Die stillen Wasser des Todes - Roman
Knie und sah zu ihr auf, wobei sie ihre dunklen Schäferhundbrauen zu einem V verzog. Auch sie schien durch die Veränderung aus ihrer Alltagsroutine gebracht. Tavie streichelte das weiche Fell auf ihrem Kopf. »Das Boot – das unter der Plane –, du hast gesagt, du hättest es für sie gebaut. Meintest du Rebecca Meredith?«
»Ich wollte schon immer ein Skiff aus Holz bauen, seit ich als Junge mit dem Rudern angefangen habe«, sagte er schon etwas ruhiger. »Mein Vater war Möbelschreiner, deshalb verstehe ich etwas von Holz. Es war – Sie schien mir – Ich dachte, mein Boot könnte ihr zur Olympiateilnahme verhelfen.
Es war verrückt, ein albernes Hirngespinst.« Er schüttelte den Kopf. »Selbst wenn sie es gewollt hätte – kein olympisches Komitee hätte sie in einem Holzboot an den Start gehen lassen. Sie hätte sich das beste GFK -Rennruderboot aussuchen können, das für Geld zu haben ist.«
»Hätte sie es schaffen können?«, fragte Tavie. »Die Olympiateilnahme? War sie – war sie wirklich so gut?«
Kieran rieb sich das stopplige Kinn und blinzelte mehrmals. »Ich habe nie einen Menschen so rudern sehen. Für sie war es wie Atmen. Einfach perfekt. Aber zum Gewinnen braucht es mehr als diese Gabe. Es braucht Besessenheit, und die hatte sie auch.«
»Und du …« Tavie atmete tief durch. Sie wusste, dass sie sich auf verbotenes Gelände wagte, aber sie musste ihn fragen. »Wo war bei dieser Besessenheit noch Platz für dich?«
Kierans Lächeln war flüchtig und selbstironisch. »Ich … kam ihr gelegen.«
»Wie habt ihr – ich meine …« Tavie merkte, dass sie rot wurde. »Ich weiß, es geht mich nichts an, aber wie habt ihr beide euch eigentlich –«
Aber er schien beinahe erleichtert, darüber reden zu können. »Es war letzten Sommer. Ich habe sie immer rudern gesehen, wenn ich abends auf dem Fluss war. Und dann hatte sie eines Tages Probleme mit einem ihrer Ausleger. Ich habe angehalten, um ihr zu helfen. So sind wir ins Gespräch gekommen.«
Finn hatte seine Versuche aufgegeben, Tosh für eine Partie Tauziehen zu begeistern, und machte es sich zu Kierans Füßen bequem. Kieran legte die Hand auf Finns Kopf, ein Spiegelbild von Tavie und Tosh, und einen Moment lang fragte sie sich, ob sie beide ohne ihre Hunde überhaupt komplett wären. Wer war Kieran gewesen, wenn er mit Rebecca Meredith zusammen war, ohne Finn als Schutzschild?
Er fuhr fort, langsamer jetzt, da die Erinnerung ihn einholte. »Danach schienen wir irgendwie immer zur gleichen Zeit mit unseren Skiffs rauszufahren. Wir sind kleinere Strecken zusammen gerudert, aber ich konnte nicht ganz mit ihr mithalten, trotz meines Größenvorteils. Und wir haben geredet.
Dann, eines Abends, bin ich nicht rausgefahren. Ich hatte … einen schlechten Tag. Sie wusste, wo ich wohne – wir waren schon dutzende Male flussaufwärts an meinem Schuppen vorbeigerudert. Also ist sie gekommen, um zu sehen, ob es mir gut ging.«
Das Schweigen dehnte sich so lange aus, dass es peinlich wurde. »Und danach, da ging es dir gut«, sagte Tavie leichthin, obwohl es ihr die Kehle zusammenschnürte.
Kieran zuckte mit den Achseln und sah sie wieder mit diesem halb spöttischen Lächeln an. »Ich wusste immer, dass ich nur eine Ablenkung für sie war. Ich weiß nur nicht genau, wovon.«
»Gestern …« Tavie überlegte, wie sie es formulieren sollte, und fuhr dann stockend fort: »Gestern hast du gesagt, sie sei zu gut gewesen, als dass sie an einem so ruhigen Abend hätte verunglücken können. Und dann, heute Abend – der Bootsschuppen. Du sagst, es war ein Molotowcocktail. Warum? Warum sollte jemand dir das antun, es sei denn, es hat etwas zu tun mit …« Sie hatte plötzlich ein Problem mit dem Namen, obwohl sie noch gestern so unbekümmert den Hunden das Kommando gegeben hatte: Sucht Rebecca. Gestern war Rebecca Meredith für sie nicht mehr als das gewesen – ein Name. »Mit ihr«, beendete sie den Satz.
Seine Miene wurde so abweisend, als wäre ein Gitter heruntergelassen worden. »Ich weiß es nicht.«
»Kieran –«
Er sah sie an und schüttelte den Kopf, während er sich mühsam aufrichtete. »Ich sollte jetzt gehen, Tavie. Es ist nicht – Ich will nicht, dass – Wer immer heute Abend diese Flasche geworfen hat, könnte jederzeit wiederkommen.«
Zu früh gefreut, dachte Kincaid. Anstatt die Nacht mit Gemma im eigenen Bett verbringen zu dürfen, konnte er seine Tasche gleich wieder ins Auto werfen. Er fuhr direkt
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