals. »Alles in Ordnung. Er liegt auf dem Sofa – ich kann seine Schwanzspitze sehen. Glaubst du, daß Henry ...«
»Schschsch! Wenn er seinen Namen hört, wird er nur neugierig und kommt her.«
»Du hast recht. Trotzdem würde ich gern wissen ...«
»Schschsch! Mach die Augen zu ... und denk immer daran: Ich liebe dich ...“
»Ich dich auch ... Hast du nicht auch das Gefühl ...“
»Ja, es geht los. Gute Nacht, mein Schatz ...“
»Ob unsere jüngeren Ichs ...« Seine Stimme wird leiser. Di spürt einen Nebel, der ihre Gedanken einzuhüllen droht. Sie ballt die Hände zu Fäusten. »Mein Liebster ...«
Sein Körper rollt schlaff zur Seite, die Atemzüge werden langsamer. Vorsichtig greift sie in die Schublade ... umklammert die Waffe. Und jetzt herausholen – sachte ... So ist es gut. Das Metall ist kalt ...
Das Zimmer beginnt zu zerfließen. Sie hat das Gefühl, in einen tiefen Wasserstrudel geraten zu sein. Ist Don bewußtlos? Sie hebt die Hand an die Schläfe und rollt unwillkürlich herum. Er rührt sich nicht, reagiert nicht. Das Wasser dringt in ihre Arme und ihren Körper ein. Sie löst sich auf. Nicht einschlafen! O Gott, ihre Lider fallen zu. Sie reißt sie auf, dreht sich mühsam zur Seite, so daß sie gerade noch Dons Rücken sehen kann.
Und dann geschieht etwas – das Licht scheint sich zu verändern. Ihre Augen sind wieder geschlossen, aber
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