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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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erhoben, was Craigs Verhalten ihr gegenüber betrifft. Ich bin sicher, dass sie nichts mit ihrem Tod zu tun haben, aber sollten sie an die Öffentlichkeit dringen, könnte es für die Met sehr unerfreulich werden.«
    »Unerfreulich?« Kincaid dachte an den Anblick von Rebecca Meredith’ Leiche. »Ich kann mir kaum etwas Unerfreulicheres vorstellen als den mutmaßlichen Mord an einer unserer leitenden Beamtinnen. Ich finde, Sie sollten mir lieber ganz genau sagen, was hier läuft, Denis. Was sind das für Anschuldigungen, von denen Sie sprechen?«
    Childs schob seinen Sessel zurück und sagte: »Mensch, Duncan, nun setzen Sie sich doch hin. Ich kriege ja Kopfweh, wenn ich immer so zu Ihnen aufschauen muss.«
    Widerstrebend zog Kincaid den Besucherstuhl aus Stahl und Leder heran und setzte sich auf die Kante.
    Childs verzog die Lippen, als hätte er einen unangenehmen Geschmack im Mund. »Vor einem Jahr erzählte DCI Meredith Peter Gaskill, dass Angus Craig ihr nach irgendeiner Veranstaltung – ich glaube, es handelte sich um eine Abschiedsfeier – angeboten habe, sie nach Hause zu fahren. Er sagte, ihr Cottage liege auf seinem Weg, und als sie dort ankamen, bat er sie, kurz hereinkommen zu dürfen. Und dort … verging er sich dann an ihr.«
    Kincaid hatte noch nie erlebt, dass sein Chef ins Stocken gekommen war, weil er nicht die richtigen Worte fand. » Verging sich  – das ist Pressejargon. Was genau hat Rebecca Meredith gesagt?«
    »Sie sagte« – Childs schwenkte seinen Stuhl ein Stück herum, sodass er zum Fenster blickte und Kincaid nicht direkt ansehen musste – »sie sagte, er habe sie vergewaltigt. Und dann – so behauptete sie jedenfalls – sagte er ihr, falls sie ihn anzeigen sollte, würde sie ihren Job verlieren. Sie ließ eine DNS -Probe nehmen und ging dann zu Gaskill.«
    »Und was«, fragte Kincaid, »hat Superintendent Gaskill unternommen?«
    Childs schwenkte wieder zu ihm herum; seine Miene war gequält. »Peter Gaskill gab ihr die einzig vernünftige Antwort: Sollte sie ihre Anschuldigungen publik machen, sagte er, dann würde die ganze Affäre in einen verbalen Schlagabtausch abgleiten, in dem Aussage gegen Aussage stünde. Sie könnte nicht beweisen, dass der Sex nicht einvernehmlich war und sie es sich erst hinterher anders überlegt hatte. Es würde nur den Ruf der Met schädigen und ihre Karriere ruinieren. Kein männlicher Beamter würde mehr etwas mit ihrem Team zu tun haben wollen.
    Er versprach ihr, dass man Craig dazu auffordern würde, schnell und ohne Aufhebens in den Ruhestand zu wechseln, sodass keine weiteren Kolleginnen gefährdet würden, und dass die Met Craig einen Verweis erteilen würde.«
    Kincaid starrte ihn nur an. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    Der sonst so unerschütterliche Childs fixierte ihn durchdringend und erwiderte scharf: »Hätten Sie eine bessere Lösung parat gehabt, Duncan? Die Met hat in den letzten Jahren schon genug negative Publicity gehabt – das wissen Sie genau. Leitende Beamte haben gegen ihre Kollegen Anschuldigungen wegen Rassismus, sexueller Diskriminierung und Inkompetenz erhoben. Rebecca Meredith’ Geschichte hätte katastrophale Auswirkungen gehabt. Und sie hätte ihre Karriere ruiniert, ohne dass sie irgendetwas erreicht hätte.«
    Kincaid verschlug es fast den Atem. »Aber jetzt ist sie tot, da muss sich doch wohl niemand mehr Gedanken um ihre Karriere machen, oder? Und was ist mit anderen Polizeibeamtinnen? Oder anderen Frauen überhaupt?«
    »Sie gehen davon aus, dass Meredith’ Anschuldigungen der Wahrheit entsprachen. Das können wir aber nicht wissen. Craig hat natürlich alles abgestritten.«
    »Natürlich.« Kincaid stand auf, als könnte er durch die Bewegung seinen Zornesausbruch eindämmen. »Warum sollte Meredith so etwas erfinden? Das wäre doch beruflicher Selbstmord gewesen.
    Und im Übrigen ist Craig nicht sofort in den Ruhestand getreten – ich habe das heute Nachmittag recherchiert. Er hat erst vor zwei Wochen den Dienst quittiert. Und er wird immer noch in beratender Funktion geführt. Ach ja, und zufällig hat er auch noch eine Ehrung erhalten. Schöner Verweis, wirklich.
    Rebecca Meredith muss vor Wut außer sich gewesen sein, als sie davon erfuhr. Und sie muss sich von ihren Vorgesetzten furchtbar verraten gefühlt haben.«
    Eine tiefe Falte grub sich in Childs’ breite Stirn. Er rückte den Mont Blanc auf seiner ledernen Schreibunterlage gerade, ehe er Kincaid in die Augen sah. »Nun bleiben Sie mal

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