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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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safrangelbem Zimmer im ersten Stock.
    Er lugte durch die halboffene Tür. Die Nachttischlampe war heruntergedimmt und warf einen schwachen Lichtkegel auf die kleine Gestalt unter der Bettdecke. Als er ins Zimmer trat, sah er, dass Charlotte fest schlief. Sie hatte die Decke bis unter die Nase gezogen, doch eine kleine Hand guckte heraus und war nach der leuchtend blauen Haarschleife ausgestreckt, die auf der Kante des Nachttischs lag.
    Er setzte sich auf die Bettkante und strich ihr die Haare aus der Stirn. Sie rührte sich nicht. Behutsam beugte er sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Augenbraue, wobei er darauf achtete, sie nicht mit seinen Bartstoppeln zu pieksen. Dann schob er ihre Hand unter die Decke.
    Er war froh, dass er heimgekommen war.
    Auf Zehenspitzen schlich er sich hinaus, um nach den Jungs zu sehen, und konnte erfreut feststellen, dass Toby mit etwas relativ Harmlosem beschäftigt war – er baute eine Eisenbahn auf dem Boden seines Zimmers.
    Kit las ein Buch – jedenfalls hatte er eines in der Hand, doch als Kincaid eintrat, sah er, wie der Junge rasch sein Handy unter der Bettdecke verschwinden ließ.
    Kincaid sah ein, dass Gemma recht hatte, aber das doppelte Problem von Kits Handynutzung und seinem Verhältnis zu seiner Cousine würde noch ein wenig warten müssen. Im Moment beschäftigten ihn andere Dinge.
    Nachdem er mit den Jungs geredet hatte, ging er wieder nach unten, wo ihm Gemma schon einen Teller mit seiner Pizza hingestellt und ein Glas Rotwein eingeschenkt hatte. Sie hatte die Flasche Bordeaux aufgemacht, die er für einen besonderen Anlass beiseitegelegt hatte.
    Kits Terrierhündin Tess lag oben am Fuß seines Betts, doch Geordie war bei Gemma in der Küche geblieben. Jetzt machte er es sich auf dem Boden bequem und legte mit einem Seufzer den Kopf auf Kincaids Fuß. Sid hockte etwas abseits auf einem Stuhl und beäugte gierig die Pizza. Der Kater war einfach unverbesserlich, er versuchte immer wieder Essen zu stibitzen.
    Gemma trank Tee und hatte einen Stapel Papiere neben ihrer Tasse liegen. Als er danach griff, legte sie ihre Hand auf seine und sagte: »Iss erst mal was.«
    Gehorsam aß er ein Stück von der Pizza mit seinem Lieblingsbelag und trank ein halbes Glas Wein. Aber er hatte keinen Appetit, und der Wein, den er eigentlich in Ruhe hatte genießen wollen, hinterließ einen galligen Geschmack in seinem Mund.
    Er dachte an das Feuer, das einladend im Wohnzimmer brannte. Doch sie saßen hier, in der Küche, wo alle wichtigen Gespräche stattzufinden schienen. War es in anderen Familien genauso?, fragte er sich. Für einen kurzen Moment verspürte er eine heftige Sehnsucht nach der Küche seiner Eltern in Cheshire, wo in seiner Familie alles von Bedeutung diskutiert worden war. Und wo er und Juliet sich als Kinder stets sicher und geborgen gefühlt hatten.
    Aber heute fühlte er sich nicht einmal hier sicher. Er schob seinen Teller weg und griff nach den Papieren, und diesmal hinderte Gemma ihn nicht daran.
    Sie beobachtete ihn, während er las, und als er aufblickte, war ihre Miene ernst. »Er war es, nicht wahr?«
    Kincaid nickte. »Ich glaube, ja.«
    »Er hat sich von Mal zu Mal gesteigert, oder? Hat sich Frauen in immer höheren Positionen als Opfer ausgesucht, ist immer gewalttätiger geworden. Mit Rebecca Meredith ist er ein großes Risiko eingegangen, und er ist damit durchgekommen. Das muss ihm das Gefühl gegeben haben, unbesiegbar zu sein.« Sie streckte die Hand aus und tippte auf den Papierstapel. »Glaubst du, dass diese Frau – Jenny Hart – glaubst du, dass sie ihm gesagt hat, sie würde sich nicht dazu erpressen lassen, den Mund zu halten?«
    Er griff wieder nach den Papieren und sah sich die Tatortfotos an. Der Couchtisch in Jenny Harts Wohnzimmer war umgekippt, der Boden mit Glasscherben übersät, Zeitschriften und Zeitungen lagen umher. »Nicht nur das«, sagte er. »Sie hat sich gewehrt, und zwar heftig. Die anderen Frauen – haben die von Verletzungen gesprochen? Haben sie angegeben, dass sie geschlagen oder gewürgt wurden?«
    »Geschlagen, ja«, antwortete Gemma. »Ein Opfer hatte einen Jochbeinbruch. Und die Fotos in Rebecca Meredith’ Akte zeigen Prellungen im Hals- und Schulterbereich.«
    Kincaid dachte an Angus Craigs kräftige Arme und Schultern. Wenn er eine Frau vergewaltigte, setzte Craig das Überraschungsmoment, körperliche Kraft und Einschüchterung ein, wahrscheinlich in dieser Reihenfolge. Aber bei Jenny Hart hatte er sich den

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