Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
erlauben? Ihr zeigen, daß sie es war, die von Dienwald geliebt wurde? So gleichmütig, wie sie konnte, erwiderte sie: »Dienwald macht sich gar nichts aus mir, my Lady. Vielmehr seid Ihr es, die er verehrt und bewundert, nicht ich. Mich findet er unweiblich, plump und ungeschickt. Von Euch aber spricht er wie von einer... von einer Heiligen. Am liebsten möchte er vor Euch zu Boden fallen, zu Euren Füßen liegen und Euch anbeten.«
    »Bei Gott, das ist dumm und lächerlich«, sagte Kassia lachend. »Und es hört sich gar nicht nach Dienwald an.«
    »Er ist eben ein Mann«, sagte Philippa.
    »Ja«, sagte Kassia bedächtig, »das ist er zweifellos. Er ist genauso wie mein Lord. Ein Mann, der herrschen und immer das letzte Wort haben will. Wenn man ihm nicht zu Willen ist, wenn man gar wagt, ihn herauszufordern, fängt er an zu schreien und brüllt herum. Aber wenn jemand schwächer ist als er, dann achtet und beschützt er ihn mit seiner ganzen Kraft.«
    »Ich bin aber kaum schwächer als Dienwald.«
    »Nun, das möchte ich bezweifeln, Morgan.«
    »Und er achtet mich überhaupt nicht. Er weiß nicht, was er mit mir machen soll. Ich bin für ihn ein Dorn im Auge. Dennoch bin ich seine Verwalterin. Das soll aber keiner wissen. Dieser sture Dickkopf meint, wenn Euer Mann es erführe, würde er sich vor Lachen ausschütten.«
    »Seine Verwalterin? Bitte, das mußt du mir erzählen. Was ist denn aus Alain geworden?«
    Da öffneten sich bei Philippa alle Schleusen. Ihre Worte überstürzten sich. Dennoch verriet sie Kassia de Moreton nicht, wer sie in Wirklichkeit war oder wie sie nach St. Erth gelangt war. Dafür erzählte sie ihr von Alains Betrügereien. Wie er versucht hatte, sie umzubringen, und wie sie seitdem seinen Platz eingenommen hatte, aber nur weil Dienwald keine Person des einzig wahren Geschlechts zur Verfügung hatte, der diese Stelle ausfüllen konnte.
    Noch ehe Kassia antworten konnte, wurde die Tür aufgestoßen, und Dienwald stürmte herein. Er schrie beinahe: »Glaubt ihr kein Wort, das sie spricht!«
    Philippa sprang auf. »Morgan!« rief sie. »Wer zum Teufel ist diese Morgan?«
    Dienwald blieb stehen und runzelte die Stirn. »Das weiß ich doch nicht. Der Name kam mir gerade in den Sinn. Er gefällt mir eben. Er besitzt eine gewisse Würde.«
    »Wie heißt du denn wirklich?« fragte Kassia.
    »Sie heißt Mary«, sagte Dienwald schnell. »Ja, sie heißt Mary. Ein einfacher und hübscher Name.«
    »Das würde ich nicht behaupten«, sagte Graelam, der jetzt ebenfalls zur Tür hereinkam. »Ich kannte mal eine Mary, die so listig und ränkevoll war wie meine frühere Geliebte Nan. Du erinnerst dich, Kassia? Ach, du wunderst dich, warum ich hier bin, Süße? Nun, plötzlich ist Dienwald aus dem Saal ausgerissen. Er hatte wohl Angst, das Mädchen könnte dir gewisse Dinge ausplaudern. Da bin ich ihm einfach gefolgt.«
    »Diese Dirne hier, das ist Mary«, sagte Dienwald und bedachte Philippa mit einem Blick, als wollte er ihr die Zehen abschneiden, wenn sie es wagen sollte, ihm zu widersprechen.
    »Du siehst aber nicht wie eine Mary aus«, sagte Graelam und trat näher. Aus seinen dunklen Augen betrachtete er Philippa mit großem Interesse. Dann sagte er verwirrt und unsicher geworden: »Irgendwie kommst du mir bekannt vor. Deine Augen... ja, die kenne ich irgendwoher. Dieses strahlende Blau ist einzigartig. Ich wünschte, es fiele mir wieder ein ...«
    »Sie sieht überhaupt nicht bekannt aus«, sagte Dienwald. »Sie sieht aus ... na, wie sie eben aussieht. Sie sieht aus wie eine einfache Mary, und sie ist eine einfache Mary.«
    »Kassia«, sagte Graelam, »hast du Dienwalds Geheimnisse erfahren? Hat er meinen Wein aus Aquitanien gestohlen?«
    »Dienwald ist kein Dieb!« erregte sich Philippa. »Er raubt nur etwas, wenn es unbedingt notwendig ist und ...«
    »Phi... Mary, sei still! Du brauchst vor diesem Riesenungeheuer nicht meine Unschuld zu verteidigen. Ich habe dir deinen ekligen Wein nicht gestohlen, Graelam.«
    Kassia stand vorsichtig auf. »Das reicht. Ich schlage vor, wir nehmen das Essen hier oben ein, weil Mary ja außer einer Decke nichts zum Anziehen hat und so nicht in den Saal gehen kann. Was sagst du dazu, Dienwald?«
    Was sollte er dazu sagen?
    Das Abendessen in Dienwalds Schlafzimmer verlief angenehmer, als er erwartet hatte. Philippa hielt meistens den Mund, und auch Kassia sprach wenig. Die Männer unterhielten sich über Männerangelegenheiten. Manchmal hätte Philippa sich zwar gern

Weitere Kostenlose Bücher