Die Sternenkrone
Krebsgeschwür? Niemals! Er würde hier sterben, irgendwie würde er es schaffen.
Dieser Entschluß brachte ihm eine kleine Erleichterung. Aber als er wieder in einen Dämmerschlaf abglitt, kam die Erinnerung erneut, und damit die kurze Berührung von blutigen kleinen Händchen, die nach ihm grapschten, während er mit der Machete zustieß. Er schrie und wachte auf.
Einige Zeit später streckte die kleine blonde Schwester den Kopf herein. »Es geht Ihnen besser!« stellte sie strahlend fest. »Gut so, heute bekommen Sie Ausgang auf den Flur. Nichts wie raus mit Ihnen!«
Er schaffte es kaum; sie mußte ihm behilflich sein, während er sich mühsam mit dem Rücken an der Wand entlang voranbewegte. Sie führte ihn durch den Gang. Er blinzelte; er hatte vergessen, daß es auf der Welt noch etwas anderes gab als dieses Zimmer der Folterqualen. »Am besten üben Sie ein bißchen, damit Sie es schaffen, zum Essen zu gehen. Sie werden Ihre Mahlzeiten demnächst im Tagesraum erhalten, die Bedienung am Bett ist zu Ende.« Irgendwie waren sie am Gitter am Ende des Korridors angekommen. Er hielt an und schaute mit trüben Augen hindurch.
»Wenn das Essen serviert wird, schließt man hier auf«, erklärte sie ihm. »Jemand wird Ihnen Bescheid sagen.«
Bei der Erwähnung von Essen würgte es ihn wieder, aber er erbrach sich nicht. Sie begleitete ihn, als er sich wieder mit dem Rücken an der Wand zurück zur Nummer 209 arbeitete. »Üben!« wiederholte sie aufmunternd. Als sie wieder im Zimmer waren, bemühte er sich, auf die Toilette zu kommen, schaffte es aber nicht. Als der Krampf vorbei war, half ihm Miss Plastik wieder ins Bett. Irgendwoher hatte sie einen Wischlappen aufgetrieben.
»Das war jetzt das letzte Mal. Von jetzt ab erwartet man von Ihnen, daß Sie ihr Zimmer sauberhalten. Ich lasse den Lappen noch für eine Zeit hier in der Ecke.« Mit geschickten Händen wrang sie ihn über der Toilette aus und wusch sich die Hände in der Schüssel; ihr Gesicht lief rot an. Ihm wurde bewußt, daß diese Szene sich schon zuvor wer weiß wie oft so abgespielt haben mußte.
Er wußte nicht, wie er diesen Ausflug noch einmal schaffen sollte, ganz zu schweigen davon, etwas zu essen, aber zur Zeit der Essensausgabe steckte der größere der Pfleger den Kopf herein und befahl ihm, herauszukommen. Er taumelte in den Korridor und fand ihn mit Hunderten von Leuten – so kam es ihm vor – bevölkert. Der Mann, der aus der Nummer 207 kam, war vom Haaransatz bis zu den Schultern lückenlos verbunden, nur drei schwarze Löcher ließen seine Augen und den Mund sehen. Verwirrt tastete sich Don im Strom der Menge an der Wand entlang zu dem offenen Gitter, wo er ein großes fahrbares Etagengestell mit vielen Tabletts vorfand. Ein Mann neben ihm sagte: »Such deinen Namen.« Als er sah, wie hilflos Don war, fragte er: »Wie heißt du?«
»Still.«
»Smith?«
»Nein ... Still.«
Der Fremde klopfte an eine Etage. »Hier ist es. Nimm es, und setz dich an den Tisch und iß, sonst nimmt man es dir weg!«
»Danke.«
Zitternd trug Don das Tablett zu einem freien Platz. Die Suppe war ringsum übergeschwappt. Trotz seiner Schwäche gelang es ihm, die Schale hochzuheben und etwas davon zu trinken. Überraschenderweise schmeckte sie gut. Er trank sie ganz aus. Auf allen Tabletts stand das gleiche nachgiebige weiße Plastikgeschirr, wie bei billigen Fluglinien. Kein Metall.
Als er aufstand, zupfte ihn jemand am Ärmel. »Trag dein Tablett zurück, oder sie kriegen dich am Arsch.«
»Oh ... danke.« Er hob das eisenschwere Tablett auf, dankbar für die merkwürdige Kameradschaft in diesem Höllenloch. Die anderen waren durch die Mühle von Miss Plastik und ihren Kraftprotzen gegangen, sie wußten, wo es langging. Er bemerkte ein paar Männer, die rhythmisch mit den Knien zuckten und mit den Füßen stampften. Er wußte, was sie fühlten – das abscheuliche, unbesiegbare Jucken. Würde das jemals ganz verschwinden?
Als er in Nummer 209 zurückkam, war die nette schwarzhaarige Schwester dabei, sein Bett mit frischer Wäsche zu beziehen.
»Oh, danke.« Er sackte auf dem Stuhl zusammen.
»Und hier ist noch ein sauberer Schlafanzug.« Ihm wurde bewußt, daß er in seinem verschwitzten, kotverschmierten herumgelaufen war. Mein Gott, wie mußte er stinken!
»Sie können sich jederzeit in der Wäschekammer einen sauberen holen. Sie befindet sich gegenüber den Duschen, in der Nähe des Tagesraums.«
»Duschen?“
»Genau! Aber Sie müssen der
Weitere Kostenlose Bücher