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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Leichenschauhauses hinaustrat, kam ihm die frische Luft vergleichsweise warm vor. Ross Abbott erwartete ihn schon. Er hatte den Motor seines nagelneuen weißen BMW laufen lassen, wie um der ganzen Welt zu demonstrieren, dass er sich keine Gedanken um die Benzinpreise machen musste. Becca hätte sich wahnsinnig darüber aufgeregt, aber Freddie war das protzige Gehabe seines Freundes im Moment ziemlich egal. Dankbar ließ er sich in den weichen Ledersitz sinken.
    »Alles in Ordnung, Mann?«, fragte Ross.
    Freddie brachte ein Nicken zustande. Ross Abbott hatte ihn gleich nach dem Mittagessen in seiner Wohnung im Malthouse abgeholt und war mit ihm zum Leichenschauhaus in Reading gefahren. Freddie hatte ihn gebeten, draußen zu warten – er wollte keine Zeugen, falls er zusammenbrechen sollte –, doch letzten Endes hatte er sich merkwürdig unbeteiligt gefühlt, als ob es ein anderer wäre, dem all dies widerfuhr.
    »Wo willst du jetzt hin?«, fragte Ross und holte ihn damit jäh in die Gegenwart zurück.
    »Etwas trinken gehen.«
    »In Henley? Im Magoos?«
    »Nein, fürs Magoos ist es noch zu früh. Die machen erst um vier auf.« Außerdem fand Freddie den Gedanken an die ausgelassene Atmosphäre in der Bar in der Hart Street unerträglich. Er kannte zu viele der Leute, die dort regelmäßig nach der Arbeit hereinschneiten, und das Letzte, was er in diesem Moment gebrauchen konnte, waren neugierige Fragen oder Beileidsbekundungen.
    »Hotel du Vin?«, schlug Ross vor. »Da hast du’s dann nicht allzu weit bis nach Hause«, fügte er hinzu – sein Versuch, die Situation durch Humor aufzulockern.
    »Ja, okay.« Das Hotel du Vin war direkt gegenüber von Freddies Wohnung und gehörte wie das Malthouse zum Komplex der alten Brakspear-Brauerei. Die Hotelbar war recht ruhig, und wenngleich am späteren Abend auch des Öfteren der eine oder andere Einheimische vorbeischaute, würde man um diese Zeit am Nachmittag allenfalls ein paar Geschäftsreisende antreffen.
    Während der Fahrt zurück nach Henley schilderte Ross ihm detailliert die vielen Extras seines Wagens. Das war vielleicht ein wenig unsensibel, aber wenigstens musste Freddie nicht reden, und dafür war er dankbar.
    In der Hotelbar war es so ruhig, wie Freddie gehofft hatte. Ein paar Männer in Poloshirts und Sportsakkos saßen auf den Ledersofas und konferierten über irgendwelchen Papieren, doch sie blickten nicht auf, als sie eintraten. Das Mädchen hinter dem Tresen war neu, was Freddie mit Erleichterung registrierte. Sie nahm ihre Bestellungen mit eher beiläufigem Interesse auf.
    »Einen Hendrick’s«, sagte Ross und schenkte ihr das Lächeln, das Freddie noch von Oxford her kannte – da hatte Ross es bei jedem Mädchen ausprobiert. »Doppelt. On the rocks, mit einer Gurkenscheibe.«
    Einen Moment lang war Freddie versucht, Ross daran zu erinnern, dass er noch fahren musste, doch dann fiel ihm wieder ein, dass es Zeiten gegeben hatte, als er selbst sich bedenkenlos nach einem doppelten Gin ans Steuer gesetzt hätte. Und es ging ihn auch nichts an. Er zuckte mit den Achseln. »Für mich auch.«
    Ross gab der Bedienung seine Kreditkarte, doch kurz darauf kam sie zurück und sagte mit gedämpfter Stimme: »Es tut mir leid, Sir, aber Ihre Karte wurde nicht akzeptiert.«
    »Verdammte Bank.« Ross brauste sofort auf und lief rot an – so kannte Freddie ihn noch von früher. »Diese Volltrottel sind doch zu blöd, um aus dem Bus zu gucken!«
    »Lass mich doch zahlen«, sagte Freddie, dem es für seinen Freund peinlich war. Er griff nach seiner Brieftasche. »Das ist doch das Mindeste, was ich –«
    »Nein, nein.« Ross hatte bereits eine andere Karte gezückt. »Kein Problem. Es ist nur diese eine Karte. Bei denen stürzen offenbar alle naselang die Computer ab oder was weiß ich.«
    Die zweite Karte schien in Ordnung zu sein, denn die Bedienung kam mit ihren Drinks zurück und servierte sie mit einem flüchtigen Lächeln.
    Ross hob sein Glas. »Also, cheers ist wohl nicht ganz so passend, was, alter Knabe?«
    »Dann eben salute «, erwiderte Freddie und tat es ihm gleich. Der erste Schluck Gin floss durch seine Kehle wie Feuer, und mit dem Geruch der Gurke kamen die Erinnerungen an Sommer-Regatten, an zu viele Gins und Cocktails, getrunken in irgendwelchen Partyzelten. Er sah Becca, ihr Gesicht gerötet und strahlend nach dem Sieg in einer Regatta, und Ross, wie er eine Flasche Champagner schüttelte, damit es ordentlich schäumte. Sein Kopf drehte sich.

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