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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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ist, sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Als die Mitglieder des Brautzuges aus ihren Gemächern treten, um sich zu einer Prozession zu formieren, postiert sich ein Mann in weißer Jacke neben der Tür zum Gemach der Königin, und von draußen dringen die unverwechselbaren Töne einer soeben ankommenden Ambulanz herein.
    »Die Königin ist schwerkrank! Die Hochzeit wird ... verschoben!«
    »Sie haben die Möglichkeit, meine Herrschaften, in draußen bereitgestellten Fahrzeugen zum Palast zurückzukehren – oder sich an einen beliebigen anderen Ort bringen zu lassen«, erklärt der Ratsherr. Diener erscheinen plötzlich, bereit, den Hochzeitsgästen zur Hand zu gehen.
    Der Prinz drängt sich durch die Menschenmenge in das Gemach, wo seine Königin liegt. Ein Blick auf die Tatenlosigkeit rundum genügt ihm.
    »Warum tut ihr nichts?« fragt er die Ärzte, die sich um Gräfin Verdant versammelt haben. »Versucht doch, sie wiederzubeleben, verdammt noch mal! Laßt mich vorbei – dann werde ich es tun!«
    Man hält ihn zwar zurück, aber erst nachdem seine Finger bereits die eiskalte Haut seiner Liebsten berührt haben; und diese Eiseskälte wirkt überzeugender als Worte. Er starrt hinab auf sie, und sein Herz bricht.
    Doch eine wilde Hoffnung bleibt ihm ... Zuviel Verwirrung hat es heute schon gegeben. »Laßt mich fünf Minuten lang mit ihr allein! Ich verlange dies, es ist mein Recht!«
    »Wie Ihr befiehlt, Majestät«, erwidert Gräfin Verdant und bedeutet den anderen mit einer Handbewegung, den Raum zu verlassen. Und als sie sich anschickt, den anderen zu folgen, sagt sie mit ruhiger, leiser Stimme zu ihm: »Denk nicht mehr an Muttermale oder Schönheitsfleckchen oder ähnliches, mein armer junger Prinz! Das eine, das du zu Gesicht bekommen hast, habe ich ebenso rasch wieder entfernt, wie ich es aufgetragen habe. Du mußt verstehen, die Königin hat sich die Sache mit dem Double ausgedacht, um den Anstand ein wenig zu wahren, um ihrer eigenen Schamhaftigkeit Genüge zu tun. Das war schon die Königin selbst, mit der du zusammen warst.«
    Er blickt sie schweigend an, und seine letzte Hoffnung schwindet. Er hat, so erkennt er, Amoretta sehr geliebt, und nie mehr als gerade jetzt ...
    Wir wollen ihn nun während der wenigen Minuten ungestörter Trauer alleinlassen, welche auch Königen und Prinzen gegönnt sind.
    Als diese vorbei sind, tritt der Ratsherr ein. Er kommt mit einem Vorschlag.
    »Ich will dich nicht mit meinen Beileidsbezeugungen quälen. Dieser Tod hat auch mich zutiefst berührt. Aber es gibt jetzt soviel zu erledigen. Ich nehme an, du würdest es vorziehen, für einige Zeit in dein Heimatland zurückzukehren ... Du wirst verstehen, daß gegenwärtig dein ... äh ... Image hier ziemlich ramponiert ist.«
    Als ihn der Prinz verständnislos und mit gerunzelter Stirn ansieht, fügt der alte Mann hinzu: »Fräulein Victoria Ntutu.«
    »Wer?«
    »Die Priesterin, mit der du dich ... äh ... teilweise verheiratet hast.«
    »Oooh.« Er vergräbt die Stirn in den Händen. »Was soll ich nur tun? Ich will nicht, daß die Familie ...«
    »Hör zu! Der internationale ecologiabellanische Nachtexpreß fährt in Kürze ab. Ich erinnere mich daran, daß du die Reise hierher darin sehr genossen hast, und so habe ich mir die Freiheit genommen, den königlichen Waggon an sein Erste-Klasse-Abteil anhängen zu lassen. Ein Wort von dir genügt, und ich lasse dich inkognito dorthin bringen. Dein Gepäckwird dich schon erwarten. Morgen um die Mittagszeit bist du in der Hauptstadt deines Landes, nach einer erquickenden Nacht und einem Vormittag des Friedens und der Ruhe. Was sagst du dazu?«
    Nicht eine Sekunde lang schwankt der Prinz.
    So verbringt also Adolesco seine Hochzeitsnacht – und sie ist so ruhevoll und angenehm, wie sie unter den Umständen nur sein kann. Und merkwürdigerweise ist dies auch seine letzte Nacht als Prinz.
    Einem glücklichen Umstand, welchen auch die Ratsversammlung von Ecologia-Bella nicht imstande wäre noch zu verbessern, ist es zu verdanken, daß seine Mutter, Königin Porcellana, sich jetzt infolge des exzessiven Genusses von Sauerstoff kombiniert mit dem Entzug bestimmter Nahrungsmittelzusätze, von welchen eine gewisse körperliche Abhängigkeit durchaus entstehen kann, außerordentlich elend fühlt. Sie verlangt, augenblicklich aus diesem gräßlichen Land weggebracht zu werden.
    So befiehlt König Puerco Volante also den königlichen Jet herbei, unbeirrt von der Tatsache, daß das Wetter nach

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