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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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vorbei. Satan konnte die Anzeigetafel sehen, die sich über den Rängen erhob, aber die Skala darauf irritierte ihn – sie schien nur Gewinner anzuzeigen.
    »Wir können doch nicht zulassen, daß es Verlierer gibt«, erklärte Petrus. »Das Ziel ist, mit der höchstmöglichen Punktzahl unentschieden zu spielen. Ihr glaubt ja gar nicht, was für spannende Spiele wir erleben, wenn jedes Team dem anderen helfen muß, einen Sieg zu vermeiden.«
    »Hört sich wirklich interessant an«, stimmte Luzifer höflich zu. Und dann verfielen beide in Schweigen, denn sie betraten die Allee der Glückseligen, den langen Säulengang, von dem aus die in den Himmel emporgehobenen Seelen zum ersten Mal das göttliche Strahlen erblickten. Dieses Strahlen war noch nicht vollständig verblaßt, und als sie weitergingen, fühlte sich Luzifer ganz gerührt, als er sah, daß unter all dem renaissancehaften Prunk immer noch der alte steinerne Thron sichtbar war. Obwohl er darauf vorbereitet gewesen war, durchfuhr ihn ein innerlicher Ruck, als er den Blick erhob und feststellte, daß Thron und Estrade völlig leer waren.
    »Gebt acht.«
    Petrus pfiff und eine vorbeifliegende Taube ließ sich auf seiner Hand nieder. Der Heilige drückte an der Brust der Taube auf etwas, das aussah wie eine kleine Reihe Schalter. Augenblicklich vervielfältigte sich das Strahlen zu einem aufspringenden Fächer aus farbigem Licht, das die Estrade und alles wie ein Sonnenaufgang in einen funkelnden Glanz tauchte und das sich drehte und veränderte, während sie es beobachteten, bis ihnen die Augen fast übergingen. Gleichzeitig ertönte Musik, die abwechselnd in einem Crescendo anschwoll und wieder verebbte, was einen völlig verblüffenden Effekt erzeugte.
    »Wunderbar«, murmelte der Teufel. »Bravo!«
    »Wenn Ihr es bloß hättet sehen können, als ... als ...« Der Heilige brachte den Satz nicht zu Ende. Er brach in Tränen aus. Satan schaute rücksichtsvoll zur Seite und merkte, wie sich seine Kehle ebenfalls zusammenschnürte. Das wehmütige Gefühl von vorhin suchte ihn wieder heim, diesmal stärker. Es war eine richtige Schande. Warum hatte nicht alles so bleiben können, wie es gewesen war, eine ordentliche Ewigkeit lang?
    Statt die Fragen zu stellen, wegen denen er eigentlich gekommen war – über das Ableben des Herrn und die Probleme, die sich daraus für die Dreieinigkeit ergaben – hörte er sich selbst tröstend sagen: »Na, na, alter Freund. Vergeßt nicht, welch blendende Karriere er gemacht hat, für eine schlichte Nomadengottheit der Wüste.«
    »D-ddas stimmt«, schluchzte Petrus. »Verzeiht! Es ist bloß, daß – ooohhh.« Und er weinte wieder kurz und heftig.
    »Keine Ursache«, sagte der Teufel rauh. »Ich versichere Euch, Ihr habt mein vollstes Mitgefühl.« Als er sah, daß der alte Heilige ziemlich durcheinander wirkte, fragte er in freundlichem Ton: »Nun erzählt mir doch mal, was Ihr eigentlich mit all dem hier vorhabt?«
    Petrus schluckte und schnaubte sich die Nase. »Naja, zuerst wollten wir eigentlich alles so lassen, wie es ist. Schließlich besteht ja immer noch die Möglichkeit, daß ... daß ... Bitte, entschuldigt. Wir wollten es im alten Zustand erhalten, aber dann haben einige der oberen Chargen Gerüchte gehört, daß der Platz gebraucht würde. Wofür, wissen wir nicht. Nun, wir haben ja immerhin bis jetzt hier den Löwenanteil besessen, es ist also wahrscheinlich nur gerecht so. Deshalb veranstalten wir nun so etwas wie einen Ausverkauf. Die Anhänger Allahs haben bereits ein Angebot für das Tonsystem gemacht. Die beten ja so oft. Außerdem erleben sie gerade so etwas wie eine neue Blütezeit.« Petrus nickte. »Und von den Pflanzen wollten sie auch einiges. Ich glaube, sie mögen Blumen wirklich sehr. Eine Shintosekte hat nach Zeit gefragt. Sie interessieren sich wahrscheinlich für die Ziergärten. Und die Bodenbeläge sind überhaupt kein Problem. Aber alles andere – und der ... ach, ich weiß nicht, was wir machen sollen. Es ist so furchtbar. Ein paar der Cherubim sind gar nicht imstande, in einer anderen Umgebung zu existieren ...« Petrus begann wieder zu weinen.
    Satan merkte, daß er, gerührt durch den Kummer des Heiligen, gedankenverloren ein ziemliches Stück aus dem blumigen Rasen herausgeklaubt hatte. Er plazierte es vorsichtig wieder an seine Stelle und überlegte.
    »Es wäre wirklich eine Schande, wenn hier alles auseinanderbräche«, sagte er. »Laßt mich nachdenken! Mir gehen da einige

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